Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.des Erbtheils zu verstehen, oder gar dazu, ihm auf der Stelle die Geldbörse und die Brieftasche zu überliefern, verwundete ich sein reizbares Ehrgefühl, und trotzig sagte er: "Nein!" Nun ließ ich schnell die Frage folgen, ob er den Willen gehabt habe, durch den Schlag mit dem Gewehr seinen Bruder zu tödten? Er verneinte sie ebenfalls mit dem Trotz des Unwillens und setzte hinzu: "Nach seiner Hand schlug ich, er sollte die Klinge nicht ziehen können, das begreift ja ein Kind." - "Dachten Sie nicht daran, daß das Gewehr losgehen und ihn tödten könnte?" "Nichts dacht' ich; das Gewehr hätt' eben so gut ein Geldrollen-Holz*) seyn können." *) Ein kurzer, hölzerner Cylinder, über welchem runde Gelddüten gewunden werden.
des Erbtheils zu verstehen, oder gar dazu, ihm auf der Stelle die Geldbörse und die Brieftasche zu überliefern, verwundete ich sein reizbares Ehrgefühl, und trotzig sagte er: „Nein!“ Nun ließ ich schnell die Frage folgen, ob er den Willen gehabt habe, durch den Schlag mit dem Gewehr seinen Bruder zu tödten? Er verneinte sie ebenfalls mit dem Trotz des Unwillens und setzte hinzu: „Nach seiner Hand schlug ich, er sollte die Klinge nicht ziehen können, das begreift ja ein Kind.“ – „Dachten Sie nicht daran, daß das Gewehr losgehen und ihn tödten könnte?“ „Nichts dacht’ ich; das Gewehr hätt’ eben so gut ein Geldrollen-Holz*) seyn können.“ *) Ein kurzer, hölzerner Cylinder, über welchem runde Gelddüten gewunden werden.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0146" n="126"/> des <hi rendition="#g">Erbtheils</hi> zu verstehen, oder gar <hi rendition="#g">dazu</hi>, ihm auf der Stelle die Geldbörse und die Brieftasche zu überliefern, verwundete ich sein reizbares Ehrgefühl, und trotzig sagte er: „Nein!“ Nun ließ ich schnell <hi rendition="#g">die</hi> Frage folgen, ob er den Willen gehabt habe, durch den Schlag mit dem Gewehr seinen Bruder zu tödten?</p> <p>Er verneinte sie ebenfalls mit dem Trotz des Unwillens und setzte hinzu: „Nach seiner <hi rendition="#g">Hand</hi> schlug ich, er sollte die Klinge nicht ziehen können, das begreift ja ein Kind.“ –</p> <p>„Dachten Sie nicht daran, daß das Gewehr losgehen und ihn tödten könnte?“</p> <p>„<hi rendition="#g">Nichts</hi> dacht’ ich; das Gewehr hätt’ eben so gut ein Geldrollen-Holz<note place="foot" n="*)">Ein kurzer, hölzerner Cylinder, über welchem runde Gelddüten gewunden werden.</note> seyn können.“</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0146]
des Erbtheils zu verstehen, oder gar dazu, ihm auf der Stelle die Geldbörse und die Brieftasche zu überliefern, verwundete ich sein reizbares Ehrgefühl, und trotzig sagte er: „Nein!“ Nun ließ ich schnell die Frage folgen, ob er den Willen gehabt habe, durch den Schlag mit dem Gewehr seinen Bruder zu tödten?
Er verneinte sie ebenfalls mit dem Trotz des Unwillens und setzte hinzu: „Nach seiner Hand schlug ich, er sollte die Klinge nicht ziehen können, das begreift ja ein Kind.“ –
„Dachten Sie nicht daran, daß das Gewehr losgehen und ihn tödten könnte?“
„Nichts dacht’ ich; das Gewehr hätt’ eben so gut ein Geldrollen-Holz *) seyn können.“
*) Ein kurzer, hölzerner Cylinder, über welchem runde Gelddüten gewunden werden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/146 |
Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/146>, abgerufen am 16.02.2025. |