Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829."Albus?" sagte er mit einem Anfluge von Hohnlächeln: "Kain müßt Ihr sagen!" Juliane stieß einen Schrei des Entsetzens aus, und auch mir würde dergleichen entschlüpft seyn, wenn mir diese Worte nicht wie etwas Bekanntes, schon Gehörtes, Theatralisches geklungen hätten. Die Gedanken an Ferdinands Leidenschaft für das Bühnenspiel, an seine Reizbarkeit bei dessen Eindrücken, an seine früheren Grübeleien über die Veranlassung von Heinrichs Unglück, flogen mir pfeilschnell durch den Kopf, und erzeugten die Vermuthung in mir, daß irgend eine Darstellung im Theater seine Einbildung, des Bruders Tod veranlaßt zu haben, neu belebt, und bis zu diesem Grade des Selbstvorwurfs gesteigert haben könnte. Ich gab Julianen einen Wink mit den Augen. Sie eilte aus dem Zimmer und drückte die offen gebliebene Thür zu. „Albus?“ sagte er mit einem Anfluge von Hohnlächeln: „Kain müßt Ihr sagen!“ Juliane stieß einen Schrei des Entsetzens aus, und auch mir würde dergleichen entschlüpft seyn, wenn mir diese Worte nicht wie etwas Bekanntes, schon Gehörtes, Theatralisches geklungen hätten. Die Gedanken an Ferdinands Leidenschaft für das Bühnenspiel, an seine Reizbarkeit bei dessen Eindrücken, an seine früheren Grübeleien über die Veranlassung von Heinrichs Unglück, flogen mir pfeilschnell durch den Kopf, und erzeugten die Vermuthung in mir, daß irgend eine Darstellung im Theater seine Einbildung, des Bruders Tod veranlaßt zu haben, neu belebt, und bis zu diesem Grade des Selbstvorwurfs gesteigert haben könnte. Ich gab Julianen einen Wink mit den Augen. Sie eilte aus dem Zimmer und drückte die offen gebliebene Thür zu. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0128" n="108"/> <p>„Albus?“ sagte er mit einem Anfluge von Hohnlächeln: „<hi rendition="#g">Kain</hi> müßt Ihr sagen!“</p> <p>Juliane stieß einen Schrei des Entsetzens aus, und auch mir würde dergleichen entschlüpft seyn, wenn mir diese Worte nicht wie etwas Bekanntes, schon Gehörtes, Theatralisches geklungen hätten. Die Gedanken an Ferdinands Leidenschaft für das Bühnenspiel, an seine Reizbarkeit bei dessen Eindrücken, an seine früheren Grübeleien über die Veranlassung von Heinrichs Unglück, flogen mir pfeilschnell durch den Kopf, und erzeugten die Vermuthung in mir, daß irgend eine Darstellung im Theater seine Einbildung, des Bruders Tod veranlaßt zu haben, neu belebt, und bis zu diesem Grade des Selbstvorwurfs gesteigert haben könnte. Ich gab Julianen einen Wink mit den Augen. Sie eilte aus dem Zimmer und drückte die offen gebliebene Thür zu.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0128]
„Albus?“ sagte er mit einem Anfluge von Hohnlächeln: „Kain müßt Ihr sagen!“
Juliane stieß einen Schrei des Entsetzens aus, und auch mir würde dergleichen entschlüpft seyn, wenn mir diese Worte nicht wie etwas Bekanntes, schon Gehörtes, Theatralisches geklungen hätten. Die Gedanken an Ferdinands Leidenschaft für das Bühnenspiel, an seine Reizbarkeit bei dessen Eindrücken, an seine früheren Grübeleien über die Veranlassung von Heinrichs Unglück, flogen mir pfeilschnell durch den Kopf, und erzeugten die Vermuthung in mir, daß irgend eine Darstellung im Theater seine Einbildung, des Bruders Tod veranlaßt zu haben, neu belebt, und bis zu diesem Grade des Selbstvorwurfs gesteigert haben könnte. Ich gab Julianen einen Wink mit den Augen. Sie eilte aus dem Zimmer und drückte die offen gebliebene Thür zu.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/128 |
Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/128>, abgerufen am 08.07.2024. |