Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.seyn sollten. Die Hochzeit war nur um drei Wochen später festgesetzt. Wie bezaubernd war Mariane in der Verklärung ihrer inneren Glückseligkeit! "Nun, mein lieber Vertrauter," flüsterte sie mir mit einem Händedruck in's Ohr: "nun ist Alles, wie ich es gern möchte; Sie haben das häßliche Gespinst rein weggekehrt aus seinem Gehirn." In der That schien Ferdinand ein ganz anderer Mensch zu seyn. Schon die Gewißheit und die Nähe des Zeitpunktes, der seine Wünsche krönen sollte, schien in ihm bewirkt zu haben, was er erst von dessen Gegenwart erwartet hatte: die Unterwerfung der Leidenschaft unter den Scepter der Vernunft, die "Aufrichtung seiner Seele," wie er es in jenem Gespräche genannt hatte. Der melancholische Zug, der sonst um seinen Mund zu spielen, und von der Stirn herab das Feuer seyn sollten. Die Hochzeit war nur um drei Wochen später festgesetzt. Wie bezaubernd war Mariane in der Verklärung ihrer inneren Glückseligkeit! „Nun, mein lieber Vertrauter,“ flüsterte sie mir mit einem Händedruck in’s Ohr: „nun ist Alles, wie ich es gern möchte; Sie haben das häßliche Gespinst rein weggekehrt aus seinem Gehirn.“ In der That schien Ferdinand ein ganz anderer Mensch zu seyn. Schon die Gewißheit und die Nähe des Zeitpunktes, der seine Wünsche krönen sollte, schien in ihm bewirkt zu haben, was er erst von dessen Gegenwart erwartet hatte: die Unterwerfung der Leidenschaft unter den Scepter der Vernunft, die „Aufrichtung seiner Seele,“ wie er es in jenem Gespräche genannt hatte. Der melancholische Zug, der sonst um seinen Mund zu spielen, und von der Stirn herab das Feuer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0123" n="103"/> seyn sollten. Die Hochzeit war nur um drei Wochen später festgesetzt. Wie bezaubernd war Mariane in der Verklärung ihrer inneren Glückseligkeit!</p> <p>„Nun, mein lieber <hi rendition="#g">Vertrauter</hi>,“ flüsterte sie mir mit einem Händedruck in’s Ohr: „nun ist <hi rendition="#g">Alles</hi>, wie ich es gern möchte; Sie haben das häßliche Gespinst rein weggekehrt aus seinem Gehirn.“</p> <p>In der That schien Ferdinand ein ganz anderer Mensch zu seyn. Schon die Gewißheit und die Nähe des Zeitpunktes, der seine Wünsche krönen sollte, schien in ihm bewirkt zu haben, was er erst von dessen Gegenwart erwartet hatte: die Unterwerfung der Leidenschaft unter den Scepter der Vernunft, die „Aufrichtung seiner Seele,“ wie er es in jenem Gespräche genannt hatte. Der melancholische Zug, der sonst um seinen Mund zu spielen, und von der Stirn herab das Feuer </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [103/0123]
seyn sollten. Die Hochzeit war nur um drei Wochen später festgesetzt. Wie bezaubernd war Mariane in der Verklärung ihrer inneren Glückseligkeit!
„Nun, mein lieber Vertrauter,“ flüsterte sie mir mit einem Händedruck in’s Ohr: „nun ist Alles, wie ich es gern möchte; Sie haben das häßliche Gespinst rein weggekehrt aus seinem Gehirn.“
In der That schien Ferdinand ein ganz anderer Mensch zu seyn. Schon die Gewißheit und die Nähe des Zeitpunktes, der seine Wünsche krönen sollte, schien in ihm bewirkt zu haben, was er erst von dessen Gegenwart erwartet hatte: die Unterwerfung der Leidenschaft unter den Scepter der Vernunft, die „Aufrichtung seiner Seele,“ wie er es in jenem Gespräche genannt hatte. Der melancholische Zug, der sonst um seinen Mund zu spielen, und von der Stirn herab das Feuer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/123 |
Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/123>, abgerufen am 16.02.2025. |