Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.Aber wenn in guter Stunde Plaudernd sie zum Burschen trit, Und als kluges Kind des Hauses Seitwärts nach dem Rechten sieht; Und verständig lobt den Einen, Daß der Andre merken mag, Wie er's besser treiben solle, Geht er ihrem Danke nach -- Keiner fühlt sich recht getroffen, Und doch schießt sie nimmer fehl, Jeder muß von Schonung sagen, Und doch hat sie keinen Hehl. Keiner wünscht, sie möchte gehen Steht sie auch als Herrin da, Und fast wie das Auge Gottes Ist ihr Bild uns immer nah. Und wo wer zum Fallen strauchelt,
Hält es ihn im Sinken schier, Und wo ich die Hände falte, Kniet es still zur Seite mir -- Aber wenn in guter Stunde Plaudernd ſie zum Burſchen trit, Und als kluges Kind des Hauſes Seitwaͤrts nach dem Rechten ſieht; Und verſtaͤndig lobt den Einen, Daß der Andre merken mag, Wie er's beſſer treiben ſolle, Geht er ihrem Danke nach — Keiner fuͤhlt ſich recht getroffen, Und doch ſchießt ſie nimmer fehl, Jeder muß von Schonung ſagen, Und doch hat ſie keinen Hehl. Keiner wuͤnſcht, ſie moͤchte gehen Steht ſie auch als Herrin da, Und faſt wie das Auge Gottes Iſt ihr Bild uns immer nah. Und wo wer zum Fallen ſtrauchelt,
Haͤlt es ihn im Sinken ſchier, Und wo ich die Haͤnde falte, Kniet es ſtill zur Seite mir — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb n="18" facs="#f0030"/> <lg n="5"> <l>Aber wenn in guter Stunde</l><lb/> <l>Plaudernd ſie zum Burſchen trit,</l><lb/> <l>Und als kluges Kind des Hauſes</l><lb/> <l>Seitwaͤrts nach dem Rechten ſieht;</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Und verſtaͤndig lobt den Einen,</l><lb/> <l>Daß der Andre merken mag,</l><lb/> <l>Wie er's beſſer treiben ſolle,</l><lb/> <l>Geht er ihrem Danke nach —</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Keiner fuͤhlt ſich recht getroffen,</l><lb/> <l>Und doch ſchießt ſie nimmer fehl,</l><lb/> <l>Jeder muß von Schonung ſagen,</l><lb/> <l>Und doch hat ſie keinen Hehl.</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>Keiner wuͤnſcht, ſie moͤchte gehen</l><lb/> <l>Steht ſie auch als Herrin da,</l><lb/> <l>Und faſt wie das Auge Gottes</l><lb/> <l>Iſt ihr Bild uns immer nah.</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>Und wo wer zum Fallen ſtrauchelt,</l><lb/> <l>Haͤlt es ihn im Sinken ſchier,</l><lb/> <l>Und wo ich die Haͤnde falte,</l><lb/> <l>Kniet es ſtill zur Seite mir —</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0030]
Aber wenn in guter Stunde
Plaudernd ſie zum Burſchen trit,
Und als kluges Kind des Hauſes
Seitwaͤrts nach dem Rechten ſieht;
Und verſtaͤndig lobt den Einen,
Daß der Andre merken mag,
Wie er's beſſer treiben ſolle,
Geht er ihrem Danke nach —
Keiner fuͤhlt ſich recht getroffen,
Und doch ſchießt ſie nimmer fehl,
Jeder muß von Schonung ſagen,
Und doch hat ſie keinen Hehl.
Keiner wuͤnſcht, ſie moͤchte gehen
Steht ſie auch als Herrin da,
Und faſt wie das Auge Gottes
Iſt ihr Bild uns immer nah.
Und wo wer zum Fallen ſtrauchelt,
Haͤlt es ihn im Sinken ſchier,
Und wo ich die Haͤnde falte,
Kniet es ſtill zur Seite mir —
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Zitationshilfe: | Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/30>, abgerufen am 02.03.2025. |