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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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ohne weitere Zuthat des Herzens oder des Ge-
müthes, schon fortlaufe, wenn man nur für die
gehörige bewegende Kraft sorge, deren, wie des
Feuers, des Wassers, der Gewichte jede andre
Moschine, so auch der Staat zu seiner Reali-
sation bedürfe. Die Ursache ist, daß man sich
unter den Rädern der Maschine immer nur die
Sachen denkt, die man dem Staat übergeben
und von dem Staat assecuriren lassen will, Be-
sitzthümer, Geld; daß nur Wenige sich selbst
und ihr ganzes Daseyn hergeben wollen, damit
es thätig, unaufhörlich und mit wahrer Aufopfe-
rung eingreife. --

Langweilig und pedantisch findet man, gegen
die bunten, schlaffen Conversationen des vielwis-
senden, kunstliebenden Continents, die Privat-Un-
terhaltungen der Britten, die unermüdet immer
wieder auf die Sache des Vaterlandes zurückka-
men. Das ist die gesetzerzeugende Hingebung an
das Ganze und an das ewige Interesse des Staa-
tes, welche diese glückliche Insel durch die furcht-
barsten Krisen dieses Jahrhunderts glücklich hin-
durch geführt hat, deren kleinste schon hinreichen
würde, einen Continental-Staat über den Hau-
fen zu werfen. Das erhebt England zum ersten
aller christlichen Staaten; denn die Gegen-
seitigkeit, die ewige Wechselwirkung zwischen der

ohne weitere Zuthat des Herzens oder des Ge-
muͤthes, ſchon fortlaufe, wenn man nur fuͤr die
gehörige bewegende Kraft ſorge, deren, wie des
Feuers, des Waſſers, der Gewichte jede andre
Moſchine, ſo auch der Staat zu ſeiner Reali-
ſation beduͤrfe. Die Urſache iſt, daß man ſich
unter den Raͤdern der Maſchine immer nur die
Sachen denkt, die man dem Staat uͤbergeben
und von dem Staat aſſecuriren laſſen will, Be-
ſitzthuͤmer, Geld; daß nur Wenige ſich ſelbſt
und ihr ganzes Daſeyn hergeben wollen, damit
es thaͤtig, unaufhoͤrlich und mit wahrer Aufopfe-
rung eingreife. —

Langweilig und pedantiſch findet man, gegen
die bunten, ſchlaffen Converſationen des vielwiſ-
ſenden, kunſtliebenden Continents, die Privat-Un-
terhaltungen der Britten, die unermuͤdet immer
wieder auf die Sache des Vaterlandes zuruͤckka-
men. Das iſt die geſetzerzeugende Hingebung an
das Ganze und an das ewige Intereſſe des Staa-
tes, welche dieſe gluͤckliche Inſel durch die furcht-
barſten Kriſen dieſes Jahrhunderts gluͤcklich hin-
durch gefuͤhrt hat, deren kleinſte ſchon hinreichen
wuͤrde, einen Continental-Staat uͤber den Hau-
fen zu werfen. Das erhebt England zum erſten
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[87/0095] ohne weitere Zuthat des Herzens oder des Ge- muͤthes, ſchon fortlaufe, wenn man nur fuͤr die gehörige bewegende Kraft ſorge, deren, wie des Feuers, des Waſſers, der Gewichte jede andre Moſchine, ſo auch der Staat zu ſeiner Reali- ſation beduͤrfe. Die Urſache iſt, daß man ſich unter den Raͤdern der Maſchine immer nur die Sachen denkt, die man dem Staat uͤbergeben und von dem Staat aſſecuriren laſſen will, Be- ſitzthuͤmer, Geld; daß nur Wenige ſich ſelbſt und ihr ganzes Daſeyn hergeben wollen, damit es thaͤtig, unaufhoͤrlich und mit wahrer Aufopfe- rung eingreife. — Langweilig und pedantiſch findet man, gegen die bunten, ſchlaffen Converſationen des vielwiſ- ſenden, kunſtliebenden Continents, die Privat-Un- terhaltungen der Britten, die unermuͤdet immer wieder auf die Sache des Vaterlandes zuruͤckka- men. Das iſt die geſetzerzeugende Hingebung an das Ganze und an das ewige Intereſſe des Staa- tes, welche dieſe gluͤckliche Inſel durch die furcht- barſten Kriſen dieſes Jahrhunderts gluͤcklich hin- durch gefuͤhrt hat, deren kleinſte ſchon hinreichen wuͤrde, einen Continental-Staat uͤber den Hau- fen zu werfen. Das erhebt England zum erſten aller chriſtlichen Staaten; denn die Gegen- ſeitigkeit, die ewige Wechſelwirkung zwiſchen der

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/95>, abgerufen am 23.11.2024.