Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Person ähnlich ist, außer etwa in mercantili-
schen Anstalten, Assecuranzen, wo eine gewisse
bürgerliche Arithmetik, die man in den Rechen-
büchern unter der Aufschrift Societäts-Rechnung
findet, hinreicht, in jedem Augenblick die in ein-
ander corporirten Partheien aus einander zu set-
zen. --

Das strenge Privat-Eigenthum zerstört das
Gefühl der Gemeinschaft. Jeder Einzelne will
lieber mit einer arithmetischen Portion abgefun-
den werden und Andre abfinden, als der geistige
Theilnehmer eines ewigen Besitzstückes seyn. Dies
Geschlecht mag sich gern in allen Stücken, wo
möglich, aus einander setzen und sich gegenseitig
abfinden; es ist das höchste Ziel seiner ökonomi-
schen Politik, sich auf dieselbe Weise, Jahr aus,
Jahr ein, mit dem Suverän-Privatmann durch
eine, so viel wie möglich arithmetisch-gleichver-
theilte, Zahlung abzufinden. Wie Wenige hätten
etwas dagegen einzuwenden, wenn die große po-
litische Gemeinheit selbst, das Staatsvermögen
und Capital, wirklich Ein- für allemal in gleichen
Portionen ausgetheilt, und so der Staat selbst
aus einander gesetzt werden könnte! Alle die gesetz-
lichen Hindernisse nun, welche sich jenem stren-
gen Fixiren des Privat-Eigenthums, jenem Stre-
ben das reine Einkommen zum alleinigen Lebens-

Perſon aͤhnlich iſt, außer etwa in mercantili-
ſchen Anſtalten, Aſſecuranzen, wo eine gewiſſe
buͤrgerliche Arithmetik, die man in den Rechen-
buͤchern unter der Aufſchrift Societaͤts-Rechnung
findet, hinreicht, in jedem Augenblick die in ein-
ander corporirten Partheien aus einander zu ſet-
zen. —

Das ſtrenge Privat-Eigenthum zerſtoͤrt das
Gefuͤhl der Gemeinſchaft. Jeder Einzelne will
lieber mit einer arithmetiſchen Portion abgefun-
den werden und Andre abfinden, als der geiſtige
Theilnehmer eines ewigen Beſitzſtuͤckes ſeyn. Dies
Geſchlecht mag ſich gern in allen Stuͤcken, wo
moͤglich, aus einander ſetzen und ſich gegenſeitig
abfinden; es iſt das hoͤchſte Ziel ſeiner oͤkonomi-
ſchen Politik, ſich auf dieſelbe Weiſe, Jahr aus,
Jahr ein, mit dem Suveraͤn-Privatmann durch
eine, ſo viel wie moͤglich arithmetiſch-gleichver-
theilte, Zahlung abzufinden. Wie Wenige haͤtten
etwas dagegen einzuwenden, wenn die große po-
litiſche Gemeinheit ſelbſt, das Staatsvermoͤgen
und Capital, wirklich Ein- fuͤr allemal in gleichen
Portionen ausgetheilt, und ſo der Staat ſelbſt
aus einander geſetzt werden koͤnnte! Alle die geſetz-
lichen Hinderniſſe nun, welche ſich jenem ſtren-
gen Fixiren des Privat-Eigenthums, jenem Stre-
ben das reine Einkommen zum alleinigen Lebens-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0085" n="77"/>
Per&#x017F;on a&#x0364;hnlich i&#x017F;t, außer etwa in mercantili-<lb/>
&#x017F;chen An&#x017F;talten, A&#x017F;&#x017F;ecuranzen, wo eine gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
bu&#x0364;rgerliche Arithmetik, die man in den Rechen-<lb/>
bu&#x0364;chern unter der Auf&#x017F;chrift Societa&#x0364;ts-Rechnung<lb/>
findet, hinreicht, in jedem Augenblick die in ein-<lb/>
ander corporirten Partheien aus einander zu &#x017F;et-<lb/>
zen. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Das &#x017F;trenge Privat-Eigenthum zer&#x017F;to&#x0364;rt das<lb/>
Gefu&#x0364;hl der Gemein&#x017F;chaft. Jeder Einzelne will<lb/>
lieber mit einer arithmeti&#x017F;chen Portion abgefun-<lb/>
den werden und Andre abfinden, als der gei&#x017F;tige<lb/>
Theilnehmer eines ewigen Be&#x017F;itz&#x017F;tu&#x0364;ckes &#x017F;eyn. Dies<lb/>
Ge&#x017F;chlecht mag &#x017F;ich gern in allen Stu&#x0364;cken, wo<lb/>
mo&#x0364;glich, aus einander &#x017F;etzen und &#x017F;ich gegen&#x017F;eitig<lb/>
abfinden; es i&#x017F;t das ho&#x0364;ch&#x017F;te Ziel &#x017F;einer o&#x0364;konomi-<lb/>
&#x017F;chen Politik, &#x017F;ich auf die&#x017F;elbe Wei&#x017F;e, Jahr aus,<lb/>
Jahr ein, mit dem Suvera&#x0364;n-Privatmann durch<lb/>
eine, &#x017F;o viel wie mo&#x0364;glich arithmeti&#x017F;ch-gleichver-<lb/>
theilte, Zahlung abzufinden. Wie Wenige ha&#x0364;tten<lb/>
etwas dagegen einzuwenden, wenn die große po-<lb/>
liti&#x017F;che Gemeinheit &#x017F;elb&#x017F;t, das Staatsvermo&#x0364;gen<lb/>
und Capital, wirklich Ein- fu&#x0364;r allemal in gleichen<lb/>
Portionen ausgetheilt, und &#x017F;o der Staat &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
aus einander ge&#x017F;etzt werden ko&#x0364;nnte! Alle die ge&#x017F;etz-<lb/>
lichen Hinderni&#x017F;&#x017F;e nun, welche &#x017F;ich jenem &#x017F;tren-<lb/>
gen Fixiren des Privat-Eigenthums, jenem Stre-<lb/>
ben das reine Einkommen zum alleinigen Lebens-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0085] Perſon aͤhnlich iſt, außer etwa in mercantili- ſchen Anſtalten, Aſſecuranzen, wo eine gewiſſe buͤrgerliche Arithmetik, die man in den Rechen- buͤchern unter der Aufſchrift Societaͤts-Rechnung findet, hinreicht, in jedem Augenblick die in ein- ander corporirten Partheien aus einander zu ſet- zen. — Das ſtrenge Privat-Eigenthum zerſtoͤrt das Gefuͤhl der Gemeinſchaft. Jeder Einzelne will lieber mit einer arithmetiſchen Portion abgefun- den werden und Andre abfinden, als der geiſtige Theilnehmer eines ewigen Beſitzſtuͤckes ſeyn. Dies Geſchlecht mag ſich gern in allen Stuͤcken, wo moͤglich, aus einander ſetzen und ſich gegenſeitig abfinden; es iſt das hoͤchſte Ziel ſeiner oͤkonomi- ſchen Politik, ſich auf dieſelbe Weiſe, Jahr aus, Jahr ein, mit dem Suveraͤn-Privatmann durch eine, ſo viel wie moͤglich arithmetiſch-gleichver- theilte, Zahlung abzufinden. Wie Wenige haͤtten etwas dagegen einzuwenden, wenn die große po- litiſche Gemeinheit ſelbſt, das Staatsvermoͤgen und Capital, wirklich Ein- fuͤr allemal in gleichen Portionen ausgetheilt, und ſo der Staat ſelbſt aus einander geſetzt werden koͤnnte! Alle die geſetz- lichen Hinderniſſe nun, welche ſich jenem ſtren- gen Fixiren des Privat-Eigenthums, jenem Stre- ben das reine Einkommen zum alleinigen Lebens-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/85
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/85>, abgerufen am 27.11.2024.