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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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2) Alle die freien göttlichen Ideen, welche
das Griechische Leben erhoben, welche so man-
ches Heldengeschlecht, so viele großmüthige Tha-
ten, späterhin so unvergängliche Kunstwerke,
und, wenn auch keinen treuen, unerschütterlichen
Staatenbund, so doch ein reiches politisches Le-
ben erzeugt hatten, erstarrten in den gelehrten
Schulen von Alexandrien. Was im Griechischen
Alterthume die Idee als ihr natürliches Gefolge
mit sich gebracht hatte, Grazie, Lebensfülle und
Kraft, sollte nun in späteren Jahrhunderten
durch ein gelehrtes Handwerk ersetzt werden;
alles, was in diesem unglücklichen Bestreben zur
Welt kam, war Begriff und todte Nachahmung.
Was Alexander von der Freiheit der Griechen
übrig gelassen hatte, bezwang und tödtete seine
Pflanzstadt Alexandrien. Endlich

3) durfte auch die Idee der militärischen
Kraft und Freiheit, die Rom groß gemacht
hatte, einseitig in ihrer Schönheit, nicht bestehen.
Die Triumvirate, Cäsar und Octavianus Augu-
stus, machten der Römischen Freiheit ein Ende.

Alle diese Ideen waren an ein bestimmtes
Local gebunden: Mosaische Religion an Palästina;
Griechische Sitte an das vom Meere zerrissene
Land zwischen dem Jonischen und Aegäischen
Meere; Römische Freiheit an die Stadt der sie-

2) Alle die freien goͤttlichen Ideen, welche
das Griechiſche Leben erhoben, welche ſo man-
ches Heldengeſchlecht, ſo viele großmuͤthige Tha-
ten, ſpaͤterhin ſo unvergaͤngliche Kunſtwerke,
und, wenn auch keinen treuen, unerſchuͤtterlichen
Staatenbund, ſo doch ein reiches politiſches Le-
ben erzeugt hatten, erſtarrten in den gelehrten
Schulen von Alexandrien. Was im Griechiſchen
Alterthume die Idee als ihr natuͤrliches Gefolge
mit ſich gebracht hatte, Grazie, Lebensfuͤlle und
Kraft, ſollte nun in ſpaͤteren Jahrhunderten
durch ein gelehrtes Handwerk erſetzt werden;
alles, was in dieſem ungluͤcklichen Beſtreben zur
Welt kam, war Begriff und todte Nachahmung.
Was Alexander von der Freiheit der Griechen
uͤbrig gelaſſen hatte, bezwang und toͤdtete ſeine
Pflanzſtadt Alexandrien. Endlich

3) durfte auch die Idee der militaͤriſchen
Kraft und Freiheit, die Rom groß gemacht
hatte, einſeitig in ihrer Schoͤnheit, nicht beſtehen.
Die Triumvirate, Caͤſar und Octavianus Augu-
ſtus, machten der Roͤmiſchen Freiheit ein Ende.

Alle dieſe Ideen waren an ein beſtimmtes
Local gebunden: Moſaiſche Religion an Palaͤſtina;
Griechiſche Sitte an das vom Meere zerriſſene
Land zwiſchen dem Joniſchen und Aegaͤiſchen
Meere; Roͤmiſche Freiheit an die Stadt der ſie-

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[69/0077] 2) Alle die freien goͤttlichen Ideen, welche das Griechiſche Leben erhoben, welche ſo man- ches Heldengeſchlecht, ſo viele großmuͤthige Tha- ten, ſpaͤterhin ſo unvergaͤngliche Kunſtwerke, und, wenn auch keinen treuen, unerſchuͤtterlichen Staatenbund, ſo doch ein reiches politiſches Le- ben erzeugt hatten, erſtarrten in den gelehrten Schulen von Alexandrien. Was im Griechiſchen Alterthume die Idee als ihr natuͤrliches Gefolge mit ſich gebracht hatte, Grazie, Lebensfuͤlle und Kraft, ſollte nun in ſpaͤteren Jahrhunderten durch ein gelehrtes Handwerk erſetzt werden; alles, was in dieſem ungluͤcklichen Beſtreben zur Welt kam, war Begriff und todte Nachahmung. Was Alexander von der Freiheit der Griechen uͤbrig gelaſſen hatte, bezwang und toͤdtete ſeine Pflanzſtadt Alexandrien. Endlich 3) durfte auch die Idee der militaͤriſchen Kraft und Freiheit, die Rom groß gemacht hatte, einſeitig in ihrer Schoͤnheit, nicht beſtehen. Die Triumvirate, Caͤſar und Octavianus Augu- ſtus, machten der Roͤmiſchen Freiheit ein Ende. Alle dieſe Ideen waren an ein beſtimmtes Local gebunden: Moſaiſche Religion an Palaͤſtina; Griechiſche Sitte an das vom Meere zerriſſene Land zwiſchen dem Joniſchen und Aegaͤiſchen Meere; Roͤmiſche Freiheit an die Stadt der ſie-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/77>, abgerufen am 27.11.2024.