Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Eigenthum dabei geschont werden. Und mit
Recht --; die Privatleute seines Reiches wollen
es nicht anders. Ich frage Sie: Ist in dieser
Schuldenmacherei irgend etwas Nationales? Und
doch vermessen sich die kleinen politischen Tages-
schriftsteller unsrer Zeit, dieses elende Handwerk
"Kunst des National-Credits" zu nennen. In-
deß wiederhole ich: es ist die erste Stufe der
Regeneration.

Diese schlechten Künste sind bald am Ende.
Während der Zeit hat der Krieg schon manches,
im Römischen Frieden Erstarrte, wieder belebt,
manches Privat-Eigenthum aufgelockert und man-
che Privat-Seele davon überzeugt, daß sie denn
doch nicht so isolirt bestehen könne, wie sie es
sich im Frieden gedacht hatte. Je mehr der
Krieg fortbrennt, um so mehr erwacht, was
von Nationalität noch vorhanden ist: die ewigen
Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens treten,
durch die Bewegung geweckt, allmählich wieder
hervor; und, wenn sie nur mächtig genug sind,
den Staat zu erhalten, wie geschwächt er auch
seyn möge, so hat sich dem Staate nun die größte
Ressource eröffnet, die er überhaupt nur begeh-
ren kann: die starren Grenzen zwischen der Na-
tion und der Regierung, welche den Staat jedem
dritten auswärtigen Feinde Preis geben, weil

Eigenthum dabei geſchont werden. Und mit
Recht —; die Privatleute ſeines Reiches wollen
es nicht anders. Ich frage Sie: Iſt in dieſer
Schuldenmacherei irgend etwas Nationales? Und
doch vermeſſen ſich die kleinen politiſchen Tages-
ſchriftſteller unſrer Zeit, dieſes elende Handwerk
„Kunſt des National-Credits” zu nennen. In-
deß wiederhole ich: es iſt die erſte Stufe der
Regeneration.

Dieſe ſchlechten Kuͤnſte ſind bald am Ende.
Waͤhrend der Zeit hat der Krieg ſchon manches,
im Roͤmiſchen Frieden Erſtarrte, wieder belebt,
manches Privat-Eigenthum aufgelockert und man-
che Privat-Seele davon uͤberzeugt, daß ſie denn
doch nicht ſo iſolirt beſtehen koͤnne, wie ſie es
ſich im Frieden gedacht hatte. Je mehr der
Krieg fortbrennt, um ſo mehr erwacht, was
von Nationalitaͤt noch vorhanden iſt: die ewigen
Bedingungen des geſellſchaftlichen Lebens treten,
durch die Bewegung geweckt, allmaͤhlich wieder
hervor; und, wenn ſie nur maͤchtig genug ſind,
den Staat zu erhalten, wie geſchwaͤcht er auch
ſeyn moͤge, ſo hat ſich dem Staate nun die groͤßte
Reſſource eroͤffnet, die er uͤberhaupt nur begeh-
ren kann: die ſtarren Grenzen zwiſchen der Na-
tion und der Regierung, welche den Staat jedem
dritten auswaͤrtigen Feinde Preis geben, weil

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0368" n="360"/>
Eigenthum dabei ge&#x017F;chont werden. Und mit<lb/>
Recht &#x2014;; die Privatleute &#x017F;eines Reiches wollen<lb/>
es nicht anders. Ich frage Sie: I&#x017F;t in die&#x017F;er<lb/>
Schuldenmacherei irgend etwas Nationales? Und<lb/>
doch verme&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die kleinen politi&#x017F;chen Tages-<lb/>
&#x017F;chrift&#x017F;teller un&#x017F;rer Zeit, die&#x017F;es elende Handwerk<lb/>
&#x201E;Kun&#x017F;t des National-Credits&#x201D; zu nennen. In-<lb/>
deß wiederhole ich: es i&#x017F;t die <hi rendition="#g">er&#x017F;te</hi> Stufe der<lb/>
Regeneration.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e &#x017F;chlechten Ku&#x0364;n&#x017F;te &#x017F;ind bald am Ende.<lb/>
Wa&#x0364;hrend der Zeit hat der Krieg &#x017F;chon manches,<lb/>
im Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Frieden Er&#x017F;tarrte, wieder belebt,<lb/>
manches Privat-Eigenthum aufgelockert und man-<lb/>
che Privat-Seele davon u&#x0364;berzeugt, daß &#x017F;ie denn<lb/>
doch nicht &#x017F;o i&#x017F;olirt be&#x017F;tehen ko&#x0364;nne, wie &#x017F;ie es<lb/>
&#x017F;ich im Frieden gedacht hatte. Je mehr der<lb/>
Krieg fortbrennt, um &#x017F;o mehr erwacht, was<lb/>
von Nationalita&#x0364;t noch vorhanden i&#x017F;t: die ewigen<lb/>
Bedingungen des ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen Lebens treten,<lb/>
durch die Bewegung geweckt, allma&#x0364;hlich wieder<lb/>
hervor; und, wenn &#x017F;ie nur ma&#x0364;chtig genug &#x017F;ind,<lb/>
den Staat zu erhalten, wie ge&#x017F;chwa&#x0364;cht er auch<lb/>
&#x017F;eyn mo&#x0364;ge, &#x017F;o hat &#x017F;ich dem Staate nun die gro&#x0364;ßte<lb/>
Re&#x017F;&#x017F;ource ero&#x0364;ffnet, die er u&#x0364;berhaupt nur begeh-<lb/>
ren kann: die &#x017F;tarren Grenzen zwi&#x017F;chen der Na-<lb/>
tion und der Regierung, welche den Staat jedem<lb/>
dritten auswa&#x0364;rtigen Feinde Preis geben, weil<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0368] Eigenthum dabei geſchont werden. Und mit Recht —; die Privatleute ſeines Reiches wollen es nicht anders. Ich frage Sie: Iſt in dieſer Schuldenmacherei irgend etwas Nationales? Und doch vermeſſen ſich die kleinen politiſchen Tages- ſchriftſteller unſrer Zeit, dieſes elende Handwerk „Kunſt des National-Credits” zu nennen. In- deß wiederhole ich: es iſt die erſte Stufe der Regeneration. Dieſe ſchlechten Kuͤnſte ſind bald am Ende. Waͤhrend der Zeit hat der Krieg ſchon manches, im Roͤmiſchen Frieden Erſtarrte, wieder belebt, manches Privat-Eigenthum aufgelockert und man- che Privat-Seele davon uͤberzeugt, daß ſie denn doch nicht ſo iſolirt beſtehen koͤnne, wie ſie es ſich im Frieden gedacht hatte. Je mehr der Krieg fortbrennt, um ſo mehr erwacht, was von Nationalitaͤt noch vorhanden iſt: die ewigen Bedingungen des geſellſchaftlichen Lebens treten, durch die Bewegung geweckt, allmaͤhlich wieder hervor; und, wenn ſie nur maͤchtig genug ſind, den Staat zu erhalten, wie geſchwaͤcht er auch ſeyn moͤge, ſo hat ſich dem Staate nun die groͤßte Reſſource eroͤffnet, die er uͤberhaupt nur begeh- ren kann: die ſtarren Grenzen zwiſchen der Na- tion und der Regierung, welche den Staat jedem dritten auswaͤrtigen Feinde Preis geben, weil

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/368
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/368>, abgerufen am 22.11.2024.