ren und Kenntnisse, geistige und physische Be- dürfnisse der Menschen in ungeheurer Proportion vermehrt, die Menschheit ausschließlich auf Acqui- sition, Erwerb und Besitz gerichtet, und darüber der alte National-Verband aufgelös't worden, den nun, mit größeren Mitteln und in reiche- ren Lebensverhältnissen, wieder zu knüpfen, die einzig erhabene Aufgabe aller Staatskunst ist.
Wie die einzelnen Regierungen mit ihren Münz-Systemen gekämpft, wie oft sie versucht haben, der Münze durch ihre Ernennung eine Richtung zu geben, und wie sie von dem immer mächtiger werdenden Markte stets überwältigt worden sind -- wird man inne, wenn man den Nominal-Verfall der Münzen betrachtet. In England ist dieser Verfall am wenigsten zu be- merken; das ursprüngliche Pfund Sterling war an Gehalt nur das Dreifache von dem jetzigen; aber in Deutschland war der ursprüngliche Floren das Sechsfache, in Frankreich der ursprüngliche livre das Vier und siebzig-fache von dem jetzigen livre. England überhaupt hat die oben erwähnte Krise der Europäischen Staaten am frühesten, und mit den geringsten Aufopferungen der alten National-Existenz, überstanden. Welcher andre Staat dürfte z. B. ein Silbergeld, das an Ab- getragenheit dem gegenwärtigen Brittischen gleich-
ren und Kenntniſſe, geiſtige und phyſiſche Be- duͤrfniſſe der Menſchen in ungeheurer Proportion vermehrt, die Menſchheit ausſchließlich auf Acqui- ſition, Erwerb und Beſitz gerichtet, und daruͤber der alte National-Verband aufgeloͤſ’t worden, den nun, mit groͤßeren Mitteln und in reiche- ren Lebensverhaͤltniſſen, wieder zu knuͤpfen, die einzig erhabene Aufgabe aller Staatskunſt iſt.
Wie die einzelnen Regierungen mit ihren Muͤnz-Syſtemen gekaͤmpft, wie oft ſie verſucht haben, der Muͤnze durch ihre Ernennung eine Richtung zu geben, und wie ſie von dem immer maͤchtiger werdenden Markte ſtets uͤberwaͤltigt worden ſind — wird man inne, wenn man den Nominal-Verfall der Muͤnzen betrachtet. In England iſt dieſer Verfall am wenigſten zu be- merken; das urſpruͤngliche Pfund Sterling war an Gehalt nur das Dreifache von dem jetzigen; aber in Deutſchland war der urſpruͤngliche Floren das Sechsfache, in Frankreich der urſpruͤngliche livre das Vier und ſiebzig-fache von dem jetzigen livre. England uͤberhaupt hat die oben erwaͤhnte Kriſe der Europaͤiſchen Staaten am fruͤheſten, und mit den geringſten Aufopferungen der alten National-Exiſtenz, uͤberſtanden. Welcher andre Staat duͤrfte z. B. ein Silbergeld, das an Ab- getragenheit dem gegenwaͤrtigen Brittiſchen gleich-
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duͤrfniſſe der Menſchen in ungeheurer Proportion
vermehrt, die Menſchheit ausſchließlich auf Acqui-
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der alte National-Verband aufgeloͤſ’t worden,
den nun, mit groͤßeren Mitteln und in reiche-
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einzig erhabene Aufgabe aller Staatskunſt iſt.
Wie die einzelnen Regierungen mit ihren
Muͤnz-Syſtemen gekaͤmpft, wie oft ſie verſucht
haben, der Muͤnze durch ihre Ernennung eine
Richtung zu geben, und wie ſie von dem immer
maͤchtiger werdenden Markte ſtets uͤberwaͤltigt
worden ſind — wird man inne, wenn man den
Nominal-Verfall der Muͤnzen betrachtet. In
England iſt dieſer Verfall am wenigſten zu be-
merken; das urſpruͤngliche Pfund Sterling war
an Gehalt nur das Dreifache von dem jetzigen;
aber in Deutſchland war der urſpruͤngliche Floren
das Sechsfache, in Frankreich der urſpruͤngliche
livre das Vier und ſiebzig-fache von dem jetzigen
livre. England uͤberhaupt hat die oben erwaͤhnte
Kriſe der Europaͤiſchen Staaten am fruͤheſten,
und mit den geringſten Aufopferungen der alten
National-Exiſtenz, uͤberſtanden. Welcher andre
Staat duͤrfte z. B. ein Silbergeld, das an Ab-
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/337>, abgerufen am 24.11.2024.
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