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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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des Schleichhändlers in demselben Maße steigt,
wie die Einfuhr der Waare mit Schwierigkeiten
verknüpft ist. Kein Verbot, kein Strafgesetz,
wird etwas anderes bewirken, als den Reitz für
die Brittische oder Colonial-Waare erhöhen und
das mercantilische Uebergewicht einer Insel über
den Continent drückender und furchtbarer zu ma-
chen -- wie überhaupt alles Verbot den Men-
schen sündhafter, schwächer und abhängiger macht,
als er jemals war. Lehrt ihn ein höheres Gut
kennen; überwindet das unwürdige Bedürfniß,
durch ein würdiges; zeigt den Völkern lebendig
und persönlich, was sie groß macht; lehrt sie
stolz seyn und ihren Bund höher achten, als al-
len isolirten Besitz: so habt Ihr Großbrittanien,
wenn auch nicht überwunden, doch Euch ihm
gleichgestellt; Ihr habt den Handel in neue Ca-
näle geleitet, und alles gemeine Beiwesen des
Lebens wird nun wieder gehorsam folgen: in
dem Maße, wie es dann wieder ein Interesse
des Ganzen giebt, wird auch der Vortheil des
Einzelnen besser besorgt seyn.

Es ist nothwendig, daß der Zögling der
Staatswissenschaft in Zeiten, wie die jetzigen,
die Naturgesetze des Handels aus Comtoir-Ge-
sichtspunkten kennen lerne, nicht, um hernach
seine ganze Weisheit in ein gewisses Temporisi-

des Schleichhaͤndlers in demſelben Maße ſteigt,
wie die Einfuhr der Waare mit Schwierigkeiten
verknuͤpft iſt. Kein Verbot, kein Strafgeſetz,
wird etwas anderes bewirken, als den Reitz fuͤr
die Brittiſche oder Colonial-Waare erhoͤhen und
das mercantiliſche Uebergewicht einer Inſel uͤber
den Continent druͤckender und furchtbarer zu ma-
chen — wie uͤberhaupt alles Verbot den Men-
ſchen ſuͤndhafter, ſchwaͤcher und abhaͤngiger macht,
als er jemals war. Lehrt ihn ein hoͤheres Gut
kennen; uͤberwindet das unwuͤrdige Beduͤrfniß,
durch ein wuͤrdiges; zeigt den Voͤlkern lebendig
und perſoͤnlich, was ſie groß macht; lehrt ſie
ſtolz ſeyn und ihren Bund hoͤher achten, als al-
len iſolirten Beſitz: ſo habt Ihr Großbrittanien,
wenn auch nicht uͤberwunden, doch Euch ihm
gleichgeſtellt; Ihr habt den Handel in neue Ca-
naͤle geleitet, und alles gemeine Beiweſen des
Lebens wird nun wieder gehorſam folgen: in
dem Maße, wie es dann wieder ein Intereſſe
des Ganzen giebt, wird auch der Vortheil des
Einzelnen beſſer beſorgt ſeyn.

Es iſt nothwendig, daß der Zoͤgling der
Staatswiſſenſchaft in Zeiten, wie die jetzigen,
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[324/0332] des Schleichhaͤndlers in demſelben Maße ſteigt, wie die Einfuhr der Waare mit Schwierigkeiten verknuͤpft iſt. Kein Verbot, kein Strafgeſetz, wird etwas anderes bewirken, als den Reitz fuͤr die Brittiſche oder Colonial-Waare erhoͤhen und das mercantiliſche Uebergewicht einer Inſel uͤber den Continent druͤckender und furchtbarer zu ma- chen — wie uͤberhaupt alles Verbot den Men- ſchen ſuͤndhafter, ſchwaͤcher und abhaͤngiger macht, als er jemals war. Lehrt ihn ein hoͤheres Gut kennen; uͤberwindet das unwuͤrdige Beduͤrfniß, durch ein wuͤrdiges; zeigt den Voͤlkern lebendig und perſoͤnlich, was ſie groß macht; lehrt ſie ſtolz ſeyn und ihren Bund hoͤher achten, als al- len iſolirten Beſitz: ſo habt Ihr Großbrittanien, wenn auch nicht uͤberwunden, doch Euch ihm gleichgeſtellt; Ihr habt den Handel in neue Ca- naͤle geleitet, und alles gemeine Beiweſen des Lebens wird nun wieder gehorſam folgen: in dem Maße, wie es dann wieder ein Intereſſe des Ganzen giebt, wird auch der Vortheil des Einzelnen beſſer beſorgt ſeyn. Es iſt nothwendig, daß der Zoͤgling der Staatswiſſenſchaft in Zeiten, wie die jetzigen, die Naturgeſetze des Handels aus Comtoir-Ge- ſichtspunkten kennen lerne, nicht, um hernach ſeine ganze Weisheit in ein gewiſſes Temporiſi-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/332>, abgerufen am 24.11.2024.