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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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ten Vormundschaft der edlen Metalle emancipirt,
und eine neue höhere Staatswirthschaft erzeu-
gen helfen, bei welcher das Metallgeld nicht
weiter despotisch regiert, sondern dem Urquelle
alles politischen Lebens, der Idee des Rechtes
und der Idee des Geldes, wahrhaft unterwor-
fen erscheint. Man ward nun deutlich und wis-
senschaftlich inne, daß sich aus dem echten Com-
merz aller einzelnen Waaren, die edlen Metalle
mit eingeschlossen, eine wirklich independente Kraft
entwickle, und daß sich nun erst eigentliches, der
Kraft des Menschen unterworfenes, sich selbst
garantirendes Geld erzeuge.

Immer aber muß nicht übersehen werden,
daß, wenn auch unerkannt von der Wissenschaft,
dennoch dieses unsichtbare Geld in den christlichen,
auf Gegenseitigkeit gebaueten und darnach orga-
nisirten Staaten allezeit vorhanden gewesen ist,
wie sich aus dem, in allen modernen Europäischen
Staaten eingeführt gewesenen, Münzschatze er-
kennen läßt. Dieser Münzschatz also hat ein
doppeltes Element: 1) die Fabrikations-Kosten
(brassage), und 2) die Abgabe an den Landes-
herrn (monetagium oder seigneurage). Der
ganze Münzschatz kann wegfallen und sogar die
Fabrikations-Kosten der Münze von dem Staa-
te getragen werden, wie es im alten Rom und

ten Vormundſchaft der edlen Metalle emancipirt,
und eine neue hoͤhere Staatswirthſchaft erzeu-
gen helfen, bei welcher das Metallgeld nicht
weiter despotiſch regiert, ſondern dem Urquelle
alles politiſchen Lebens, der Idee des Rechtes
und der Idee des Geldes, wahrhaft unterwor-
fen erſcheint. Man ward nun deutlich und wiſ-
ſenſchaftlich inne, daß ſich aus dem echten Com-
merz aller einzelnen Waaren, die edlen Metalle
mit eingeſchloſſen, eine wirklich independente Kraft
entwickle, und daß ſich nun erſt eigentliches, der
Kraft des Menſchen unterworfenes, ſich ſelbſt
garantirendes Geld erzeuge.

Immer aber muß nicht uͤberſehen werden,
daß, wenn auch unerkannt von der Wiſſenſchaft,
dennoch dieſes unſichtbare Geld in den chriſtlichen,
auf Gegenſeitigkeit gebaueten und darnach orga-
niſirten Staaten allezeit vorhanden geweſen iſt,
wie ſich aus dem, in allen modernen Europaͤiſchen
Staaten eingefuͤhrt geweſenen, Muͤnzſchatze er-
kennen laͤßt. Dieſer Muͤnzſchatz alſo hat ein
doppeltes Element: 1) die Fabrikations-Koſten
(brassage), und 2) die Abgabe an den Landes-
herrn (monetagium oder seigneurage). Der
ganze Muͤnzſchatz kann wegfallen und ſogar die
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[315/0323] ten Vormundſchaft der edlen Metalle emancipirt, und eine neue hoͤhere Staatswirthſchaft erzeu- gen helfen, bei welcher das Metallgeld nicht weiter despotiſch regiert, ſondern dem Urquelle alles politiſchen Lebens, der Idee des Rechtes und der Idee des Geldes, wahrhaft unterwor- fen erſcheint. Man ward nun deutlich und wiſ- ſenſchaftlich inne, daß ſich aus dem echten Com- merz aller einzelnen Waaren, die edlen Metalle mit eingeſchloſſen, eine wirklich independente Kraft entwickle, und daß ſich nun erſt eigentliches, der Kraft des Menſchen unterworfenes, ſich ſelbſt garantirendes Geld erzeuge. Immer aber muß nicht uͤberſehen werden, daß, wenn auch unerkannt von der Wiſſenſchaft, dennoch dieſes unſichtbare Geld in den chriſtlichen, auf Gegenſeitigkeit gebaueten und darnach orga- niſirten Staaten allezeit vorhanden geweſen iſt, wie ſich aus dem, in allen modernen Europaͤiſchen Staaten eingefuͤhrt geweſenen, Muͤnzſchatze er- kennen laͤßt. Dieſer Muͤnzſchatz alſo hat ein doppeltes Element: 1) die Fabrikations-Koſten (brassage), und 2) die Abgabe an den Landes- herrn (monetagium oder seigneurage). Der ganze Muͤnzſchatz kann wegfallen und ſogar die Fabrikations-Koſten der Muͤnze von dem Staa- te getragen werden, wie es im alten Rom und

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/323>, abgerufen am 24.11.2024.