er zeigte, daß er nicht an Augenblick und Ort gebunden wäre, ausschließend gebunden, wie jene: das ganze, große, unsichtbare Halbtheil seiner Natur wurde durch jene suveräne Sache reprä- sentirt. Außer allen Sachen und über allen Sa- chen, die für das Begehren der Stunde und des Ortes bestimmt waren, besaß der Mensch um der unentbehrlichen Vergangenheit und Zukunft, um der abwesenden und entfernten Dinge und Personen willen, eine besondre Sache; und diese Sache verbürgte ihm die Dauer und die Erhal- tung aller übrigen Sachen.
Es ist auffallend, daß man bis jetzt dem Gelde einen eingebildeten, und allen übrigen Waaren einen wirklichen Werth zugeschrieben hat, und doch erklärlich, weil man dem Einen Bedürfnisse -- welches die Befriedigung aller übri- gen Bedürfnisse, und den wahren Werth der Ob- jecte dieser Bedürfnisse, allein möglich macht und bestimmt, und welche Eine conditio sine qua non durch das Geld repräsentirt wird, nehmlich dem Bedürfnisse nach der Gesellschaft oder dem Staate, dem allerwirklichsten Bedürfnisse des Menschen -- selbst nur einen eingebildeten Werth beigelegt hat. Das edle Metall hat anscheinend nur einen geringen unmittelbaren Werth: es scheint auf den ersten Blick, als ob sich dieser Gebrauchswerth
er zeigte, daß er nicht an Augenblick und Ort gebunden waͤre, ausſchließend gebunden, wie jene: das ganze, große, unſichtbare Halbtheil ſeiner Natur wurde durch jene ſuveraͤne Sache repraͤ- ſentirt. Außer allen Sachen und uͤber allen Sa- chen, die fuͤr das Begehren der Stunde und des Ortes beſtimmt waren, beſaß der Menſch um der unentbehrlichen Vergangenheit und Zukunft, um der abweſenden und entfernten Dinge und Perſonen willen, eine beſondre Sache; und dieſe Sache verbuͤrgte ihm die Dauer und die Erhal- tung aller uͤbrigen Sachen.
Es iſt auffallend, daß man bis jetzt dem Gelde einen eingebildeten, und allen uͤbrigen Waaren einen wirklichen Werth zugeſchrieben hat, und doch erklaͤrlich, weil man dem Einen Beduͤrfniſſe — welches die Befriedigung aller uͤbri- gen Beduͤrfniſſe, und den wahren Werth der Ob- jecte dieſer Beduͤrfniſſe, allein moͤglich macht und beſtimmt, und welche Eine conditio sine qua non durch das Geld repraͤſentirt wird, nehmlich dem Beduͤrfniſſe nach der Geſellſchaft oder dem Staate, dem allerwirklichſten Beduͤrfniſſe des Menſchen — ſelbſt nur einen eingebildeten Werth beigelegt hat. Das edle Metall hat anſcheinend nur einen geringen unmittelbaren Werth: es ſcheint auf den erſten Blick, als ob ſich dieſer Gebrauchswerth
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0278"n="270"/>
er zeigte, daß er nicht an Augenblick und Ort<lb/>
gebunden waͤre, ausſchließend gebunden, wie jene:<lb/>
das ganze, große, unſichtbare Halbtheil ſeiner<lb/>
Natur wurde durch jene ſuveraͤne Sache repraͤ-<lb/>ſentirt. Außer allen Sachen und uͤber allen Sa-<lb/>
chen, die fuͤr das Begehren der Stunde und des<lb/>
Ortes beſtimmt waren, beſaß der Menſch um<lb/>
der unentbehrlichen Vergangenheit und Zukunft,<lb/>
um der abweſenden und entfernten Dinge und<lb/>
Perſonen willen, eine beſondre Sache; und dieſe<lb/>
Sache verbuͤrgte ihm die Dauer und die Erhal-<lb/>
tung aller uͤbrigen Sachen.</p><lb/><p>Es iſt auffallend, daß man bis jetzt dem<lb/>
Gelde einen <hirendition="#g">eingebildeten</hi>, und allen uͤbrigen<lb/>
Waaren einen <hirendition="#g">wirklichen</hi> Werth zugeſchrieben<lb/>
hat, und doch erklaͤrlich, weil man dem Einen<lb/>
Beduͤrfniſſe — welches die Befriedigung aller uͤbri-<lb/>
gen Beduͤrfniſſe, und den wahren Werth der Ob-<lb/>
jecte dieſer Beduͤrfniſſe, allein moͤglich macht und<lb/>
beſtimmt, und welche Eine <hirendition="#aq">conditio sine qua non</hi><lb/>
durch das Geld repraͤſentirt wird, nehmlich dem<lb/>
Beduͤrfniſſe nach der Geſellſchaft oder dem Staate,<lb/>
dem allerwirklichſten Beduͤrfniſſe des Menſchen<lb/>—ſelbſt nur einen eingebildeten Werth beigelegt<lb/>
hat. Das edle Metall hat anſcheinend nur einen<lb/>
geringen unmittelbaren Werth: es ſcheint auf den<lb/>
erſten Blick, als ob ſich dieſer Gebrauchswerth<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[270/0278]
er zeigte, daß er nicht an Augenblick und Ort
gebunden waͤre, ausſchließend gebunden, wie jene:
das ganze, große, unſichtbare Halbtheil ſeiner
Natur wurde durch jene ſuveraͤne Sache repraͤ-
ſentirt. Außer allen Sachen und uͤber allen Sa-
chen, die fuͤr das Begehren der Stunde und des
Ortes beſtimmt waren, beſaß der Menſch um
der unentbehrlichen Vergangenheit und Zukunft,
um der abweſenden und entfernten Dinge und
Perſonen willen, eine beſondre Sache; und dieſe
Sache verbuͤrgte ihm die Dauer und die Erhal-
tung aller uͤbrigen Sachen.
Es iſt auffallend, daß man bis jetzt dem
Gelde einen eingebildeten, und allen uͤbrigen
Waaren einen wirklichen Werth zugeſchrieben
hat, und doch erklaͤrlich, weil man dem Einen
Beduͤrfniſſe — welches die Befriedigung aller uͤbri-
gen Beduͤrfniſſe, und den wahren Werth der Ob-
jecte dieſer Beduͤrfniſſe, allein moͤglich macht und
beſtimmt, und welche Eine conditio sine qua non
durch das Geld repraͤſentirt wird, nehmlich dem
Beduͤrfniſſe nach der Geſellſchaft oder dem Staate,
dem allerwirklichſten Beduͤrfniſſe des Menſchen
— ſelbſt nur einen eingebildeten Werth beigelegt
hat. Das edle Metall hat anſcheinend nur einen
geringen unmittelbaren Werth: es ſcheint auf den
erſten Blick, als ob ſich dieſer Gebrauchswerth
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/278>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.