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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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ker glauben), noch in dem Material allein, in
dem Volke, (wie die Theoristen, die Naturrechts-
lehrer und die Physiokraten voraussetzten, in-
dem sie das bloße Volk zum Staatszwecke mach-
ten).

Der Staat ist ein Drittes, welches aus der
Vermittelung zwischen dem Material, dem für
sein eigenes Interesse arbeitenden Volke, und zwi-
schen dem Handwerkszeuge, dem gesellschaftlichen
Bedürfnisse dieses Volkes, und dessen Repräsen-
tanten, den Gesetzen, der Polizei, den Beam-
ten, erst erzeugt werden soll. Jedes einzelne In-
dividuum im Staate will alle andern Individuen
von sich abhängig machen: dieses Streben ist
das rohe Material, welches dem Staats-
mann in die Hände gegeben wird; jedes einzelne
Individuum ist aber auch wieder von allen an-
dern abhängig durch sein Bedürfniß, durch sein
Begehren: diese friedliche Eigenschaft derselben
eigennützigen Indididuen, welche sich in den
Gesetzen und allen bestehenden Staats- und Ord-
nungs-Einrichtungen äußert, ist das wahre und
ewige Handwerkszeug des Staatsmannes.
So wenig in meiner obigen Darstellung der Hand-
werke die bloßen Hände das Product hervor-
bringen: eben so wenig erzeugen hier die bloßen
Gesetze, oder das bloße Metallgeld (welches

ker glauben), noch in dem Material allein, in
dem Volke, (wie die Theoriſten, die Naturrechts-
lehrer und die Phyſiokraten vorausſetzten, in-
dem ſie das bloße Volk zum Staatszwecke mach-
ten).

Der Staat iſt ein Drittes, welches aus der
Vermittelung zwiſchen dem Material, dem fuͤr
ſein eigenes Intereſſe arbeitenden Volke, und zwi-
ſchen dem Handwerkszeuge, dem geſellſchaftlichen
Beduͤrfniſſe dieſes Volkes, und deſſen Repraͤſen-
tanten, den Geſetzen, der Polizei, den Beam-
ten, erſt erzeugt werden ſoll. Jedes einzelne In-
dividuum im Staate will alle andern Individuen
von ſich abhaͤngig machen: dieſes Streben iſt
das rohe Material, welches dem Staats-
mann in die Haͤnde gegeben wird; jedes einzelne
Individuum iſt aber auch wieder von allen an-
dern abhaͤngig durch ſein Beduͤrfniß, durch ſein
Begehren: dieſe friedliche Eigenſchaft derſelben
eigennuͤtzigen Indididuen, welche ſich in den
Geſetzen und allen beſtehenden Staats- und Ord-
nungs-Einrichtungen aͤußert, iſt das wahre und
ewige Handwerkszeug des Staatsmannes.
So wenig in meiner obigen Darſtellung der Hand-
werke die bloßen Haͤnde das Product hervor-
bringen: eben ſo wenig erzeugen hier die bloßen
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[251/0259] ker glauben), noch in dem Material allein, in dem Volke, (wie die Theoriſten, die Naturrechts- lehrer und die Phyſiokraten vorausſetzten, in- dem ſie das bloße Volk zum Staatszwecke mach- ten). Der Staat iſt ein Drittes, welches aus der Vermittelung zwiſchen dem Material, dem fuͤr ſein eigenes Intereſſe arbeitenden Volke, und zwi- ſchen dem Handwerkszeuge, dem geſellſchaftlichen Beduͤrfniſſe dieſes Volkes, und deſſen Repraͤſen- tanten, den Geſetzen, der Polizei, den Beam- ten, erſt erzeugt werden ſoll. Jedes einzelne In- dividuum im Staate will alle andern Individuen von ſich abhaͤngig machen: dieſes Streben iſt das rohe Material, welches dem Staats- mann in die Haͤnde gegeben wird; jedes einzelne Individuum iſt aber auch wieder von allen an- dern abhaͤngig durch ſein Beduͤrfniß, durch ſein Begehren: dieſe friedliche Eigenſchaft derſelben eigennuͤtzigen Indididuen, welche ſich in den Geſetzen und allen beſtehenden Staats- und Ord- nungs-Einrichtungen aͤußert, iſt das wahre und ewige Handwerkszeug des Staatsmannes. So wenig in meiner obigen Darſtellung der Hand- werke die bloßen Haͤnde das Product hervor- bringen: eben ſo wenig erzeugen hier die bloßen Geſetze, oder das bloße Metallgeld (welches

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/259>, abgerufen am 24.11.2024.