unaufhörlich wenigstens persönlicher und lebendi- ger Anfrischung bedarf: -- dann melden sich, wer- den herbei gerufen, herbei gezwungen von dem dür- ren Zeitalter, heerführende Personen. So zwang Rom, als der Geist und das Leben der Verfassung entwichen war, seinen Cäsar, und Griechenland seinen Alexander herbei. Friedrich und die Nach- folger seines Verfahrens, nicht seines Thrones, empfingen ihre Rollen aus den Händen der Zeit: das Interregnum des Glaubens und der Natio- nalität muß, da sich der Mensch nun einmal, den Sachen zu Gefallen, nicht aller Persönlich- keit entäußern kann, erfüllt werden, wenigstens mit Gegenständen der Bewunderung und Anbe- tung, indessen die wahren Götter längst ent- flohen sind.
Aber nicht bloß um ihrer Institutionen, ihrer Staatseinrichtungen, nicht bloß um ihres Ein- flusses auf die Nachwelt oder um ihrer Verhält- nisse zu der Vorwelt willen, müssen Charaktere wie Friedrich studiert werden, sondern auch, wie ich mich zu zeigen bemühet habe, um das Zeit- alter und seine Gebrechen zu erkennen. -- --
Wenn übrigens irgend etwas den richtigen Sinn des jetztregierenden Königs von Preussen beweis't, so war es die innere Abneigung, die er vor der unbedingten Adoration seines Großoheims, dessen
unaufhoͤrlich wenigſtens perſoͤnlicher und lebendi- ger Anfriſchung bedarf: — dann melden ſich, wer- den herbei gerufen, herbei gezwungen von dem duͤr- ren Zeitalter, heerfuͤhrende Perſonen. So zwang Rom, als der Geiſt und das Leben der Verfaſſung entwichen war, ſeinen Caͤſar, und Griechenland ſeinen Alexander herbei. Friedrich und die Nach- folger ſeines Verfahrens, nicht ſeines Thrones, empfingen ihre Rollen aus den Haͤnden der Zeit: das Interregnum des Glaubens und der Natio- nalitaͤt muß, da ſich der Menſch nun einmal, den Sachen zu Gefallen, nicht aller Perſoͤnlich- keit entaͤußern kann, erfuͤllt werden, wenigſtens mit Gegenſtaͤnden der Bewunderung und Anbe- tung, indeſſen die wahren Goͤtter laͤngſt ent- flohen ſind.
Aber nicht bloß um ihrer Inſtitutionen, ihrer Staatseinrichtungen, nicht bloß um ihres Ein- fluſſes auf die Nachwelt oder um ihrer Verhaͤlt- niſſe zu der Vorwelt willen, muͤſſen Charaktere wie Friedrich ſtudiert werden, ſondern auch, wie ich mich zu zeigen bemuͤhet habe, um das Zeit- alter und ſeine Gebrechen zu erkennen. — —
Wenn uͤbrigens irgend etwas den richtigen Sinn des jetztregierenden Koͤnigs von Preuſſen beweiſ’t, ſo war es die innere Abneigung, die er vor der unbedingten Adoration ſeines Großoheims, deſſen
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unaufhoͤrlich wenigſtens perſoͤnlicher und lebendi-
ger Anfriſchung bedarf: — dann melden ſich, wer-
den herbei gerufen, herbei gezwungen von dem duͤr-
ren Zeitalter, heerfuͤhrende Perſonen. So zwang
Rom, als der Geiſt und das Leben der Verfaſſung
entwichen war, ſeinen Caͤſar, und Griechenland
ſeinen Alexander herbei. Friedrich und die Nach-
folger ſeines Verfahrens, nicht ſeines Thrones,
empfingen ihre Rollen aus den Haͤnden der Zeit:
das Interregnum des Glaubens und der Natio-
nalitaͤt muß, da ſich der Menſch nun einmal,
den Sachen zu Gefallen, nicht aller Perſoͤnlich-
keit entaͤußern kann, erfuͤllt werden, wenigſtens
mit Gegenſtaͤnden der Bewunderung und Anbe-
tung, indeſſen die wahren Goͤtter laͤngſt ent-
flohen ſind.
Aber nicht bloß um ihrer Inſtitutionen, ihrer
Staatseinrichtungen, nicht bloß um ihres Ein-
fluſſes auf die Nachwelt oder um ihrer Verhaͤlt-
niſſe zu der Vorwelt willen, muͤſſen Charaktere
wie Friedrich ſtudiert werden, ſondern auch, wie
ich mich zu zeigen bemuͤhet habe, um das Zeit-
alter und ſeine Gebrechen zu erkennen. — —
Wenn uͤbrigens irgend etwas den richtigen Sinn
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ſo war es die innere Abneigung, die er vor der
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/181>, abgerufen am 25.11.2024.
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