Könige steht, den ich oben genannt, und dessen Bild den ersten Theil dieser Vorlesungen beschließen soll, so wie mit den älteren und neueren Schick- salen seines Staates, müssen Sie selbst ermessen.
Sich selbst und seinem eigenen Streben über- lassen, war Friedrich der Zweite aufgewachsen: niemand stand ihm zur Seite, der stark genug gewesen wäre, mehr als die Oberfläche seines Geistes zu berühren. Die rohe Rechtlichkeit und Barbarei des väterlichen Hauses erzeugte in ihm, der schon früher Eindrücke einer feineren Franzö- sischen Bildung bekommen hatte, eine gründliche Opposition; und so war er, als er den Thron bestieg, vielmehr das Gegentheil seines Vaters, als irgend etwas anderes Bestimmtes, Eigen- thümliches. Eine leichte Schwärmerei für Poe- sie, für die Wissenschaften, für Freiheit und Toleranz, wie für alles, was der Zeitgeist durch den Mund Französischer Philosophen verkündi- gen lassen mochte, ist alles, was sich bei seiner Thronbesteigung zu erkennen giebt -- freilich ge- nug, um ihm eine Parthei in Europa zu bilden, da er das für sich hatte, daß er den übrigen Fürsten durchaus unähnlich war. Große Tha- ten mochte er wohl schon früher geträumt haben. Der Sänger seiner eignen Thaten, Gesetzgeber und zugleich der Philosoph über seine eigenen Gesetze,
Koͤnige ſteht, den ich oben genannt, und deſſen Bild den erſten Theil dieſer Vorleſungen beſchließen ſoll, ſo wie mit den aͤlteren und neueren Schick- ſalen ſeines Staates, muͤſſen Sie ſelbſt ermeſſen.
Sich ſelbſt und ſeinem eigenen Streben uͤber- laſſen, war Friedrich der Zweite aufgewachſen: niemand ſtand ihm zur Seite, der ſtark genug geweſen waͤre, mehr als die Oberflaͤche ſeines Geiſtes zu beruͤhren. Die rohe Rechtlichkeit und Barbarei des vaͤterlichen Hauſes erzeugte in ihm, der ſchon fruͤher Eindruͤcke einer feineren Franzoͤ- ſiſchen Bildung bekommen hatte, eine gruͤndliche Oppoſition; und ſo war er, als er den Thron beſtieg, vielmehr das Gegentheil ſeines Vaters, als irgend etwas anderes Beſtimmtes, Eigen- thuͤmliches. Eine leichte Schwaͤrmerei fuͤr Poe- ſie, fuͤr die Wiſſenſchaften, fuͤr Freiheit und Toleranz, wie fuͤr alles, was der Zeitgeiſt durch den Mund Franzoͤſiſcher Philoſophen verkuͤndi- gen laſſen mochte, iſt alles, was ſich bei ſeiner Thronbeſteigung zu erkennen giebt — freilich ge- nug, um ihm eine Parthei in Europa zu bilden, da er das fuͤr ſich hatte, daß er den uͤbrigen Fuͤrſten durchaus unaͤhnlich war. Große Tha- ten mochte er wohl ſchon fruͤher getraͤumt haben. Der Saͤnger ſeiner eignen Thaten, Geſetzgeber und zugleich der Philoſoph uͤber ſeine eigenen Geſetze,
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Koͤnige ſteht, den ich oben genannt, und deſſen Bild
den erſten Theil dieſer Vorleſungen beſchließen
ſoll, ſo wie mit den aͤlteren und neueren Schick-
ſalen ſeines Staates, muͤſſen Sie ſelbſt ermeſſen.
Sich ſelbſt und ſeinem eigenen Streben uͤber-
laſſen, war Friedrich der Zweite aufgewachſen:
niemand ſtand ihm zur Seite, der ſtark genug
geweſen waͤre, mehr als die Oberflaͤche ſeines
Geiſtes zu beruͤhren. Die rohe Rechtlichkeit und
Barbarei des vaͤterlichen Hauſes erzeugte in ihm,
der ſchon fruͤher Eindruͤcke einer feineren Franzoͤ-
ſiſchen Bildung bekommen hatte, eine gruͤndliche
Oppoſition; und ſo war er, als er den Thron
beſtieg, vielmehr das Gegentheil ſeines Vaters,
als irgend etwas anderes Beſtimmtes, Eigen-
thuͤmliches. Eine leichte Schwaͤrmerei fuͤr Poe-
ſie, fuͤr die Wiſſenſchaften, fuͤr Freiheit und
Toleranz, wie fuͤr alles, was der Zeitgeiſt durch
den Mund Franzoͤſiſcher Philoſophen verkuͤndi-
gen laſſen mochte, iſt alles, was ſich bei ſeiner
Thronbeſteigung zu erkennen giebt — freilich ge-
nug, um ihm eine Parthei in Europa zu bilden,
da er das fuͤr ſich hatte, daß er den uͤbrigen
Fuͤrſten durchaus unaͤhnlich war. Große Tha-
ten mochte er wohl ſchon fruͤher getraͤumt haben.
Der Saͤnger ſeiner eignen Thaten, Geſetzgeber und
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/170>, abgerufen am 23.11.2024.
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