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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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Wenn Sie einen von den Aposteln jener
neueren, negativen Gewerksfreiheit, welche nach
dem bloßen Geld- und Producten-Gewinnst
strebt, fragen: warum er Zünfte und In-
nungen durchaus abgeschafft wissen wolle; so
wird er ihnen folgende Rechenschaft geben: ihr
Zweck sey, die Concurrenz jedes Dritten mit
den Zunftgliedern, und die Concurrenz der Mei-
ster unter einander zu hemmen. Da es nun ein-
mal keine höhere Freiheit gebe, als die der
Concurrenz aller Statsmitglieder zu allen, dem
Staate nöthigen, Arbeiten, so seyen die Zunft-
verfassungen ein ungerechter Eingriff in die Rech-
te Derer, welche arbeiten wollen, und Arbeit
verlangen. So legt unser ökonomisches Zeital-
ter den Instituten des Mittelalters erst seine
nichtswürdigen Lebenszwecke unter; es nimmt
ihnen die ursprüngliche ehrwürdige und heilige
Bedeutung, und ficht dann hitzig gegen die selbst
construirte Gemeinheit. Sage ich zu viel, wenn
ich behaupte, das eigentliche Geheimniß alles
Staatsverbandes und aller Nationalität sey den
Menschen dieser Zeit nicht bloß abhänden ge-
kommen, sondern es seyen von der Staatswis-
senschaft und Staatskunst wirkliche Formen zur
Zerstörung der Staaten methodisch angeordnet
worden? --

Lassen

Wenn Sie einen von den Apoſteln jener
neueren, negativen Gewerksfreiheit, welche nach
dem bloßen Geld- und Producten-Gewinnſt
ſtrebt, fragen: warum er Zuͤnfte und In-
nungen durchaus abgeſchafft wiſſen wolle; ſo
wird er ihnen folgende Rechenſchaft geben: ihr
Zweck ſey, die Concurrenz jedes Dritten mit
den Zunftgliedern, und die Concurrenz der Mei-
ſter unter einander zu hemmen. Da es nun ein-
mal keine hoͤhere Freiheit gebe, als die der
Concurrenz aller Statsmitglieder zu allen, dem
Staate noͤthigen, Arbeiten, ſo ſeyen die Zunft-
verfaſſungen ein ungerechter Eingriff in die Rech-
te Derer, welche arbeiten wollen, und Arbeit
verlangen. So legt unſer oͤkonomiſches Zeital-
ter den Inſtituten des Mittelalters erſt ſeine
nichtswuͤrdigen Lebenszwecke unter; es nimmt
ihnen die urſpruͤngliche ehrwuͤrdige und heilige
Bedeutung, und ficht dann hitzig gegen die ſelbſt
conſtruirte Gemeinheit. Sage ich zu viel, wenn
ich behaupte, das eigentliche Geheimniß alles
Staatsverbandes und aller Nationalitaͤt ſey den
Menſchen dieſer Zeit nicht bloß abhaͤnden ge-
kommen, ſondern es ſeyen von der Staatswiſ-
ſenſchaft und Staatskunſt wirkliche Formen zur
Zerſtoͤrung der Staaten methodiſch angeordnet
worden? —

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[144/0152] Wenn Sie einen von den Apoſteln jener neueren, negativen Gewerksfreiheit, welche nach dem bloßen Geld- und Producten-Gewinnſt ſtrebt, fragen: warum er Zuͤnfte und In- nungen durchaus abgeſchafft wiſſen wolle; ſo wird er ihnen folgende Rechenſchaft geben: ihr Zweck ſey, die Concurrenz jedes Dritten mit den Zunftgliedern, und die Concurrenz der Mei- ſter unter einander zu hemmen. Da es nun ein- mal keine hoͤhere Freiheit gebe, als die der Concurrenz aller Statsmitglieder zu allen, dem Staate noͤthigen, Arbeiten, ſo ſeyen die Zunft- verfaſſungen ein ungerechter Eingriff in die Rech- te Derer, welche arbeiten wollen, und Arbeit verlangen. So legt unſer oͤkonomiſches Zeital- ter den Inſtituten des Mittelalters erſt ſeine nichtswuͤrdigen Lebenszwecke unter; es nimmt ihnen die urſpruͤngliche ehrwuͤrdige und heilige Bedeutung, und ficht dann hitzig gegen die ſelbſt conſtruirte Gemeinheit. Sage ich zu viel, wenn ich behaupte, das eigentliche Geheimniß alles Staatsverbandes und aller Nationalitaͤt ſey den Menſchen dieſer Zeit nicht bloß abhaͤnden ge- kommen, ſondern es ſeyen von der Staatswiſ- ſenſchaft und Staatskunſt wirkliche Formen zur Zerſtoͤrung der Staaten methodiſch angeordnet worden? — Laſſen

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/152>, abgerufen am 22.11.2024.