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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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Arbeiten am deutlichsten zu erkennen sind. Mehr
die Dauer, als die Bequemlichkeit und die
äußere Form der Waaren, machte die Probe
des Meisters aus. -- Kurz, das ganze Leben des
Bürgers, und so auch jedes einzelne Gewerk,
war unter allen abwechselnden Beschäftigungen,
und auf wie verschiedene Stoffe es unmit-
telbar gewendet seyn mochte, dennoch haupt-
sächlich darauf gerichtet, den Verband des Ge-
meinwesens immer fester zu drehen und zu hef-
ten. So war das Zunft- und Innungswesen
ein schönes und wirksames Gegengewicht gegen
die unglücklichen und unbürgerlichen Angewohn-
heiten und Sinnesarten, welche die den Ge-
werken unentbehrliche Theilung der Arbeit in viele
einzelne Handgriffe nothwendig absetzen muß.

Die Theilung der Arbeit in unsern, ohne
Rücksicht auf Zunftverfassung construirten, Ma-
nufacturen wirkt auf eine ungeheure Vermeh-
rung der Production. Jedermann kennt das
Beispiel von Adam Smith: ein Arbeiter, der
das ganze Geschäft allein verrichten soll, macht
in Einem Tage mit dem äußersten Fleiße höch-
stens zwanzig Stecknadeln; zehn Leute wel-
che die einzelnen Verrichtungen des Geschäftes
unter einander getheilt haben, bringen täglich
gegen 48,000 zu Stande: die Production wird

Arbeiten am deutlichſten zu erkennen ſind. Mehr
die Dauer, als die Bequemlichkeit und die
aͤußere Form der Waaren, machte die Probe
des Meiſters aus. — Kurz, das ganze Leben des
Buͤrgers, und ſo auch jedes einzelne Gewerk,
war unter allen abwechſelnden Beſchaͤftigungen,
und auf wie verſchiedene Stoffe es unmit-
telbar gewendet ſeyn mochte, dennoch haupt-
ſaͤchlich darauf gerichtet, den Verband des Ge-
meinweſens immer feſter zu drehen und zu hef-
ten. So war das Zunft- und Innungsweſen
ein ſchoͤnes und wirkſames Gegengewicht gegen
die ungluͤcklichen und unbuͤrgerlichen Angewohn-
heiten und Sinnesarten, welche die den Ge-
werken unentbehrliche Theilung der Arbeit in viele
einzelne Handgriffe nothwendig abſetzen muß.

Die Theilung der Arbeit in unſern, ohne
Ruͤckſicht auf Zunftverfaſſung conſtruirten, Ma-
nufacturen wirkt auf eine ungeheure Vermeh-
rung der Production. Jedermann kennt das
Beiſpiel von Adam Smith: ein Arbeiter, der
das ganze Geſchaͤft allein verrichten ſoll, macht
in Einem Tage mit dem aͤußerſten Fleiße hoͤch-
ſtens zwanzig Stecknadeln; zehn Leute wel-
che die einzelnen Verrichtungen des Geſchaͤftes
unter einander getheilt haben, bringen taͤglich
gegen 48,000 zu Stande: die Production wird

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[141/0149] Arbeiten am deutlichſten zu erkennen ſind. Mehr die Dauer, als die Bequemlichkeit und die aͤußere Form der Waaren, machte die Probe des Meiſters aus. — Kurz, das ganze Leben des Buͤrgers, und ſo auch jedes einzelne Gewerk, war unter allen abwechſelnden Beſchaͤftigungen, und auf wie verſchiedene Stoffe es unmit- telbar gewendet ſeyn mochte, dennoch haupt- ſaͤchlich darauf gerichtet, den Verband des Ge- meinweſens immer feſter zu drehen und zu hef- ten. So war das Zunft- und Innungsweſen ein ſchoͤnes und wirkſames Gegengewicht gegen die ungluͤcklichen und unbuͤrgerlichen Angewohn- heiten und Sinnesarten, welche die den Ge- werken unentbehrliche Theilung der Arbeit in viele einzelne Handgriffe nothwendig abſetzen muß. Die Theilung der Arbeit in unſern, ohne Ruͤckſicht auf Zunftverfaſſung conſtruirten, Ma- nufacturen wirkt auf eine ungeheure Vermeh- rung der Production. Jedermann kennt das Beiſpiel von Adam Smith: ein Arbeiter, der das ganze Geſchaͤft allein verrichten ſoll, macht in Einem Tage mit dem aͤußerſten Fleiße hoͤch- ſtens zwanzig Stecknadeln; zehn Leute wel- che die einzelnen Verrichtungen des Geſchaͤftes unter einander getheilt haben, bringen taͤglich gegen 48,000 zu Stande: die Production wird

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/149>, abgerufen am 21.11.2024.