Smith in Deutschland, wie dem Philosophen Kant, von dem die Dichter der Xenien sagten:
Setzt doch ein einziger Reicher so viele Arme in Nahrung! Wenn die Könige bau'n, haben die Kärrner zu thun. --
Gewisse politische Schriftsteller und seynwol- lende Philosophen haben das frische und gesunde Fleisch jenes erhabenen Buches zergliedert, ap- pretirt, und wieder zergliedert, so, daß von dem praktischen Gehalte des Urhebers nichts übrig bleibt, als Resultate, die nur Werth haben für Den, der in die Handels- und Denkweise des großen und liebenswürdigen Mannes eingegan- gen ist, und ihn selbst noch höher schätzt, als sein Buch. --
Mit diesem Gerippe von Adam Smith nun stellen sich unsre Theoretiker den alten Prakti- kern aus der Schule Colberts und Friedrichs des Zweiten gegenüber. -- Um die Schwersäl- ligkeit dieser zu vollenden, fehlt weiter nichts, als ein solcher revolutionärer Leichtsinn der Geg- ner. Hat es ihnen bisher noch an den gehörigen Gründen für die Handelssperre gefehlt, so bie- tet die Unwissenheit der Theoretiker sie ihnen jetzt dar; und bei dem ganzen Streite verliert niemand mehr, als der unglückliche Staat, ge- winnt aber auch niemand mehr, als der echte
Smith in Deutſchland, wie dem Philoſophen Kant, von dem die Dichter der Xenien ſagten:
Setzt doch ein einziger Reicher ſo viele Arme in Nahrung! Wenn die Koͤnige bau’n, haben die Kaͤrrner zu thun. —
Gewiſſe politiſche Schriftſteller und ſeynwol- lende Philoſophen haben das friſche und geſunde Fleiſch jenes erhabenen Buches zergliedert, ap- pretirt, und wieder zergliedert, ſo, daß von dem praktiſchen Gehalte des Urhebers nichts uͤbrig bleibt, als Reſultate, die nur Werth haben fuͤr Den, der in die Handels- und Denkweiſe des großen und liebenswuͤrdigen Mannes eingegan- gen iſt, und ihn ſelbſt noch hoͤher ſchaͤtzt, als ſein Buch. —
Mit dieſem Gerippe von Adam Smith nun ſtellen ſich unſre Theoretiker den alten Prakti- kern aus der Schule Colberts und Friedrichs des Zweiten gegenuͤber. — Um die Schwerſaͤl- ligkeit dieſer zu vollenden, fehlt weiter nichts, als ein ſolcher revolutionaͤrer Leichtſinn der Geg- ner. Hat es ihnen bisher noch an den gehoͤrigen Gruͤnden fuͤr die Handelsſperre gefehlt, ſo bie- tet die Unwiſſenheit der Theoretiker ſie ihnen jetzt dar; und bei dem ganzen Streite verliert niemand mehr, als der ungluͤckliche Staat, ge- winnt aber auch niemand mehr, als der echte
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[19/0053]
Smith in Deutſchland, wie dem Philoſophen
Kant, von dem die Dichter der Xenien ſagten:
Setzt doch ein einziger Reicher ſo viele Arme in Nahrung!
Wenn die Koͤnige bau’n, haben die Kaͤrrner zu thun. —
Gewiſſe politiſche Schriftſteller und ſeynwol-
lende Philoſophen haben das friſche und geſunde
Fleiſch jenes erhabenen Buches zergliedert, ap-
pretirt, und wieder zergliedert, ſo, daß von dem
praktiſchen Gehalte des Urhebers nichts uͤbrig
bleibt, als Reſultate, die nur Werth haben fuͤr
Den, der in die Handels- und Denkweiſe des
großen und liebenswuͤrdigen Mannes eingegan-
gen iſt, und ihn ſelbſt noch hoͤher ſchaͤtzt, als
ſein Buch. —
Mit dieſem Gerippe von Adam Smith nun
ſtellen ſich unſre Theoretiker den alten Prakti-
kern aus der Schule Colberts und Friedrichs
des Zweiten gegenuͤber. — Um die Schwerſaͤl-
ligkeit dieſer zu vollenden, fehlt weiter nichts,
als ein ſolcher revolutionaͤrer Leichtſinn der Geg-
ner. Hat es ihnen bisher noch an den gehoͤrigen
Gruͤnden fuͤr die Handelsſperre gefehlt, ſo bie-
tet die Unwiſſenheit der Theoretiker ſie ihnen
jetzt dar; und bei dem ganzen Streite verliert
niemand mehr, als der ungluͤckliche Staat, ge-
winnt aber auch niemand mehr, als der echte
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/53>, abgerufen am 16.02.2025.
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