der schon allzubegünstigten und in die Augen springenden Freiheit der Gegenwärtigen und Le- bendigen geltend zu machen.
So entsteht die Idee einer liberte generale, während die liberte de tous -- d. h. der gerade neben einander stehenden Menschen, die man gewöhnlich im Auge hat, wenn man von Frei- heit redet -- oft anscheinend durch solche Institu- tionen gefährdet wird, welche jener allgemeinen Freiheit halber aufrecht erhalten werden müssen. Um der Freiheit des ganzen Staates willen, ist nun in den neueren Gesetzgebungen ein Recht der Familien entstanden und den Rechten der einzelnen Personen als Gleichgewicht gegenüber gestellt worden. Um die liberte generale, d. h. die volonte generale, bei allen Beschlüssen des Augenblickes gegenwärtig zu haben, hat man durch die Bande des Blutes lange Jahrhunderte hindurch verbundene Personen, oder Familien, als Individuen den einzelnen Personen rechtlich gegenüber gestellt: so sind die adeligen und die regierenden Familien entstanden. Einer Familie hat man die Repräsentation des Gesetzes über- tragen, deren Oberhaupt das Interesse des Augenblicks und das der Jahrhunderte in einem hohen Grade in sich vereinigt, und nun selbst lebendig am besten dazu geeignet ist, zwischen
der ſchon allzubeguͤnſtigten und in die Augen ſpringenden Freiheit der Gegenwaͤrtigen und Le- bendigen geltend zu machen.
So entſteht die Idee einer liberté générale, waͤhrend die liberté de tous — d. h. der gerade neben einander ſtehenden Menſchen, die man gewoͤhnlich im Auge hat, wenn man von Frei- heit redet — oft anſcheinend durch ſolche Inſtitu- tionen gefaͤhrdet wird, welche jener allgemeinen Freiheit halber aufrecht erhalten werden muͤſſen. Um der Freiheit des ganzen Staates willen, iſt nun in den neueren Geſetzgebungen ein Recht der Familien entſtanden und den Rechten der einzelnen Perſonen als Gleichgewicht gegenuͤber geſtellt worden. Um die liberté générale, d. h. die volonté générale, bei allen Beſchluͤſſen des Augenblickes gegenwaͤrtig zu haben, hat man durch die Bande des Blutes lange Jahrhunderte hindurch verbundene Perſonen, oder Familien, als Individuen den einzelnen Perſonen rechtlich gegenuͤber geſtellt: ſo ſind die adeligen und die regierenden Familien entſtanden. Einer Familie hat man die Repraͤſentation des Geſetzes uͤber- tragen, deren Oberhaupt das Intereſſe des Augenblicks und das der Jahrhunderte in einem hohen Grade in ſich vereinigt, und nun ſelbſt lebendig am beſten dazu geeignet iſt, zwiſchen
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der ſchon allzubeguͤnſtigten und in die Augen
ſpringenden Freiheit der Gegenwaͤrtigen und Le-
bendigen geltend zu machen.
So entſteht die Idee einer liberté générale,
waͤhrend die liberté de tous — d. h. der gerade
neben einander ſtehenden Menſchen, die man
gewoͤhnlich im Auge hat, wenn man von Frei-
heit redet — oft anſcheinend durch ſolche Inſtitu-
tionen gefaͤhrdet wird, welche jener allgemeinen
Freiheit halber aufrecht erhalten werden muͤſſen.
Um der Freiheit des ganzen Staates willen, iſt
nun in den neueren Geſetzgebungen ein Recht
der Familien entſtanden und den Rechten der
einzelnen Perſonen als Gleichgewicht gegenuͤber
geſtellt worden. Um die liberté générale, d. h.
die volonté générale, bei allen Beſchluͤſſen des
Augenblickes gegenwaͤrtig zu haben, hat man
durch die Bande des Blutes lange Jahrhunderte
hindurch verbundene Perſonen, oder Familien,
als Individuen den einzelnen Perſonen rechtlich
gegenuͤber geſtellt: ſo ſind die adeligen und die
regierenden Familien entſtanden. Einer Familie
hat man die Repraͤſentation des Geſetzes uͤber-
tragen, deren Oberhaupt das Intereſſe des
Augenblicks und das der Jahrhunderte in einem
hohen Grade in ſich vereinigt, und nun ſelbſt
lebendig am beſten dazu geeignet iſt, zwiſchen
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/286>, abgerufen am 25.11.2024.
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