Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Es wäre ein leichtes Geschäft, alle Real-
Verhältnisse auf die Personal-Verhältnisse zu-
rückzuführen, zu zeigen, daß alles Eigenthum
nicht für den Menschen an sich, aber wohl für
den Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft,
und um dieser Gesellschaft willen, Werth habe;
daß Nahrung, Kleidung, Wohnung denn doch
nur Mittel wären, das Verhältniß des Men-
schen zum Menschen, welches der eigentliche
Zweck des Lebens sey, aufrecht zu erhalten; daß
demnach das Ganze der bürgerlichen Gesellschaft
bei dem Gebrauche der unbedeutendsten Sache
des Einzelnen interessirt sey; daß die Sachen also
nichts anders als nothwendige Accessorien, ich
möchte sagen, erweiterte Gliedmaßen des mensch-
lichen Körpers seyen, und dem zu Folge Das,
was wir "Person" nennen, eine kleine Welt
von Sachen. Da nun die Freiheit des Menschen,
wie wir neulich gesehen haben, nichts anderes
als die Behauptung seiner persönlichen Eigenheit,
seiner Verschiedenartigkeit sey, und diese Eigen-
heit sich nicht bloß in dem Bau und der Phy-
siognomie und der Constitution des menschlichen
Körpers, und in seiner Denkungsart, sondern
eben so wohl in seiner Art sich die Dinge an-
zueignen und dieselben zu gebrauchen, in seiner
Kleidung, Nahrung, Wohnung u. s. f. offen-

Es waͤre ein leichtes Geſchaͤft, alle Real-
Verhaͤltniſſe auf die Perſonal-Verhaͤltniſſe zu-
ruͤckzufuͤhren, zu zeigen, daß alles Eigenthum
nicht fuͤr den Menſchen an ſich, aber wohl fuͤr
den Menſchen in der buͤrgerlichen Geſellſchaft,
und um dieſer Geſellſchaft willen, Werth habe;
daß Nahrung, Kleidung, Wohnung denn doch
nur Mittel waͤren, das Verhaͤltniß des Men-
ſchen zum Menſchen, welches der eigentliche
Zweck des Lebens ſey, aufrecht zu erhalten; daß
demnach das Ganze der buͤrgerlichen Geſellſchaft
bei dem Gebrauche der unbedeutendſten Sache
des Einzelnen intereſſirt ſey; daß die Sachen alſo
nichts anders als nothwendige Acceſſorien, ich
moͤchte ſagen, erweiterte Gliedmaßen des menſch-
lichen Koͤrpers ſeyen, und dem zu Folge Das,
was wir „Perſon” nennen, eine kleine Welt
von Sachen. Da nun die Freiheit des Menſchen,
wie wir neulich geſehen haben, nichts anderes
als die Behauptung ſeiner perſoͤnlichen Eigenheit,
ſeiner Verſchiedenartigkeit ſey, und dieſe Eigen-
heit ſich nicht bloß in dem Bau und der Phy-
ſiognomie und der Conſtitution des menſchlichen
Koͤrpers, und in ſeiner Denkungsart, ſondern
eben ſo wohl in ſeiner Art ſich die Dinge an-
zueignen und dieſelben zu gebrauchen, in ſeiner
Kleidung, Nahrung, Wohnung u. ſ. f. offen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0253" n="219"/>
            <p>Es wa&#x0364;re ein leichtes Ge&#x017F;cha&#x0364;ft, alle Real-<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e auf die Per&#x017F;onal-Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e zu-<lb/>
ru&#x0364;ckzufu&#x0364;hren, zu zeigen, daß alles Eigenthum<lb/>
nicht fu&#x0364;r den Men&#x017F;chen an &#x017F;ich, aber wohl fu&#x0364;r<lb/>
den Men&#x017F;chen in der bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft,<lb/>
und um die&#x017F;er Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft willen, Werth habe;<lb/>
daß Nahrung, Kleidung, Wohnung denn doch<lb/>
nur Mittel wa&#x0364;ren, das Verha&#x0364;ltniß des Men-<lb/>
&#x017F;chen zum Men&#x017F;chen, welches der eigentliche<lb/>
Zweck des Lebens &#x017F;ey, aufrecht zu erhalten; daß<lb/>
demnach das Ganze der bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
bei dem Gebrauche der unbedeutend&#x017F;ten Sache<lb/>
des Einzelnen intere&#x017F;&#x017F;irt &#x017F;ey; daß die Sachen al&#x017F;o<lb/>
nichts anders als nothwendige Acce&#x017F;&#x017F;orien, ich<lb/>
mo&#x0364;chte &#x017F;agen, erweiterte Gliedmaßen des men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Ko&#x0364;rpers &#x017F;eyen, und dem zu Folge Das,<lb/>
was wir &#x201E;<hi rendition="#g">Per&#x017F;on</hi>&#x201D; nennen, eine kleine Welt<lb/>
von Sachen. Da nun die Freiheit des Men&#x017F;chen,<lb/>
wie wir neulich ge&#x017F;ehen haben, nichts anderes<lb/>
als die Behauptung &#x017F;einer per&#x017F;o&#x0364;nlichen Eigenheit,<lb/>
&#x017F;einer Ver&#x017F;chiedenartigkeit &#x017F;ey, und die&#x017F;e Eigen-<lb/>
heit &#x017F;ich nicht bloß in dem Bau und der Phy-<lb/>
&#x017F;iognomie und der Con&#x017F;titution des men&#x017F;chlichen<lb/>
Ko&#x0364;rpers, und in &#x017F;einer Denkungsart, &#x017F;ondern<lb/>
eben &#x017F;o wohl in &#x017F;einer Art &#x017F;ich die Dinge an-<lb/>
zueignen und die&#x017F;elben zu gebrauchen, in &#x017F;einer<lb/>
Kleidung, Nahrung, Wohnung u. &#x017F;. f. offen-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0253] Es waͤre ein leichtes Geſchaͤft, alle Real- Verhaͤltniſſe auf die Perſonal-Verhaͤltniſſe zu- ruͤckzufuͤhren, zu zeigen, daß alles Eigenthum nicht fuͤr den Menſchen an ſich, aber wohl fuͤr den Menſchen in der buͤrgerlichen Geſellſchaft, und um dieſer Geſellſchaft willen, Werth habe; daß Nahrung, Kleidung, Wohnung denn doch nur Mittel waͤren, das Verhaͤltniß des Men- ſchen zum Menſchen, welches der eigentliche Zweck des Lebens ſey, aufrecht zu erhalten; daß demnach das Ganze der buͤrgerlichen Geſellſchaft bei dem Gebrauche der unbedeutendſten Sache des Einzelnen intereſſirt ſey; daß die Sachen alſo nichts anders als nothwendige Acceſſorien, ich moͤchte ſagen, erweiterte Gliedmaßen des menſch- lichen Koͤrpers ſeyen, und dem zu Folge Das, was wir „Perſon” nennen, eine kleine Welt von Sachen. Da nun die Freiheit des Menſchen, wie wir neulich geſehen haben, nichts anderes als die Behauptung ſeiner perſoͤnlichen Eigenheit, ſeiner Verſchiedenartigkeit ſey, und dieſe Eigen- heit ſich nicht bloß in dem Bau und der Phy- ſiognomie und der Conſtitution des menſchlichen Koͤrpers, und in ſeiner Denkungsart, ſondern eben ſo wohl in ſeiner Art ſich die Dinge an- zueignen und dieſelben zu gebrauchen, in ſeiner Kleidung, Nahrung, Wohnung u. ſ. f. offen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/253
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/253>, abgerufen am 22.11.2024.