Es wäre ein leichtes Geschäft, alle Real- Verhältnisse auf die Personal-Verhältnisse zu- rückzuführen, zu zeigen, daß alles Eigenthum nicht für den Menschen an sich, aber wohl für den Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft, und um dieser Gesellschaft willen, Werth habe; daß Nahrung, Kleidung, Wohnung denn doch nur Mittel wären, das Verhältniß des Men- schen zum Menschen, welches der eigentliche Zweck des Lebens sey, aufrecht zu erhalten; daß demnach das Ganze der bürgerlichen Gesellschaft bei dem Gebrauche der unbedeutendsten Sache des Einzelnen interessirt sey; daß die Sachen also nichts anders als nothwendige Accessorien, ich möchte sagen, erweiterte Gliedmaßen des mensch- lichen Körpers seyen, und dem zu Folge Das, was wir "Person" nennen, eine kleine Welt von Sachen. Da nun die Freiheit des Menschen, wie wir neulich gesehen haben, nichts anderes als die Behauptung seiner persönlichen Eigenheit, seiner Verschiedenartigkeit sey, und diese Eigen- heit sich nicht bloß in dem Bau und der Phy- siognomie und der Constitution des menschlichen Körpers, und in seiner Denkungsart, sondern eben so wohl in seiner Art sich die Dinge an- zueignen und dieselben zu gebrauchen, in seiner Kleidung, Nahrung, Wohnung u. s. f. offen-
Es waͤre ein leichtes Geſchaͤft, alle Real- Verhaͤltniſſe auf die Perſonal-Verhaͤltniſſe zu- ruͤckzufuͤhren, zu zeigen, daß alles Eigenthum nicht fuͤr den Menſchen an ſich, aber wohl fuͤr den Menſchen in der buͤrgerlichen Geſellſchaft, und um dieſer Geſellſchaft willen, Werth habe; daß Nahrung, Kleidung, Wohnung denn doch nur Mittel waͤren, das Verhaͤltniß des Men- ſchen zum Menſchen, welches der eigentliche Zweck des Lebens ſey, aufrecht zu erhalten; daß demnach das Ganze der buͤrgerlichen Geſellſchaft bei dem Gebrauche der unbedeutendſten Sache des Einzelnen intereſſirt ſey; daß die Sachen alſo nichts anders als nothwendige Acceſſorien, ich moͤchte ſagen, erweiterte Gliedmaßen des menſch- lichen Koͤrpers ſeyen, und dem zu Folge Das, was wir „Perſon” nennen, eine kleine Welt von Sachen. Da nun die Freiheit des Menſchen, wie wir neulich geſehen haben, nichts anderes als die Behauptung ſeiner perſoͤnlichen Eigenheit, ſeiner Verſchiedenartigkeit ſey, und dieſe Eigen- heit ſich nicht bloß in dem Bau und der Phy- ſiognomie und der Conſtitution des menſchlichen Koͤrpers, und in ſeiner Denkungsart, ſondern eben ſo wohl in ſeiner Art ſich die Dinge an- zueignen und dieſelben zu gebrauchen, in ſeiner Kleidung, Nahrung, Wohnung u. ſ. f. offen-
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Es waͤre ein leichtes Geſchaͤft, alle Real-
Verhaͤltniſſe auf die Perſonal-Verhaͤltniſſe zu-
ruͤckzufuͤhren, zu zeigen, daß alles Eigenthum
nicht fuͤr den Menſchen an ſich, aber wohl fuͤr
den Menſchen in der buͤrgerlichen Geſellſchaft,
und um dieſer Geſellſchaft willen, Werth habe;
daß Nahrung, Kleidung, Wohnung denn doch
nur Mittel waͤren, das Verhaͤltniß des Men-
ſchen zum Menſchen, welches der eigentliche
Zweck des Lebens ſey, aufrecht zu erhalten; daß
demnach das Ganze der buͤrgerlichen Geſellſchaft
bei dem Gebrauche der unbedeutendſten Sache
des Einzelnen intereſſirt ſey; daß die Sachen alſo
nichts anders als nothwendige Acceſſorien, ich
moͤchte ſagen, erweiterte Gliedmaßen des menſch-
lichen Koͤrpers ſeyen, und dem zu Folge Das,
was wir „Perſon” nennen, eine kleine Welt
von Sachen. Da nun die Freiheit des Menſchen,
wie wir neulich geſehen haben, nichts anderes
als die Behauptung ſeiner perſoͤnlichen Eigenheit,
ſeiner Verſchiedenartigkeit ſey, und dieſe Eigen-
heit ſich nicht bloß in dem Bau und der Phy-
ſiognomie und der Conſtitution des menſchlichen
Koͤrpers, und in ſeiner Denkungsart, ſondern
eben ſo wohl in ſeiner Art ſich die Dinge an-
zueignen und dieſelben zu gebrauchen, in ſeiner
Kleidung, Nahrung, Wohnung u. ſ. f. offen-
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/253>, abgerufen am 22.11.2024.
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