Bei diesem ganzen unglücklichen Bemühen liegt die Vorstellung zum Grunde, als ob die Kunst eine Verderberin der Natur wäre, als ob Kunst und Natur jede für sich auf abgesondertem Boden stän- den und einen Vernichtungskrieg mit einander führten, während die erste Bedingung alles poli- tischen Studiums seyn sollte, zu begreifen, daß alle Gesetze, die begreiflichsten wie die anschei- nend widernatürlichsten, aus dem Schoße der- selben Natur hervorgegangen sind, die uns Alle umfängt, d. h. daß alle Gesetze bloß dadurch in Widerspruch mit der Natur treten, daß man sie aus dem allgemeinen Gebiete des bürgerlichen Lebens herausreißen, ihnen für die Ewigkeit einen bestimmten Sprengel abstecken, und diesen mit dem Buchstaben vermauern will, daß man sie fixirt, während sich die Natur bewegt. Wenn man ein todtes Umhertreiben der Begriffe "Kunst" nennen will, so muß solche Kunst nothwendig in ewigem Streite mit der Natur befangen seyn, und so muß man, da der Mensch von Zeit zu Zeit denn doch wieder der Natur nicht entbeh- ren kann, dieser ein besonderes Gebiet abstecken, wo der Mensch sie finden könne, ob er gleich auch dort wieder nur eine todte Natur antref- fen wird, weil ihr Wesen ja eben darin besteht, daß sie sich nicht auf ein abgesondertes Gebiet
Bei dieſem ganzen ungluͤcklichen Bemuͤhen liegt die Vorſtellung zum Grunde, als ob die Kunſt eine Verderberin der Natur waͤre, als ob Kunſt und Natur jede fuͤr ſich auf abgeſondertem Boden ſtaͤn- den und einen Vernichtungskrieg mit einander fuͤhrten, waͤhrend die erſte Bedingung alles poli- tiſchen Studiums ſeyn ſollte, zu begreifen, daß alle Geſetze, die begreiflichſten wie die anſchei- nend widernatuͤrlichſten, aus dem Schoße der- ſelben Natur hervorgegangen ſind, die uns Alle umfaͤngt, d. h. daß alle Geſetze bloß dadurch in Widerſpruch mit der Natur treten, daß man ſie aus dem allgemeinen Gebiete des buͤrgerlichen Lebens herausreißen, ihnen fuͤr die Ewigkeit einen beſtimmten Sprengel abſtecken, und dieſen mit dem Buchſtaben vermauern will, daß man ſie fixirt, waͤhrend ſich die Natur bewegt. Wenn man ein todtes Umhertreiben der Begriffe „Kunſt” nennen will, ſo muß ſolche Kunſt nothwendig in ewigem Streite mit der Natur befangen ſeyn, und ſo muß man, da der Menſch von Zeit zu Zeit denn doch wieder der Natur nicht entbeh- ren kann, dieſer ein beſonderes Gebiet abſtecken, wo der Menſch ſie finden koͤnne, ob er gleich auch dort wieder nur eine todte Natur antref- fen wird, weil ihr Weſen ja eben darin beſteht, daß ſie ſich nicht auf ein abgeſondertes Gebiet
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Bei dieſem ganzen ungluͤcklichen Bemuͤhen liegt
die Vorſtellung zum Grunde, als ob die Kunſt eine
Verderberin der Natur waͤre, als ob Kunſt und
Natur jede fuͤr ſich auf abgeſondertem Boden ſtaͤn-
den und einen Vernichtungskrieg mit einander
fuͤhrten, waͤhrend die erſte Bedingung alles poli-
tiſchen Studiums ſeyn ſollte, zu begreifen, daß
alle Geſetze, die begreiflichſten wie die anſchei-
nend widernatuͤrlichſten, aus dem Schoße der-
ſelben Natur hervorgegangen ſind, die uns Alle
umfaͤngt, d. h. daß alle Geſetze bloß dadurch in
Widerſpruch mit der Natur treten, daß man ſie
aus dem allgemeinen Gebiete des buͤrgerlichen
Lebens herausreißen, ihnen fuͤr die Ewigkeit einen
beſtimmten Sprengel abſtecken, und dieſen mit dem
Buchſtaben vermauern will, daß man ſie fixirt,
waͤhrend ſich die Natur bewegt. Wenn man
ein todtes Umhertreiben der Begriffe „Kunſt”
nennen will, ſo muß ſolche Kunſt nothwendig
in ewigem Streite mit der Natur befangen ſeyn,
und ſo muß man, da der Menſch von Zeit zu
Zeit denn doch wieder der Natur nicht entbeh-
ren kann, dieſer ein beſonderes Gebiet abſtecken,
wo der Menſch ſie finden koͤnne, ob er gleich
auch dort wieder nur eine todte Natur antref-
fen wird, weil ihr Weſen ja eben darin beſteht,
daß ſie ſich nicht auf ein abgeſondertes Gebiet
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/212>, abgerufen am 25.11.2024.
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