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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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organisirten Staate sich täglich zutragen müssen;
denn je mehr die streitenden Kräfte im Innern
jedes Landes massenweise und en gros vor dem
Throne des Suveräns einander gegenüber tre-
ten; je weniger en detail und -- im kleinen,
unedlen Sinne des Wortes -- persönlich um
das Wohl des Ganzen gestritten wird: um so
besser ist die Administration des Staates. Der
Grundeigenthümer verkauft das Product, auf
dessen Handelsbeschränkung es ankommt, strebt
also nach den größt möglichen, der Fabrikant
kauft es, strebt also nach den niedrigst mög-
lichen Preisen; und dem Staate sind beide strei-
tenden Stände gleich-wichtig und werth. In
solchen Fällen nun auf der Einen und der andern
Seite das plus und das minus des für jenen
und diesen Stand aus der Maßregel erwachsen-
den Schadens, nach Art der Rechenmeister, ab-
zuwägen, die weniger verlierende Parthei hinter
der mehr verlierenden aus bloß arithmetischen
Gründen zurückstehen zu lassen, charakterisirt den
gemeinen Staatsmann. --

Ursprünglich sind die Rechte beider Stände,
des Landmannes und des Fabrikanten, auf die
Unterstützung des Staates gleich-groß; beide müs-
sen gemeinschaftlich prosperiren, oder keiner pros-
perirt, und nur in einem gegebenen Augenblick

organiſirten Staate ſich taͤglich zutragen muͤſſen;
denn je mehr die ſtreitenden Kraͤfte im Innern
jedes Landes maſſenweiſe und en gros vor dem
Throne des Suveraͤns einander gegenuͤber tre-
ten; je weniger en détail und — im kleinen,
unedlen Sinne des Wortes — perſoͤnlich um
das Wohl des Ganzen geſtritten wird: um ſo
beſſer iſt die Adminiſtration des Staates. Der
Grundeigenthuͤmer verkauft das Product, auf
deſſen Handelsbeſchraͤnkung es ankommt, ſtrebt
alſo nach den groͤßt moͤglichen, der Fabrikant
kauft es, ſtrebt alſo nach den niedrigſt moͤg-
lichen Preiſen; und dem Staate ſind beide ſtrei-
tenden Staͤnde gleich-wichtig und werth. In
ſolchen Faͤllen nun auf der Einen und der andern
Seite das plus und das minus des fuͤr jenen
und dieſen Stand aus der Maßregel erwachſen-
den Schadens, nach Art der Rechenmeiſter, ab-
zuwaͤgen, die weniger verlierende Parthei hinter
der mehr verlierenden aus bloß arithmetiſchen
Gruͤnden zuruͤckſtehen zu laſſen, charakteriſirt den
gemeinen Staatsmann. —

Urſpruͤnglich ſind die Rechte beider Staͤnde,
des Landmannes und des Fabrikanten, auf die
Unterſtuͤtzung des Staates gleich-groß; beide muͤſ-
ſen gemeinſchaftlich prosperiren, oder keiner pros-
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[168/0202] organiſirten Staate ſich taͤglich zutragen muͤſſen; denn je mehr die ſtreitenden Kraͤfte im Innern jedes Landes maſſenweiſe und en gros vor dem Throne des Suveraͤns einander gegenuͤber tre- ten; je weniger en détail und — im kleinen, unedlen Sinne des Wortes — perſoͤnlich um das Wohl des Ganzen geſtritten wird: um ſo beſſer iſt die Adminiſtration des Staates. Der Grundeigenthuͤmer verkauft das Product, auf deſſen Handelsbeſchraͤnkung es ankommt, ſtrebt alſo nach den groͤßt moͤglichen, der Fabrikant kauft es, ſtrebt alſo nach den niedrigſt moͤg- lichen Preiſen; und dem Staate ſind beide ſtrei- tenden Staͤnde gleich-wichtig und werth. In ſolchen Faͤllen nun auf der Einen und der andern Seite das plus und das minus des fuͤr jenen und dieſen Stand aus der Maßregel erwachſen- den Schadens, nach Art der Rechenmeiſter, ab- zuwaͤgen, die weniger verlierende Parthei hinter der mehr verlierenden aus bloß arithmetiſchen Gruͤnden zuruͤckſtehen zu laſſen, charakteriſirt den gemeinen Staatsmann. — Urſpruͤnglich ſind die Rechte beider Staͤnde, des Landmannes und des Fabrikanten, auf die Unterſtuͤtzung des Staates gleich-groß; beide muͤſ- ſen gemeinſchaftlich prosperiren, oder keiner pros- perirt, und nur in einem gegebenen Augenblick

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/202>, abgerufen am 22.11.2024.