und die Bedürfnisse des Ganzen umfassen und den Willen des Ganzen aussprechen will, beide Geschlechter der Menschheit und ihre ganze Natur unaufhörlich und stets inniger in sich vereinigen. --
In welcher barbarischen Zerrüttung und Ein- seitigkeit die Gesetze des heutigen Europa einem ersten, oberflächlichen Blicke auch erscheinen mö- gen --: unter aller Verwirrung findet sich doch eine große, unauslöschliche Spur, daß jene Idee einer nothwendigen Gegenseitigkeit einst alle Ge- setzgebungen durchdrungen hatte und nothwendig künftig wieder durchdringen wird. Wenn man die Erziehungsgeschichte der heutigen Europäischen Staaten, und das rein erhaltene Resultat die- ser Erziehung in England betrachtet: so findet man das Streben aller Staaten nach einer Ver- bindung der buchstäblichen und der eben so noth- wendigen Ehrengesetze, des sichtbaren Interesse der Gegenwart und des unsichtbaren Interesse der Jahrhunderte, ausgedrückt durch eine große, von keiner Macht der Welt zu erschütternde Institution, durch den Standes- oder Ge- schlechts-Unterschied, von Adel und Bür- gerstand, den wir in seiner andren Natur, nehm- lich als Rang-Unterschied, bereits oben in der Entwickelung des ersten Familien-Verhältnisses
und die Beduͤrfniſſe des Ganzen umfaſſen und den Willen des Ganzen ausſprechen will, beide Geſchlechter der Menſchheit und ihre ganze Natur unaufhoͤrlich und ſtets inniger in ſich vereinigen. —
In welcher barbariſchen Zerruͤttung und Ein- ſeitigkeit die Geſetze des heutigen Europa einem erſten, oberflaͤchlichen Blicke auch erſcheinen moͤ- gen —: unter aller Verwirrung findet ſich doch eine große, unausloͤſchliche Spur, daß jene Idee einer nothwendigen Gegenſeitigkeit einſt alle Ge- ſetzgebungen durchdrungen hatte und nothwendig kuͤnftig wieder durchdringen wird. Wenn man die Erziehungsgeſchichte der heutigen Europaͤiſchen Staaten, und das rein erhaltene Reſultat die- ſer Erziehung in England betrachtet: ſo findet man das Streben aller Staaten nach einer Ver- bindung der buchſtaͤblichen und der eben ſo noth- wendigen Ehrengeſetze, des ſichtbaren Intereſſe der Gegenwart und des unſichtbaren Intereſſe der Jahrhunderte, ausgedruͤckt durch eine große, von keiner Macht der Welt zu erſchuͤtternde Inſtitution, durch den Standes- oder Ge- ſchlechts-Unterſchied, von Adel und Buͤr- gerſtand, den wir in ſeiner andren Natur, nehm- lich als Rang-Unterſchied, bereits oben in der Entwickelung des erſten Familien-Verhaͤltniſſes
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0187"n="153"/>
und die Beduͤrfniſſe des Ganzen umfaſſen und<lb/>
den Willen des Ganzen ausſprechen will, beide<lb/>
Geſchlechter der Menſchheit und ihre ganze<lb/>
Natur unaufhoͤrlich und ſtets inniger in ſich<lb/>
vereinigen. —</p><lb/><p>In welcher barbariſchen Zerruͤttung und Ein-<lb/>ſeitigkeit die Geſetze des heutigen Europa einem<lb/>
erſten, oberflaͤchlichen Blicke auch erſcheinen moͤ-<lb/>
gen —: unter aller Verwirrung findet ſich doch<lb/>
eine große, unausloͤſchliche Spur, daß jene Idee<lb/>
einer nothwendigen Gegenſeitigkeit einſt alle Ge-<lb/>ſetzgebungen durchdrungen hatte und nothwendig<lb/>
kuͤnftig wieder durchdringen wird. Wenn man<lb/>
die Erziehungsgeſchichte der heutigen Europaͤiſchen<lb/>
Staaten, und das rein erhaltene Reſultat die-<lb/>ſer Erziehung in England betrachtet: ſo findet<lb/>
man das Streben aller Staaten nach einer Ver-<lb/>
bindung der buchſtaͤblichen und der eben ſo noth-<lb/>
wendigen Ehrengeſetze, des ſichtbaren Intereſſe<lb/>
der Gegenwart und des unſichtbaren Intereſſe<lb/>
der Jahrhunderte, ausgedruͤckt durch eine große,<lb/>
von keiner Macht der Welt zu erſchuͤtternde<lb/>
Inſtitution, durch den <hirendition="#g">Standes- oder Ge-<lb/>ſchlechts-Unterſchied</hi>, von Adel und Buͤr-<lb/>
gerſtand, den wir in ſeiner andren Natur, nehm-<lb/>
lich als Rang-Unterſchied, bereits oben in der<lb/>
Entwickelung des erſten Familien-Verhaͤltniſſes<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[153/0187]
und die Beduͤrfniſſe des Ganzen umfaſſen und
den Willen des Ganzen ausſprechen will, beide
Geſchlechter der Menſchheit und ihre ganze
Natur unaufhoͤrlich und ſtets inniger in ſich
vereinigen. —
In welcher barbariſchen Zerruͤttung und Ein-
ſeitigkeit die Geſetze des heutigen Europa einem
erſten, oberflaͤchlichen Blicke auch erſcheinen moͤ-
gen —: unter aller Verwirrung findet ſich doch
eine große, unausloͤſchliche Spur, daß jene Idee
einer nothwendigen Gegenſeitigkeit einſt alle Ge-
ſetzgebungen durchdrungen hatte und nothwendig
kuͤnftig wieder durchdringen wird. Wenn man
die Erziehungsgeſchichte der heutigen Europaͤiſchen
Staaten, und das rein erhaltene Reſultat die-
ſer Erziehung in England betrachtet: ſo findet
man das Streben aller Staaten nach einer Ver-
bindung der buchſtaͤblichen und der eben ſo noth-
wendigen Ehrengeſetze, des ſichtbaren Intereſſe
der Gegenwart und des unſichtbaren Intereſſe
der Jahrhunderte, ausgedruͤckt durch eine große,
von keiner Macht der Welt zu erſchuͤtternde
Inſtitution, durch den Standes- oder Ge-
ſchlechts-Unterſchied, von Adel und Buͤr-
gerſtand, den wir in ſeiner andren Natur, nehm-
lich als Rang-Unterſchied, bereits oben in der
Entwickelung des erſten Familien-Verhaͤltniſſes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/187>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.