spricht, sind beide persönlich, lebendig: sie sind Pairs; und er, der Staatsmann, der Suverän, die höhere Person, kann sie beide vermitteln, oder zwischen ihnen entscheiden. So repräsen- tirt der Staatsmann weder den bloßen augen- blicklichen Nutzen, noch die bloße prophetische Vorsorge, sondern die Idee des National- Vortheils, des National-Reichthums.
Auf diese Weise wird der Begriff des Na- tional-Reichthums, wie in unsrer neulichen Un- terhaltung der Begriff des National-Rechtes, zerstört, an beider Stelle die Idee gesetzt, und so Bewegung in die Wissenschaft des Staates gebracht. Nun sind das Recht und der Nutzen, das Gesetz und der Besitz gleichartige Wesen, und es kann keinen verzweifelten Streit zwischen ihnen geben; denn es waltet ein gemeinschaftli- cher Geist des Lebens in ihnen beiden. Alle strei- tende Ideen erzeugen höhere Ideen in der Seele des Staatsmannes; und vor diesen immer hö- heren Ideen ordnet, beruhigt und fügt sich die Welt.
So steht der Staatsmann in der Mitte sei- ner Nation und seiner Zeit, über alle einzelne Gesetze erhaben, und aller einzelne Vortheil der Nation ist ihm unterworfen. Das National- Gesetzbuch ist ihm nichts anderes als ein Aus-
ſpricht, ſind beide perſoͤnlich, lebendig: ſie ſind Pairs; und er, der Staatsmann, der Suveraͤn, die hoͤhere Perſon, kann ſie beide vermitteln, oder zwiſchen ihnen entſcheiden. So repraͤſen- tirt der Staatsmann weder den bloßen augen- blicklichen Nutzen, noch die bloße prophetiſche Vorſorge, ſondern die Idee des National- Vortheils, des National-Reichthums.
Auf dieſe Weiſe wird der Begriff des Na- tional-Reichthums, wie in unſrer neulichen Un- terhaltung der Begriff des National-Rechtes, zerſtoͤrt, an beider Stelle die Idee geſetzt, und ſo Bewegung in die Wiſſenſchaft des Staates gebracht. Nun ſind das Recht und der Nutzen, das Geſetz und der Beſitz gleichartige Weſen, und es kann keinen verzweifelten Streit zwiſchen ihnen geben; denn es waltet ein gemeinſchaftli- cher Geiſt des Lebens in ihnen beiden. Alle ſtrei- tende Ideen erzeugen hoͤhere Ideen in der Seele des Staatsmannes; und vor dieſen immer hoͤ- heren Ideen ordnet, beruhigt und fuͤgt ſich die Welt.
So ſteht der Staatsmann in der Mitte ſei- ner Nation und ſeiner Zeit, uͤber alle einzelne Geſetze erhaben, und aller einzelne Vortheil der Nation iſt ihm unterworfen. Das National- Geſetzbuch iſt ihm nichts anderes als ein Aus-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0126"n="92"/>ſpricht, ſind beide perſoͤnlich, lebendig: ſie ſind<lb/>
Pairs; und er, der Staatsmann, der Suveraͤn,<lb/>
die hoͤhere Perſon, kann ſie beide vermitteln,<lb/>
oder zwiſchen ihnen entſcheiden. So repraͤſen-<lb/>
tirt der Staatsmann weder den bloßen augen-<lb/>
blicklichen Nutzen, noch die bloße prophetiſche<lb/>
Vorſorge, ſondern die <hirendition="#g">Idee des National-<lb/>
Vortheils, des National-Reichthums</hi>.</p><lb/><p>Auf dieſe Weiſe wird der Begriff des Na-<lb/>
tional-Reichthums, wie in unſrer neulichen Un-<lb/>
terhaltung der Begriff des National-Rechtes,<lb/>
zerſtoͤrt, an beider Stelle die Idee geſetzt, und<lb/>ſo Bewegung in die Wiſſenſchaft des Staates<lb/>
gebracht. Nun ſind das Recht und der Nutzen,<lb/>
das Geſetz und der Beſitz gleichartige Weſen,<lb/>
und es kann keinen verzweifelten Streit zwiſchen<lb/>
ihnen geben; denn es waltet ein gemeinſchaftli-<lb/>
cher Geiſt des Lebens in ihnen beiden. Alle ſtrei-<lb/>
tende Ideen erzeugen hoͤhere Ideen in der Seele<lb/>
des Staatsmannes; und vor dieſen immer hoͤ-<lb/>
heren Ideen ordnet, beruhigt und fuͤgt ſich die<lb/>
Welt.</p><lb/><p>So ſteht der Staatsmann in der Mitte ſei-<lb/>
ner Nation und ſeiner Zeit, uͤber alle einzelne<lb/>
Geſetze erhaben, und aller einzelne Vortheil der<lb/>
Nation iſt ihm unterworfen. Das National-<lb/>
Geſetzbuch iſt ihm nichts anderes als ein Aus-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[92/0126]
ſpricht, ſind beide perſoͤnlich, lebendig: ſie ſind
Pairs; und er, der Staatsmann, der Suveraͤn,
die hoͤhere Perſon, kann ſie beide vermitteln,
oder zwiſchen ihnen entſcheiden. So repraͤſen-
tirt der Staatsmann weder den bloßen augen-
blicklichen Nutzen, noch die bloße prophetiſche
Vorſorge, ſondern die Idee des National-
Vortheils, des National-Reichthums.
Auf dieſe Weiſe wird der Begriff des Na-
tional-Reichthums, wie in unſrer neulichen Un-
terhaltung der Begriff des National-Rechtes,
zerſtoͤrt, an beider Stelle die Idee geſetzt, und
ſo Bewegung in die Wiſſenſchaft des Staates
gebracht. Nun ſind das Recht und der Nutzen,
das Geſetz und der Beſitz gleichartige Weſen,
und es kann keinen verzweifelten Streit zwiſchen
ihnen geben; denn es waltet ein gemeinſchaftli-
cher Geiſt des Lebens in ihnen beiden. Alle ſtrei-
tende Ideen erzeugen hoͤhere Ideen in der Seele
des Staatsmannes; und vor dieſen immer hoͤ-
heren Ideen ordnet, beruhigt und fuͤgt ſich die
Welt.
So ſteht der Staatsmann in der Mitte ſei-
ner Nation und ſeiner Zeit, uͤber alle einzelne
Geſetze erhaben, und aller einzelne Vortheil der
Nation iſt ihm unterworfen. Das National-
Geſetzbuch iſt ihm nichts anderes als ein Aus-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/126>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.