Welten zu treiben scheinen; wiewohl zwischen der sonderbaren Disposition des Menschen zum Tausch und Handel, welche Adam Smith, und dem Begriffe des Gesetzes, welchen Mon- tesquieu an die Spitze seines Werkes setzt, keine unmittelbare Beziehung Statt zu finden scheint: so streifen doch beide Meister oft auf eine wunderbare Weise in einander, und gewin- nen in ihren erhabenen Irrthümern eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit.
So wenig ich, wie der Erfolg zeigen wird, weder Montesquieu's Begriff von der Thei- lung der Gewalten, noch Adam Smith's Begriff von der Theilung der Arbeiten in Schutz nehmen kann; so wenig sich der Begriff der politischen Freiheit, für welchen Mon- tesquieu, oder der Begriff der ökonomischen Freiheit, für welchen Adam Smith sein Buch schrieb, noch jetzt in seinem ganzen Um- fange vertheidigen läßt: so sind dennoch die Re- sultate von dem reichen vielseitigen Leben beider Gelehrten ungefähr dieselben; nehmlich, daß 1) die höchste Einheit und Ordnung der bürgerli- chen Geschäfte nur durch die größte Theilung derselben erreicht werden könne; daß dem zu Folge Einheit und Theilung, oder Friede und Streit, weit entfernt einander gegenseitig zu stö-
Welten zu treiben ſcheinen; wiewohl zwiſchen der ſonderbaren Dispoſition des Menſchen zum Tauſch und Handel, welche Adam Smith, und dem Begriffe des Geſetzes, welchen Mon- tesquieu an die Spitze ſeines Werkes ſetzt, keine unmittelbare Beziehung Statt zu finden ſcheint: ſo ſtreifen doch beide Meiſter oft auf eine wunderbare Weiſe in einander, und gewin- nen in ihren erhabenen Irrthuͤmern eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit.
So wenig ich, wie der Erfolg zeigen wird, weder Montesquieu’s Begriff von der Thei- lung der Gewalten, noch Adam Smith’s Begriff von der Theilung der Arbeiten in Schutz nehmen kann; ſo wenig ſich der Begriff der politiſchen Freiheit, fuͤr welchen Mon- tesquieu, oder der Begriff der oͤkonomiſchen Freiheit, fuͤr welchen Adam Smith ſein Buch ſchrieb, noch jetzt in ſeinem ganzen Um- fange vertheidigen laͤßt: ſo ſind dennoch die Re- ſultate von dem reichen vielſeitigen Leben beider Gelehrten ungefaͤhr dieſelben; nehmlich, daß 1) die hoͤchſte Einheit und Ordnung der buͤrgerli- chen Geſchaͤfte nur durch die groͤßte Theilung derſelben erreicht werden koͤnne; daß dem zu Folge Einheit und Theilung, oder Friede und Streit, weit entfernt einander gegenſeitig zu ſtoͤ-
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[82/0116]
Welten zu treiben ſcheinen; wiewohl zwiſchen
der ſonderbaren Dispoſition des Menſchen zum
Tauſch und Handel, welche Adam Smith,
und dem Begriffe des Geſetzes, welchen Mon-
tesquieu an die Spitze ſeines Werkes ſetzt,
keine unmittelbare Beziehung Statt zu finden
ſcheint: ſo ſtreifen doch beide Meiſter oft auf
eine wunderbare Weiſe in einander, und gewin-
nen in ihren erhabenen Irrthuͤmern eine nicht
zu verkennende Aehnlichkeit.
So wenig ich, wie der Erfolg zeigen wird,
weder Montesquieu’s Begriff von der Thei-
lung der Gewalten, noch Adam Smith’s
Begriff von der Theilung der Arbeiten in
Schutz nehmen kann; ſo wenig ſich der Begriff
der politiſchen Freiheit, fuͤr welchen Mon-
tesquieu, oder der Begriff der oͤkonomiſchen
Freiheit, fuͤr welchen Adam Smith ſein
Buch ſchrieb, noch jetzt in ſeinem ganzen Um-
fange vertheidigen laͤßt: ſo ſind dennoch die Re-
ſultate von dem reichen vielſeitigen Leben beider
Gelehrten ungefaͤhr dieſelben; nehmlich, daß 1)
die hoͤchſte Einheit und Ordnung der buͤrgerli-
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derſelben erreicht werden koͤnne; daß dem zu
Folge Einheit und Theilung, oder Friede und
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/116>, abgerufen am 22.11.2024.
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