sich. Mit einem Briefe, einem Wechsel, einer Stange Silber reicht der Kaufmann in London seinem Correspondenten in Madras seine Hand über die Oceane hin, und hilft ihm den großen Krieg mit der Erde führen, hilft ihm sie bethö- ren, sie bezwingen, ihr Nahrung und neue Mit- tel zu einer stets innigern Allianz gegen den ge- meinschaftlichen Feind rauben. --
Die Erde wehrt sich unaufhörlich gegen diese Angriffe ihrer Kinder; sie wehrt sich mit doppel- ten Waffen: der Gewalt; der Schönheit und des Reitzes. Außer dem Vortheile der größeren Dauerhaftigkeit, hat sie vor dem menschlichen Geschlechte noch den Vortheil voraus, daß alle ihre Kräfte die größte Einheit haben, während ihr Feind, die Menschheit, ein tausendköpfi- ges Wesen ist, und während noch überdies die unzähligen Köpfe ihres Feindes nach wenigen Jahren verschwinden, und neue, ganz anders gestaltete, an ihre Stelle treten. Die alte, große Kriegerin hat bis heute schon gegen zweihun- dert verschiedene Generationen der Menschen in Schlachtordnung sich gegenüber gesehen, und jede Generation bestand aus vielen hundert Mil- lionen ganz verschieden gestalteter, und durch weite Räume von einander getrennter Köpfe. Was hat die Erde in diesem Kriege zu thun?
ſich. Mit einem Briefe, einem Wechſel, einer Stange Silber reicht der Kaufmann in London ſeinem Correſpondenten in Madras ſeine Hand uͤber die Oceane hin, und hilft ihm den großen Krieg mit der Erde fuͤhren, hilft ihm ſie bethoͤ- ren, ſie bezwingen, ihr Nahrung und neue Mit- tel zu einer ſtets innigern Allianz gegen den ge- meinſchaftlichen Feind rauben. —
Die Erde wehrt ſich unaufhoͤrlich gegen dieſe Angriffe ihrer Kinder; ſie wehrt ſich mit doppel- ten Waffen: der Gewalt; der Schoͤnheit und des Reitzes. Außer dem Vortheile der groͤßeren Dauerhaftigkeit, hat ſie vor dem menſchlichen Geſchlechte noch den Vortheil voraus, daß alle ihre Kraͤfte die groͤßte Einheit haben, waͤhrend ihr Feind, die Menſchheit, ein tauſendkoͤpfi- ges Weſen iſt, und waͤhrend noch uͤberdies die unzaͤhligen Koͤpfe ihres Feindes nach wenigen Jahren verſchwinden, und neue, ganz anders geſtaltete, an ihre Stelle treten. Die alte, große Kriegerin hat bis heute ſchon gegen zweihun- dert verſchiedene Generationen der Menſchen in Schlachtordnung ſich gegenuͤber geſehen, und jede Generation beſtand aus vielen hundert Mil- lionen ganz verſchieden geſtalteter, und durch weite Raͤume von einander getrennter Koͤpfe. Was hat die Erde in dieſem Kriege zu thun?
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ſich. Mit einem Briefe, einem Wechſel, einer
Stange Silber reicht der Kaufmann in London
ſeinem Correſpondenten in Madras ſeine Hand
uͤber die Oceane hin, und hilft ihm den großen
Krieg mit der Erde fuͤhren, hilft ihm ſie bethoͤ-
ren, ſie bezwingen, ihr Nahrung und neue Mit-
tel zu einer ſtets innigern Allianz gegen den ge-
meinſchaftlichen Feind rauben. —
Die Erde wehrt ſich unaufhoͤrlich gegen dieſe
Angriffe ihrer Kinder; ſie wehrt ſich mit doppel-
ten Waffen: der Gewalt; der Schoͤnheit und
des Reitzes. Außer dem Vortheile der groͤßeren
Dauerhaftigkeit, hat ſie vor dem menſchlichen
Geſchlechte noch den Vortheil voraus, daß alle
ihre Kraͤfte die groͤßte Einheit haben, waͤhrend
ihr Feind, die Menſchheit, ein tauſendkoͤpfi-
ges Weſen iſt, und waͤhrend noch uͤberdies die
unzaͤhligen Koͤpfe ihres Feindes nach wenigen
Jahren verſchwinden, und neue, ganz anders
geſtaltete, an ihre Stelle treten. Die alte, große
Kriegerin hat bis heute ſchon gegen zweihun-
dert verſchiedene Generationen der Menſchen in
Schlachtordnung ſich gegenuͤber geſehen, und
jede Generation beſtand aus vielen hundert Mil-
lionen ganz verſchieden geſtalteter, und durch
weite Raͤume von einander getrennter Koͤpfe.
Was hat die Erde in dieſem Kriege zu thun?
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/111>, abgerufen am 22.11.2024.
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