ans Licht kommen könne, als er? -- Ordnung, Freiheit, Sicherheit, Recht, die Glückseligkeit Aller sind erhabene Ideen für Den, der sie ideenweise auffaßt; der Staat, wie groß und erhaben, wie alles umfassend, wie in und auf sich selbst ruhend er auch sey, verschmähet es nicht, mitunter be- trachtet zu werden, als sey er nur um Eines von diesen Zwecken willen da; er ist aber zu groß, zu lebendig, um sich, den Wünschen der Theoretiker gemäß, Einem dieser Zwecke aus- schließend und allein hinzugeben: er dient ihnen allen, er dient allen gedenkbaren Zwecken, weil er sich selbst dient. --
So hat man oft auch nach der Bestimmung des Menschen gefragt. Der Mensch fühlte sich unvollständig, krank und halb. Es wurde ge- antwortet: "der Mensch ist um seiner Glückselig- keit willen da;" -- "nein, um seiner Tugend willen," sagte ein Zweiter; "für seine Vervoll- kommnung," sagte ein Dritter. Recht gut! wenn ihr nur fühlen möchtet, daß alle diese Zwecke immer in den Menschen zurückkehren, daß es immer wieder auf seine Tugend, seine Glückseligkeit, seine Vollkommenheit abgesehen bleibt, und Er, nichts Einzelnes, am Ende doch sein eigner Zweck ist. Du hast dich selbst empfunden; und so hast du zugleich alle deine
ans Licht kommen koͤnne, als er? — Ordnung, Freiheit, Sicherheit, Recht, die Gluͤckſeligkeit Aller ſind erhabene Ideen fuͤr Den, der ſie ideenweiſe auffaßt; der Staat, wie groß und erhaben, wie alles umfaſſend, wie in und auf ſich ſelbſt ruhend er auch ſey, verſchmaͤhet es nicht, mitunter be- trachtet zu werden, als ſey er nur um Eines von dieſen Zwecken willen da; er iſt aber zu groß, zu lebendig, um ſich, den Wuͤnſchen der Theoretiker gemaͤß, Einem dieſer Zwecke aus- ſchließend und allein hinzugeben: er dient ihnen allen, er dient allen gedenkbaren Zwecken, weil er ſich ſelbſt dient. —
So hat man oft auch nach der Beſtimmung des Menſchen gefragt. Der Menſch fuͤhlte ſich unvollſtaͤndig, krank und halb. Es wurde ge- antwortet: „der Menſch iſt um ſeiner Gluͤckſelig- keit willen da;” — „nein, um ſeiner Tugend willen,” ſagte ein Zweiter; „fuͤr ſeine Vervoll- kommnung,” ſagte ein Dritter. Recht gut! wenn ihr nur fuͤhlen moͤchtet, daß alle dieſe Zwecke immer in den Menſchen zuruͤckkehren, daß es immer wieder auf ſeine Tugend, ſeine Gluͤckſeligkeit, ſeine Vollkommenheit abgeſehen bleibt, und Er, nichts Einzelnes, am Ende doch ſein eigner Zweck iſt. Du haſt dich ſelbſt empfunden; und ſo haſt du zugleich alle deine
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0102"n="68"/>
ans Licht kommen koͤnne, als er? — Ordnung,<lb/>
Freiheit, Sicherheit, Recht, die Gluͤckſeligkeit Aller<lb/>ſind erhabene Ideen fuͤr Den, der ſie ideenweiſe<lb/>
auffaßt; der Staat, wie groß und erhaben, wie<lb/>
alles umfaſſend, wie in und auf ſich ſelbſt ruhend<lb/>
er auch ſey, verſchmaͤhet es nicht, mitunter be-<lb/>
trachtet zu werden, als ſey er nur um Eines<lb/>
von dieſen Zwecken willen da; er iſt aber zu<lb/>
groß, zu lebendig, um ſich, den Wuͤnſchen der<lb/>
Theoretiker gemaͤß, Einem dieſer Zwecke aus-<lb/>ſchließend und allein hinzugeben: er dient ihnen<lb/>
allen, er dient allen gedenkbaren Zwecken, weil<lb/>
er ſich ſelbſt dient. —</p><lb/><p>So hat man oft auch nach der Beſtimmung<lb/>
des Menſchen gefragt. Der Menſch fuͤhlte ſich<lb/>
unvollſtaͤndig, krank und halb. Es wurde ge-<lb/>
antwortet: „der Menſch iſt um ſeiner Gluͤckſelig-<lb/>
keit willen da;”—„nein, um ſeiner Tugend<lb/>
willen,”ſagte ein Zweiter; „fuͤr ſeine Vervoll-<lb/>
kommnung,”ſagte ein Dritter. Recht gut!<lb/>
wenn ihr nur fuͤhlen moͤchtet, daß alle dieſe<lb/>
Zwecke immer in den Menſchen zuruͤckkehren,<lb/>
daß es immer wieder auf <hirendition="#g">ſeine</hi> Tugend, <hirendition="#g">ſeine</hi><lb/>
Gluͤckſeligkeit, <hirendition="#g">ſeine</hi> Vollkommenheit abgeſehen<lb/>
bleibt, und <hirendition="#g">Er</hi>, nichts Einzelnes, am Ende<lb/>
doch ſein eigner Zweck iſt. Du haſt dich ſelbſt<lb/>
empfunden; und ſo haſt du zugleich alle deine<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[68/0102]
ans Licht kommen koͤnne, als er? — Ordnung,
Freiheit, Sicherheit, Recht, die Gluͤckſeligkeit Aller
ſind erhabene Ideen fuͤr Den, der ſie ideenweiſe
auffaßt; der Staat, wie groß und erhaben, wie
alles umfaſſend, wie in und auf ſich ſelbſt ruhend
er auch ſey, verſchmaͤhet es nicht, mitunter be-
trachtet zu werden, als ſey er nur um Eines
von dieſen Zwecken willen da; er iſt aber zu
groß, zu lebendig, um ſich, den Wuͤnſchen der
Theoretiker gemaͤß, Einem dieſer Zwecke aus-
ſchließend und allein hinzugeben: er dient ihnen
allen, er dient allen gedenkbaren Zwecken, weil
er ſich ſelbſt dient. —
So hat man oft auch nach der Beſtimmung
des Menſchen gefragt. Der Menſch fuͤhlte ſich
unvollſtaͤndig, krank und halb. Es wurde ge-
antwortet: „der Menſch iſt um ſeiner Gluͤckſelig-
keit willen da;” — „nein, um ſeiner Tugend
willen,” ſagte ein Zweiter; „fuͤr ſeine Vervoll-
kommnung,” ſagte ein Dritter. Recht gut!
wenn ihr nur fuͤhlen moͤchtet, daß alle dieſe
Zwecke immer in den Menſchen zuruͤckkehren,
daß es immer wieder auf ſeine Tugend, ſeine
Gluͤckſeligkeit, ſeine Vollkommenheit abgeſehen
bleibt, und Er, nichts Einzelnes, am Ende
doch ſein eigner Zweck iſt. Du haſt dich ſelbſt
empfunden; und ſo haſt du zugleich alle deine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/102>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.