Müller-Freienfels, Richard: Poetik. Leipzig u. a., 1914.pmu_III.001 Vorwort. pmu_III.002Dies Büchlein möchte, soweit es im engen Rahmen möglich ist, ein pmu_III.003 Es unterscheidet sich dadurch von den meisten Werken über das gleiche pmu_III.006 Da unsre Methode, wie gesagt, die psychologische ist, so konnte es nicht pmu_III.027 pmu_III.001 Vorwort. pmu_III.002Dies Büchlein möchte, soweit es im engen Rahmen möglich ist, ein pmu_III.003 Es unterscheidet sich dadurch von den meisten Werken über das gleiche pmu_III.006 Da unsre Methode, wie gesagt, die psychologische ist, so konnte es nicht pmu_III.027 <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0007" n="RIII"/> <div n="1"> <lb n="pmu_III.001"/> <head> <hi rendition="#c">Vorwort.</hi> </head> <lb n="pmu_III.002"/> <p>Dies Büchlein möchte, soweit es im engen Rahmen möglich ist, ein <lb n="pmu_III.003"/> <hi rendition="#g">psychologisches Verständnis für das Wesen der Dichtung und <lb n="pmu_III.004"/> die Wirkung ihrer Stilformen erschließen.</hi></p> <lb n="pmu_III.005"/> <p> Es unterscheidet sich dadurch von den meisten Werken über das gleiche <lb n="pmu_III.006"/> Thema, daß es sich nicht mit einer Darstellung und Klassifizierung der <lb n="pmu_III.007"/> poetischen Stilformen begnügen möchte, sondern vor allem nach Verständnis <lb n="pmu_III.008"/> derjenigen <hi rendition="#g">psychologischen Ursachen</hi> trachtet, auf Grund <lb n="pmu_III.009"/> deren sich die wichtigsten Formen der Dichtkunst, wie sie die Literaturgeschichte <lb n="pmu_III.010"/> uns vorführt, gebildet, durchgesetzt und erhalten haben. Nachdem <lb n="pmu_III.011"/> die spekulative Ästhetik, wie überall, so auch in ihrer Anwendung auf <lb n="pmu_III.012"/> die Poesie Bankerott gemacht hatte, ist die historische Literaturwissenschaft <lb n="pmu_III.013"/> darangegangen, mit außerordentlichem Fleiße eine ungeheure Fülle von <lb n="pmu_III.014"/> Material zusammenzutragen und zu ordnen. Wir machen uns dankbar <lb n="pmu_III.015"/> diese reiche Arbeit zunutze, und versuchen nun, die <hi rendition="#g">wichtigsten, dort <lb n="pmu_III.016"/> beschriebenen Stilformen der Dichtung aus der Psychologie <lb n="pmu_III.017"/> der Dichter wie aus der Psychologie des Publikums zu erklären,</hi> <lb n="pmu_III.018"/> wobei natürlich die nichtpsychologischen Faktoren, die bei der <lb n="pmu_III.019"/> Bildung jener Faktoren mitgewirkt haben, ebenfalls berücksichtigt wurden. <lb n="pmu_III.020"/> Und zwar haben wir dafür die europäische Poesie, vor allem die deutsche <lb n="pmu_III.021"/> in den Vordergrund gestellt, und nur gelegentlich greifen wir auf andre <lb n="pmu_III.022"/> Literaturen wie die chinesische oder die Poesie primitiver Völker hinüber. <lb n="pmu_III.023"/> Daß wir dabei bei der Betrachtung der Stilformen nur an die wichtigsten <lb n="pmu_III.024"/> und verbreitetsten uns halten mußten, wird man aus der beabsichtigten <lb n="pmu_III.025"/> Kürze der Darstellung erklärlich finden.</p> <lb n="pmu_III.026"/> <p> Da unsre Methode, wie gesagt, die psychologische ist, so konnte es nicht <lb n="pmu_III.027"/> unsre Aufgabe sein, Normen aufzustellen und ein ästhetisches Gesetzbuch <lb n="pmu_III.028"/> zu liefern. Jm Gegenteil, da wir nur ganz empirisch zu beschreiben und <lb n="pmu_III.029"/> womöglich psychologisch zu erklären beabsichtigen, muß es in unsrer Aufgabe <lb n="pmu_III.030"/> liegen, möglichst der ganzen Mannigfaltigkeit des poetischen Schaffens <lb n="pmu_III.031"/> gerecht zu werden. Wir werden also, ohne die tatsächlich bestehenden <lb n="pmu_III.032"/> Verschiedenheiten in das Prokrustesbett eines einzigen Prinzips zu pressen, <lb n="pmu_III.033"/> versuchen, gerade auch die <hi rendition="#g">Mannigfaltigkeit</hi> der poetischen <lb n="pmu_III.034"/> Formen und ihrer Wirkungen zu verstehen.</p> </div> </front> </text> </TEI> [RIII/0007]
pmu_III.001
Vorwort. pmu_III.002
Dies Büchlein möchte, soweit es im engen Rahmen möglich ist, ein pmu_III.003
psychologisches Verständnis für das Wesen der Dichtung und pmu_III.004
die Wirkung ihrer Stilformen erschließen.
pmu_III.005
Es unterscheidet sich dadurch von den meisten Werken über das gleiche pmu_III.006
Thema, daß es sich nicht mit einer Darstellung und Klassifizierung der pmu_III.007
poetischen Stilformen begnügen möchte, sondern vor allem nach Verständnis pmu_III.008
derjenigen psychologischen Ursachen trachtet, auf Grund pmu_III.009
deren sich die wichtigsten Formen der Dichtkunst, wie sie die Literaturgeschichte pmu_III.010
uns vorführt, gebildet, durchgesetzt und erhalten haben. Nachdem pmu_III.011
die spekulative Ästhetik, wie überall, so auch in ihrer Anwendung auf pmu_III.012
die Poesie Bankerott gemacht hatte, ist die historische Literaturwissenschaft pmu_III.013
darangegangen, mit außerordentlichem Fleiße eine ungeheure Fülle von pmu_III.014
Material zusammenzutragen und zu ordnen. Wir machen uns dankbar pmu_III.015
diese reiche Arbeit zunutze, und versuchen nun, die wichtigsten, dort pmu_III.016
beschriebenen Stilformen der Dichtung aus der Psychologie pmu_III.017
der Dichter wie aus der Psychologie des Publikums zu erklären, pmu_III.018
wobei natürlich die nichtpsychologischen Faktoren, die bei der pmu_III.019
Bildung jener Faktoren mitgewirkt haben, ebenfalls berücksichtigt wurden. pmu_III.020
Und zwar haben wir dafür die europäische Poesie, vor allem die deutsche pmu_III.021
in den Vordergrund gestellt, und nur gelegentlich greifen wir auf andre pmu_III.022
Literaturen wie die chinesische oder die Poesie primitiver Völker hinüber. pmu_III.023
Daß wir dabei bei der Betrachtung der Stilformen nur an die wichtigsten pmu_III.024
und verbreitetsten uns halten mußten, wird man aus der beabsichtigten pmu_III.025
Kürze der Darstellung erklärlich finden.
pmu_III.026
Da unsre Methode, wie gesagt, die psychologische ist, so konnte es nicht pmu_III.027
unsre Aufgabe sein, Normen aufzustellen und ein ästhetisches Gesetzbuch pmu_III.028
zu liefern. Jm Gegenteil, da wir nur ganz empirisch zu beschreiben und pmu_III.029
womöglich psychologisch zu erklären beabsichtigen, muß es in unsrer Aufgabe pmu_III.030
liegen, möglichst der ganzen Mannigfaltigkeit des poetischen Schaffens pmu_III.031
gerecht zu werden. Wir werden also, ohne die tatsächlich bestehenden pmu_III.032
Verschiedenheiten in das Prokrustesbett eines einzigen Prinzips zu pressen, pmu_III.033
versuchen, gerade auch die Mannigfaltigkeit der poetischen pmu_III.034
Formen und ihrer Wirkungen zu verstehen.
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