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Müller-Freienfels, Richard: Poetik. Leipzig u. a., 1914.

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die dadurch abgeleitet wird. Daher die alte Definition, daß der pmu_058.002
Humor ein Lächeln unter Tränen sei. Jn der Tat sind viele Humoristen pmu_058.003
im Grunde tief wehmütig gestimmt, und der Humor ist eine Waffe gegen pmu_058.004
die Schwermut, also auch eine Ablenkung. Besonders charakteristisch tritt pmu_058.005
das beim Galgenhumor hervor.

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Wir haben hier nur einige Hauptarten des Lachens gekennzeichnet. Es pmu_058.007
kann an dieser Stelle nicht auf Vollständigkeit ankommen. Jn den meisten pmu_058.008
Fällen fallen mehrere der Arten zusammen. So mischen sich in vielen pmu_058.009
Fällen Lachen des reinen Übermuts und Hohnlachen, oder Hohnlachen pmu_058.010
und Verblüffungslachen oder gar noch mehr als zwei Gattungen des pmu_058.011
Lachens. Die Analyse ist nicht immer ganz leicht, doch werden sich meistens pmu_058.012
die Fälle hierauf zurückführen lassen.

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Die Kunst des komischen Dichters liegt also nun darin, daß er jene pmu_058.014
leichten Unlustzustände hervorruft, die das Lachen als Abwehrreaktion bewirken. pmu_058.015
Er verblüfft und überrascht uns also, oder er versteht jene leise pmu_058.016
Wehmut zu erwecken, die das Lächeln hervorruft. Oder er zeigt uns pmu_058.017
Menschen und Geschehnisse, die unser überlegenes Lachen provozieren, pmu_058.018
indem er unser Selbstgefühl durch Vorzeigen fremder Dummheit oder pmu_058.019
fremden Ungeschicks steigert und so jene Reaktion hervorruft. Die Jronie pmu_058.020
ist meist eine Mischung von Verblüffung, die durch den sprachlichen pmu_058.021
Ausdruck bedingt ist, und von Überlegenheit. Die Satire weckt meist pmu_058.022
reines Hohnlachen, das durch Herabdrückung des Gegners hervorgerufen pmu_058.023
wird. Was eine solche physiologische Theorie des Lachens voraus hat vor pmu_058.024
andern, ist vor allem, daß sie das Lachen biologisch verständlich macht als pmu_058.025
eine Ablenkung, und daß sie damit auch das Lustgefühl erklärt, das eben pmu_058.026
durch jene Ablenkung bedingt wird. Nicht immer geht die Heiterkeit dem pmu_058.027
Lachen vorauf, es gibt auch Heiterkeit ohne Lachen, aber dadurch, daß wir pmu_058.028
lachen, verstärken wir noch jene Heiterkeit, und erst durch das Lachen pmu_058.029
geben wir ihr jene spezifische Färbung des Komischen, die eben der psychische pmu_058.030
Begleiter des Lachens ist. Gewiß kann man auch lustig sein bei pmu_058.031
unterdrücktem Lachen, aber dann sind doch nur die äußerlich sichtbaren pmu_058.032
Vorgänge unterdrückt. Tatsächlich entsteht das Gefühl des Komischen pmu_058.033
überall erst dort, wo irgendwie der motorische Mechanismus des Lachens pmu_058.034
oder Lächelns erregt wird.

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Es konnte natürlich nicht unsre Aufgabe sein, alle Stoffgebiete zu besprechen. pmu_058.036
Nur einige wenige haben wir hervorgehoben, und zwar solche pmu_058.037
vor allem, die auch stilbildend gewirkt haben. Denn wie wir bereits oben

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die dadurch abgeleitet wird. Daher die alte Definition, daß der pmu_058.002
Humor ein Lächeln unter Tränen sei. Jn der Tat sind viele Humoristen pmu_058.003
im Grunde tief wehmütig gestimmt, und der Humor ist eine Waffe gegen pmu_058.004
die Schwermut, also auch eine Ablenkung. Besonders charakteristisch tritt pmu_058.005
das beim Galgenhumor hervor.

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Wir haben hier nur einige Hauptarten des Lachens gekennzeichnet. Es pmu_058.007
kann an dieser Stelle nicht auf Vollständigkeit ankommen. Jn den meisten pmu_058.008
Fällen fallen mehrere der Arten zusammen. So mischen sich in vielen pmu_058.009
Fällen Lachen des reinen Übermuts und Hohnlachen, oder Hohnlachen pmu_058.010
und Verblüffungslachen oder gar noch mehr als zwei Gattungen des pmu_058.011
Lachens. Die Analyse ist nicht immer ganz leicht, doch werden sich meistens pmu_058.012
die Fälle hierauf zurückführen lassen.

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Die Kunst des komischen Dichters liegt also nun darin, daß er jene pmu_058.014
leichten Unlustzustände hervorruft, die das Lachen als Abwehrreaktion bewirken. pmu_058.015
Er verblüfft und überrascht uns also, oder er versteht jene leise pmu_058.016
Wehmut zu erwecken, die das Lächeln hervorruft. Oder er zeigt uns pmu_058.017
Menschen und Geschehnisse, die unser überlegenes Lachen provozieren, pmu_058.018
indem er unser Selbstgefühl durch Vorzeigen fremder Dummheit oder pmu_058.019
fremden Ungeschicks steigert und so jene Reaktion hervorruft. Die Jronie pmu_058.020
ist meist eine Mischung von Verblüffung, die durch den sprachlichen pmu_058.021
Ausdruck bedingt ist, und von Überlegenheit. Die Satire weckt meist pmu_058.022
reines Hohnlachen, das durch Herabdrückung des Gegners hervorgerufen pmu_058.023
wird. Was eine solche physiologische Theorie des Lachens voraus hat vor pmu_058.024
andern, ist vor allem, daß sie das Lachen biologisch verständlich macht als pmu_058.025
eine Ablenkung, und daß sie damit auch das Lustgefühl erklärt, das eben pmu_058.026
durch jene Ablenkung bedingt wird. Nicht immer geht die Heiterkeit dem pmu_058.027
Lachen vorauf, es gibt auch Heiterkeit ohne Lachen, aber dadurch, daß wir pmu_058.028
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Begleiter des Lachens ist. Gewiß kann man auch lustig sein bei pmu_058.031
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Vorgänge unterdrückt. Tatsächlich entsteht das Gefühl des Komischen pmu_058.033
überall erst dort, wo irgendwie der motorische Mechanismus des Lachens pmu_058.034
oder Lächelns erregt wird.

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Es konnte natürlich nicht unsre Aufgabe sein, alle Stoffgebiete zu besprechen. pmu_058.036
Nur einige wenige haben wir hervorgehoben, und zwar solche pmu_058.037
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Zitationshilfe: Müller-Freienfels, Richard: Poetik. Leipzig u. a., 1914, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_poetik_1914/68>, abgerufen am 24.11.2024.