Müller-Freienfels, Richard: Poetik. Leipzig u. a., 1914.pmu_014.001 nenne alle diese Eigentümlichkeiten zusammen den Sprachstil. 3. Dabei ist jedoch zu bemerken, daß alle diese Gruppen von Stilmitteln pmu_014.028 pmu_014.001 nenne alle diese Eigentümlichkeiten zusammen den Sprachstil. 3. Dabei ist jedoch zu bemerken, daß alle diese Gruppen von Stilmitteln pmu_014.028 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0024" n="14"/><lb n="pmu_014.001"/> lassen. Erstens die <hi rendition="#g">Persönlichkeit des Dichters,</hi> die sich überall geltend <lb n="pmu_014.002"/> macht. Und zwar kommen sowohl seine intellektuellen Eigenschaften, <lb n="pmu_014.003"/> wie sein Charakter, sein Temperament, seine Bildung und vieles andre <lb n="pmu_014.004"/> in Frage. Jch nenne die Stileigenschaften, die aus dieser Quelle stammen, <lb n="pmu_014.005"/> den <hi rendition="#g">persönlichen oder auch den Dichterstil.</hi> Zweitens kommen <lb n="pmu_014.006"/> alle jene Stilqualitäten in Betracht, die auf die Eigenart des gewählten <lb n="pmu_014.007"/> <hi rendition="#g">Gegenstandes</hi> zurückzuführen sind. Denn jeder Gegenstand, ist er einmal <lb n="pmu_014.008"/> gewählt, bringt ganz bestimmte Bedingungen für seine Gestaltung <lb n="pmu_014.009"/> mit sich. Ein heroischer Stoff will anders behandelt sein als ein komischer. <lb n="pmu_014.010"/> Jch nenne die im Gegenstande liegenden Stilmomente den <hi rendition="#g">Gegenstandsstil.</hi> <lb n="pmu_014.011"/> Drittens kommt die Art der <hi rendition="#g">Darbietung</hi> in Betracht, die <lb n="pmu_014.012"/> ebenfalls ganz bestimmte Formen erfordert. Wir werden sehen, daß es <lb n="pmu_014.013"/> außerordentlich wichtig ist, für welche Art der Darbietung der Autor sein <lb n="pmu_014.014"/> Werk bestimmt. Es macht einen sehr großen Unterschied, ob ein Werk für <lb n="pmu_014.015"/> das Lesen im Buch, für den öffentlichen Vortrag oder für die szenische <lb n="pmu_014.016"/> Darstellung gedacht ist. Jch nenne alle aus dieser Quelle herrührenden <lb n="pmu_014.017"/> Stilmomente den <hi rendition="#g">Darstellungsstil.</hi> Viertens aber ist, wie in allen andern <lb n="pmu_014.018"/> Künsten, so auch in der Dichtung, das <hi rendition="#g">Material</hi> außerordentlich <lb n="pmu_014.019"/> wichtig. Dieses ist in der Poesie die Sprache, sowohl als phonetisches wie <lb n="pmu_014.020"/> als bedeutungtragendes Phänomen. Jede Sprache ermöglicht gewisse <lb n="pmu_014.021"/> Formen und schließt andre aus. Es wäre unmöglich, im Französischen <lb n="pmu_014.022"/> oder Deutschen die quantitierende Prosodie der Griechen und Römer nachzubilden, <lb n="pmu_014.023"/> obwohl es in der Renaissancezeit versucht wurde. <anchor xml:id="mu001"/> Ebenso gehören <lb n="pmu_014.024"/> zu den durch die Sprache bedingten Formen alle jene Möglichkeiten <lb n="pmu_014.025"/> der Bedeutungsdifferenzierung wie Metapher, Hyperbel usw. <anchor xml:id="mu002"/> <note targetEnd="#mu002" type="metapher" ana="#m1-0-1-1" target="#mu001"> Hier evtl. sprachimmanentes Verständnis, da Metapher explizit als Teil des Sprachstils definiert wird? </note> Jch <lb n="pmu_014.026"/> nenne alle diese Eigentümlichkeiten zusammen den <hi rendition="#g">Sprachstil.</hi></p> <lb n="pmu_014.027"/> </div> <div n="3"> <p> 3. Dabei ist jedoch zu bemerken, daß alle diese Gruppen von Stilmitteln <lb n="pmu_014.028"/> nach gleicher Richtung orientiert sind, nämlich auf die beabsichtigte <lb n="pmu_014.029"/> <hi rendition="#g">Wirkung.</hi> Man darf darin nichts Verächtliches sehen, wie es oft geschehen <lb n="pmu_014.030"/> ist, indem man an eine unkünstlerische Wirkung denkt. Diese kann <lb n="pmu_014.031"/> eintreten dadurch, daß der Autor Kompromisse eingeht mit einem geistig <lb n="pmu_014.032"/> minderwertigen Publikum, indem er den Jnstinkten der niederen Masse <lb n="pmu_014.033"/> schmeichelt oder sich eitlen Moden beugt. Daran braucht man nicht zu <lb n="pmu_014.034"/> denken. Aber es gibt auch ein Jnrechnungsetzen der Wirkung, das im höchsten <lb n="pmu_014.035"/> Grade künstlerisch ist, ja das völlig unerläßlich ist. Denn nur sehr naive <lb n="pmu_014.036"/> Menschen glauben, daß die großen Dichter sängen, wie der Vogel <lb n="pmu_014.037"/> singt. Wir wissen aus allen Biographien, wie sie stets die Mitteilung und <lb n="pmu_014.038"/> Wirkung auf ein Publikum bedacht haben, ein Publikum, das allerdings </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0024]
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lassen. Erstens die Persönlichkeit des Dichters, die sich überall geltend pmu_014.002
macht. Und zwar kommen sowohl seine intellektuellen Eigenschaften, pmu_014.003
wie sein Charakter, sein Temperament, seine Bildung und vieles andre pmu_014.004
in Frage. Jch nenne die Stileigenschaften, die aus dieser Quelle stammen, pmu_014.005
den persönlichen oder auch den Dichterstil. Zweitens kommen pmu_014.006
alle jene Stilqualitäten in Betracht, die auf die Eigenart des gewählten pmu_014.007
Gegenstandes zurückzuführen sind. Denn jeder Gegenstand, ist er einmal pmu_014.008
gewählt, bringt ganz bestimmte Bedingungen für seine Gestaltung pmu_014.009
mit sich. Ein heroischer Stoff will anders behandelt sein als ein komischer. pmu_014.010
Jch nenne die im Gegenstande liegenden Stilmomente den Gegenstandsstil. pmu_014.011
Drittens kommt die Art der Darbietung in Betracht, die pmu_014.012
ebenfalls ganz bestimmte Formen erfordert. Wir werden sehen, daß es pmu_014.013
außerordentlich wichtig ist, für welche Art der Darbietung der Autor sein pmu_014.014
Werk bestimmt. Es macht einen sehr großen Unterschied, ob ein Werk für pmu_014.015
das Lesen im Buch, für den öffentlichen Vortrag oder für die szenische pmu_014.016
Darstellung gedacht ist. Jch nenne alle aus dieser Quelle herrührenden pmu_014.017
Stilmomente den Darstellungsstil. Viertens aber ist, wie in allen andern pmu_014.018
Künsten, so auch in der Dichtung, das Material außerordentlich pmu_014.019
wichtig. Dieses ist in der Poesie die Sprache, sowohl als phonetisches wie pmu_014.020
als bedeutungtragendes Phänomen. Jede Sprache ermöglicht gewisse pmu_014.021
Formen und schließt andre aus. Es wäre unmöglich, im Französischen pmu_014.022
oder Deutschen die quantitierende Prosodie der Griechen und Römer nachzubilden, pmu_014.023
obwohl es in der Renaissancezeit versucht wurde. Ebenso gehören pmu_014.024
zu den durch die Sprache bedingten Formen alle jene Möglichkeiten pmu_014.025
der Bedeutungsdifferenzierung wie Metapher, Hyperbel usw. Hier evtl. sprachimmanentes Verständnis, da Metapher explizit als Teil des Sprachstils definiert wird? Jch pmu_014.026
nenne alle diese Eigentümlichkeiten zusammen den Sprachstil.
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3. Dabei ist jedoch zu bemerken, daß alle diese Gruppen von Stilmitteln pmu_014.028
nach gleicher Richtung orientiert sind, nämlich auf die beabsichtigte pmu_014.029
Wirkung. Man darf darin nichts Verächtliches sehen, wie es oft geschehen pmu_014.030
ist, indem man an eine unkünstlerische Wirkung denkt. Diese kann pmu_014.031
eintreten dadurch, daß der Autor Kompromisse eingeht mit einem geistig pmu_014.032
minderwertigen Publikum, indem er den Jnstinkten der niederen Masse pmu_014.033
schmeichelt oder sich eitlen Moden beugt. Daran braucht man nicht zu pmu_014.034
denken. Aber es gibt auch ein Jnrechnungsetzen der Wirkung, das im höchsten pmu_014.035
Grade künstlerisch ist, ja das völlig unerläßlich ist. Denn nur sehr naive pmu_014.036
Menschen glauben, daß die großen Dichter sängen, wie der Vogel pmu_014.037
singt. Wir wissen aus allen Biographien, wie sie stets die Mitteilung und pmu_014.038
Wirkung auf ein Publikum bedacht haben, ein Publikum, das allerdings
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