Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.

Bild:
<< vorherige Seite

entgegen/ und resolvirten sich zuletzt ihr Le-
ben lieber dabey zu zusetzen/ als das gering-
ste von ihren vorigen Gewohnheiten zu ver-
geben.

§. 11. Der Anfang wurde gemacht Anno
1712. bey Samaroff, woselbst sie ihren Fisch-
Götzen, den sie/ wie erwehnt Starick Obskoi
nannten, vor dißmahl siehen hatten/ das
Volck war zu allen Beredungen taub, und
wolte von keiner Veränderung, vielweniger
von der Abschaffung ihres uhralten Götzens/
der ihnen und ihren Vätern die Menge der
Fische verschafft/ den sie auch mit schimpfli-
chen und heßlichen Tractamenten zu ihrem
Willen bringen konten/ wissen, vielmehr
verbunden sie sich mit Gewalt und Aufsetzung
ihres Lebens ihn beyzubehalten. Gleichwie
aber das menschliche Gemüth denen Verneu-
erungen nicht so gar abhold/ so fiengen sie all-
gemächlich an in ihren Neigungen zweiffelhafft
zu werden, und aufmercksamer die Vermah-
nungen anzuhören. Dahero sie es denn end-
lich geschehen liessen/ daß ihr Götze dem Feuer
geopffert und verbrandt wurde.

§. 12. Damit sie aber auch dis Ungeheu-
er nicht so platterdinges quittirten/ sondern
von ihm gleichwol ein Andencken behielten,
machten einige unter ihnen ein falsches Ge-
schrey ruchtbar/ als hätten sie vermerckt/ daß

ein
E 4

entgegen/ und reſolvirten ſich zuletzt ihr Le-
ben lieber dabey zu zuſetzen/ als das gering-
ſte von ihren vorigen Gewohnheiten zu ver-
geben.

§. 11. Der Anfang wurde gemacht Anno
1712. bey Samaroff, woſelbſt ſie ihren Fiſch-
Goͤtzen, den ſie/ wie erwehnt Starick Obskoi
nannten, vor dißmahl ſiehen hatten/ das
Volck war zu allen Beredungen taub, und
wolte von keiner Veraͤnderung, vielweniger
von der Abſchaffung ihres uhralten Goͤtzens/
der ihnen und ihren Vaͤtern die Menge der
Fiſche verſchafft/ den ſie auch mit ſchimpfli-
chen und heßlichen Tractamenten zu ihrem
Willen bringen konten/ wiſſen, vielmehr
verbunden ſie ſich mit Gewalt und Aufſetzung
ihres Lebens ihn beyzubehalten. Gleichwie
aber das menſchliche Gemuͤth denen Verneu-
erungen nicht ſo gar abhold/ ſo fiengen ſie all-
gemaͤchlich an in ihren Neigungen zweiffelhafft
zu werden, und aufmerckſamer die Vermah-
nungen anzuhoͤren. Dahero ſie es denn end-
lich geſchehen lieſſen/ daß ihr Goͤtze dem Feuer
geopffert und verbrandt wurde.

§. 12. Damit ſie aber auch dis Ungeheu-
er nicht ſo platterdinges quittirten/ ſondern
von ihm gleichwol ein Andencken behielten,
machten einige unter ihnen ein falſches Ge-
ſchrey ruchtbar/ als haͤtten ſie vermerckt/ daß

ein
E 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0087" n="71"/>
entgegen/ und <hi rendition="#aq">re&#x017F;olvirt</hi>en &#x017F;ich zuletzt ihr Le-<lb/>
ben lieber dabey zu zu&#x017F;etzen/ als das gering-<lb/>
&#x017F;te von ihren vorigen Gewohnheiten zu ver-<lb/>
geben.</p><lb/>
        <p>§. 11. Der Anfang wurde gemacht <hi rendition="#aq">Anno</hi><lb/>
1712. bey <hi rendition="#aq">Samaroff,</hi> wo&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ie ihren Fi&#x017F;ch-<lb/>
Go&#x0364;tzen, den &#x017F;ie/ wie erwehnt <hi rendition="#aq">Starick Obskoi</hi><lb/>
nannten, vor dißmahl &#x017F;iehen hatten/ das<lb/>
Volck war zu allen Beredungen taub, und<lb/>
wolte von keiner Vera&#x0364;nderung, vielweniger<lb/>
von der Ab&#x017F;chaffung ihres uhralten Go&#x0364;tzens/<lb/>
der ihnen und ihren Va&#x0364;tern die Menge der<lb/>
Fi&#x017F;che ver&#x017F;chafft/ den &#x017F;ie auch mit &#x017F;chimpfli-<lb/>
chen und heßlichen <hi rendition="#aq">Tractamenten</hi> zu ihrem<lb/>
Willen bringen konten/ wi&#x017F;&#x017F;en, vielmehr<lb/>
verbunden &#x017F;ie &#x017F;ich mit Gewalt und Auf&#x017F;etzung<lb/>
ihres Lebens ihn beyzubehalten. Gleichwie<lb/>
aber das men&#x017F;chliche Gemu&#x0364;th denen Verneu-<lb/>
erungen nicht &#x017F;o gar abhold/ &#x017F;o fiengen &#x017F;ie all-<lb/>
gema&#x0364;chlich an in ihren Neigungen zweiffelhafft<lb/>
zu werden, und aufmerck&#x017F;amer die Vermah-<lb/>
nungen anzuho&#x0364;ren. Dahero &#x017F;ie es denn end-<lb/>
lich ge&#x017F;chehen lie&#x017F;&#x017F;en/ daß ihr Go&#x0364;tze dem Feuer<lb/>
geopffert und verbrandt wurde.</p><lb/>
        <p>§. 12. Damit &#x017F;ie aber auch dis Ungeheu-<lb/>
er nicht &#x017F;o platterdinges <hi rendition="#aq">quittir</hi>ten/ &#x017F;ondern<lb/>
von ihm gleichwol ein Andencken behielten,<lb/>
machten einige unter ihnen ein fal&#x017F;ches Ge-<lb/>
&#x017F;chrey ruchtbar/ als ha&#x0364;tten &#x017F;ie vermerckt/ daß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0087] entgegen/ und reſolvirten ſich zuletzt ihr Le- ben lieber dabey zu zuſetzen/ als das gering- ſte von ihren vorigen Gewohnheiten zu ver- geben. §. 11. Der Anfang wurde gemacht Anno 1712. bey Samaroff, woſelbſt ſie ihren Fiſch- Goͤtzen, den ſie/ wie erwehnt Starick Obskoi nannten, vor dißmahl ſiehen hatten/ das Volck war zu allen Beredungen taub, und wolte von keiner Veraͤnderung, vielweniger von der Abſchaffung ihres uhralten Goͤtzens/ der ihnen und ihren Vaͤtern die Menge der Fiſche verſchafft/ den ſie auch mit ſchimpfli- chen und heßlichen Tractamenten zu ihrem Willen bringen konten/ wiſſen, vielmehr verbunden ſie ſich mit Gewalt und Aufſetzung ihres Lebens ihn beyzubehalten. Gleichwie aber das menſchliche Gemuͤth denen Verneu- erungen nicht ſo gar abhold/ ſo fiengen ſie all- gemaͤchlich an in ihren Neigungen zweiffelhafft zu werden, und aufmerckſamer die Vermah- nungen anzuhoͤren. Dahero ſie es denn end- lich geſchehen lieſſen/ daß ihr Goͤtze dem Feuer geopffert und verbrandt wurde. §. 12. Damit ſie aber auch dis Ungeheu- er nicht ſo platterdinges quittirten/ ſondern von ihm gleichwol ein Andencken behielten, machten einige unter ihnen ein falſches Ge- ſchrey ruchtbar/ als haͤtten ſie vermerckt/ daß ein E 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die vorliegende Ausgabe ist die erste eigenständi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/87
Zitationshilfe: Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/87>, abgerufen am 27.11.2024.