Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.dencklichen Jahren auch unerforschliche Weiß- §. 11. Zudem ist des Menschen Neigung er
dencklichen Jahren auch unerforſchliche Weiß- §. 11. Zudem iſt des Menſchen Neigung er
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dencklichen Jahren auch unerforſchliche Weiß-
heit geſchoͤpffet/ und muͤſſe alſo was unſterbli-
ches bey ihnen ſeyn/ je weniger man von ihrer
Verweſung in ſo verjahrter Zeit vernommen.
Denen Kindern wurden auch dieſe zum aller-
meiſten von ihren Eltern angeprieſen/ geſtalt
ſie von der Furcht und Liebe zu ihrem Schoͤpffer/
als rude Voͤlcker wenig wuſten, und das Licht
der Natur ſolches denen Klugen und Nachfor-
ſchenden im Heydenthum nur entdecket/ wes-
falls die Philoſophi durch tieffes Nachſinnen
erſt ergruͤndeten/ daß der Schoͤpffer von der
Creatur aus Danckbarkeit zu lieben und zu
fuͤrchten ſey/ wie dann ſothane Liebe in der Na-
tur gegruͤndet, und in der Schoͤpffung dem
Menſchen einpflantzt worden; Welcher geſtalt
aber/ daß die Pflicht und der Dienſt muͤſſe ein-
gerichtet ſeyn, koͤnte ihnen die verarmete Ver-
nunfft nicht anweiſen/ denn jemehr man ſelbige
zum Geiſtlichen fuͤhret/ je blinder und tunckler
ſie anzutreffen iſt/ die Affecten aber ſcheinen zu
der Erkaͤnntniß und Nachforſchung im Geiſtli-
chen gar gefeſſelt zu ſeyn, ſolchergeſtalt/ daß ſie
mit aller Macht zu ſolcher Betrachtung anzu-
treiben/ und der Menſch von ihm ſelbſten die
Widerſtrebung abzuhalten nicht faͤhig ſey.
§. 11. Zudem iſt des Menſchen Neigung
ſo abgeſchmackt/ daß er zur Zeit der Gefahr/
oder obhandenen Schadens/ nicht eben zu den
bewehrten Mitteln, ſondern auch zu dem ge-
ringſten Lebloſen, natuͤrlicher Weiſe lauffe, dem
er
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Zitationshilfe: | Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/66>, abgerufen am 16.07.2024. |