Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.wo sie ihre Hütten aufschlagen, so bleibt sie in §. 20. Daß sie zum Waffen und Kriege zu ben
wo ſie ihre Huͤtten aufſchlagen, ſo bleibt ſie in §. 20. Daß ſie zum Waffen und Kriege zu ben
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056" n="40"/> wo ſie ihre Huͤtten aufſchlagen, ſo bleibt ſie in<lb/> einer beſondern, und darff weder der Mann/<lb/> noch irgend ein Fremder/ auſſer ein altes Weib/<lb/> das ihr die Handreichung thut/ zu ſie gehen,<lb/> biß 4. <hi rendition="#aq">a</hi> 5. Wochen vollbracht, ſo wird ein lan-<lb/> ges Feuer in der Mitten der Huͤtten gemacht/<lb/> daruͤber die Kindbetterin dreymahl ſpringt/<lb/> durch welche Spruͤnge ſie gereiniget zu ſeyn ih-<lb/> nen einbilden/ nach ſolchen <hi rendition="#aq">Ceremonien</hi> begiebt<lb/> ſie ſich wieder zum Manne, der ſie nebſt dem<lb/> Kinde wieder aufnimmt/ oder auch nach ſeinem<lb/> Belieben verſtoͤſt. Es koͤnnen dieſe Leute un-<lb/> gemein die Kaͤlte vertragen, und iſt es zu ver-<lb/> wundern, daß ſie in dem kalten Fruͤhjahr und<lb/> Herbſt, wie wohl der Sommer wegen des ſte-<lb/> tig wehenden Nord-Windes, herbe und froſtig/<lb/> mit der elenden Bekleidung von Fiſch-Haͤuten<lb/> ſich behelffen koͤnnen.</p><lb/> <p>§. 20. Daß ſie zum Waffen und Kriege zu<lb/> fuͤhren in denen vorigen Zeiten nicht muͤſſen un-<lb/> geſchickt geweſen ſeyn/ iſt leicht aus ihrer wilden<lb/> Lebens-Art abzumeſſen. Von Jugend auf ge-<lb/> woͤhnen ſie ſich zu den muͤhſamſten <hi rendition="#aq">Travaillen,</hi><lb/> und ihre gantze Ubung beſtehet in Bogen ſchieſ-<lb/> ſen und wilde Thiere zu faͤllen. Es finden ſich<lb/> auch hin und wieder einige <hi rendition="#aq">marquen</hi> ihrer vori-<lb/> gen <hi rendition="#aq">bravoure</hi>; Denn die Einwohner von <hi rendition="#aq">Bereſo-<lb/> va</hi> ihre Stadt mit <hi rendition="#aq">Palliſaden</hi> vor ihren Anfaͤllen<lb/> vor Zeiten haben umgeben muͤſſen/ und erzehlet<lb/> man, daß ſie oͤffters ihre abgenommene <hi rendition="#aq">Poſſes-<lb/> ſion</hi> durch einige muhtiche Unterwindungen ha-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ben</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [40/0056]
wo ſie ihre Huͤtten aufſchlagen, ſo bleibt ſie in
einer beſondern, und darff weder der Mann/
noch irgend ein Fremder/ auſſer ein altes Weib/
das ihr die Handreichung thut/ zu ſie gehen,
biß 4. a 5. Wochen vollbracht, ſo wird ein lan-
ges Feuer in der Mitten der Huͤtten gemacht/
daruͤber die Kindbetterin dreymahl ſpringt/
durch welche Spruͤnge ſie gereiniget zu ſeyn ih-
nen einbilden/ nach ſolchen Ceremonien begiebt
ſie ſich wieder zum Manne, der ſie nebſt dem
Kinde wieder aufnimmt/ oder auch nach ſeinem
Belieben verſtoͤſt. Es koͤnnen dieſe Leute un-
gemein die Kaͤlte vertragen, und iſt es zu ver-
wundern, daß ſie in dem kalten Fruͤhjahr und
Herbſt, wie wohl der Sommer wegen des ſte-
tig wehenden Nord-Windes, herbe und froſtig/
mit der elenden Bekleidung von Fiſch-Haͤuten
ſich behelffen koͤnnen.
§. 20. Daß ſie zum Waffen und Kriege zu
fuͤhren in denen vorigen Zeiten nicht muͤſſen un-
geſchickt geweſen ſeyn/ iſt leicht aus ihrer wilden
Lebens-Art abzumeſſen. Von Jugend auf ge-
woͤhnen ſie ſich zu den muͤhſamſten Travaillen,
und ihre gantze Ubung beſtehet in Bogen ſchieſ-
ſen und wilde Thiere zu faͤllen. Es finden ſich
auch hin und wieder einige marquen ihrer vori-
gen bravoure; Denn die Einwohner von Bereſo-
va ihre Stadt mit Palliſaden vor ihren Anfaͤllen
vor Zeiten haben umgeben muͤſſen/ und erzehlet
man, daß ſie oͤffters ihre abgenommene Poſſes-
ſion durch einige muhtiche Unterwindungen ha-
ben
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Zitationshilfe: | Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/56>, abgerufen am 17.02.2025. |