Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.

Bild:
<< vorherige Seite

Theil der Einwohner Siberiens. Seine Ufer
umgiebt mehrentheils ein dicker Wald/ und fin-
det man selten eine Fläche/ er macht hin und wie-
der eine ziemliche Anzahl kleiner Insuln, die we-
der bebauet noch bewohnet sind. Zuforderst
fliesset er in einen Golfo, den die Russen Guba-
tassavskoja
nennen

§. 15. Diese Guba ist eine Zusammenstos-
sung vieler Flüsse/ welches Wort im Sclavoni-
schen eigentlich diese Bedeutung hat. Und fließt
nicht allein darin die Obi, sondern auch die
Teusse, Nadim, Pu[r] und Tass. Sie ist über-
aus groß, und wie man davor hält/ wol einige
100. Meilen lang, und wol 20. Meilen/ wie
wol an allen Orten nicht gleich/ breit. Die
grosse Kälte läst nicht zu/ daß im Sommer die
Eyßschollen schmeltzen/ sondern sie fliessen auf
dem Wasser. Selbige verursachen auch, daß
man mit Fahrzeugen nicht wohl auf der Guba
fahren könne/ zumahlen das Eyß sich an die so
genannten Strussen ziehet/ und wenn man be-
mühet ist die Schollen mit langen Stangen ab-
zustossen/ so ziehen sich andere an der andern
Seite so fest wieder an, daß es fast unmüglich
scheinet weiter fortzugehen/ zu dem ist der
Grund dieser See überall leimicht und mora-
stig/ und wenn die Arbeiter mit langen Stan-
gen/ wo sie Grund finden/ das Fahrzeug fort-
stossen/ so hält der zähe Leim die Stangen im
Ausziehen so fest/ daß es eben so weit zurücke
gehet/ als es durch das von sich stossen ist avan-

cirt

Theil der Einwohner Siberiens. Seine Ufer
umgiebt mehrentheils ein dicker Wald/ und fin-
det man ſelten eine Flaͤche/ er macht hin und wie-
der eine ziemliche Anzahl kleiner Inſuln, die we-
der bebauet noch bewohnet ſind. Zuforderſt
flieſſet er in einen Golfo, den die Ruſſen Guba-
taſſavskoja
nennen

§. 15. Dieſe Guba iſt eine Zuſammenſtoſ-
ſung vieler Fluͤſſe/ welches Wort im Sclavoni-
ſchen eigentlich dieſe Bedeutung hat. Und fließt
nicht allein darin die Obi, ſondern auch die
Teuſſe, Nadim, Pu[r] und Taſſ. Sie iſt uͤber-
aus groß, und wie man davor haͤlt/ wol einige
100. Meilen lang, und wol 20. Meilen/ wie
wol an allen Orten nicht gleich/ breit. Die
groſſe Kaͤlte laͤſt nicht zu/ daß im Sommer die
Eyßſchollen ſchmeltzen/ ſondern ſie flieſſen auf
dem Waſſer. Selbige verurſachen auch, daß
man mit Fahrzeugen nicht wohl auf der Guba
fahren koͤnne/ zumahlen das Eyß ſich an die ſo
genannten Struſſen ziehet/ und wenn man be-
muͤhet iſt die Schollen mit langen Stangen ab-
zuſtoſſen/ ſo ziehen ſich andere an der andern
Seite ſo feſt wieder an, daß es faſt unmuͤglich
ſcheinet weiter fortzugehen/ zu dem iſt der
Grund dieſer See uͤberall leimicht und mora-
ſtig/ und wenn die Arbeiter mit langen Stan-
gen/ wo ſie Grund finden/ das Fahrzeug fort-
ſtoſſen/ ſo haͤlt der zaͤhe Leim die Stangen im
Ausziehen ſo feſt/ daß es eben ſo weit zuruͤcke
gehet/ als es durch das von ſich ſtoſſen iſt avan-

cirt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0030" n="14"/>
Theil der Einwohner <hi rendition="#aq">Siberiens.</hi> Seine Ufer<lb/>
umgiebt mehrentheils ein dicker Wald/ und fin-<lb/>
det man &#x017F;elten eine Fla&#x0364;che/ er macht hin und wie-<lb/>
der eine ziemliche Anzahl kleiner <hi rendition="#aq">In&#x017F;uln,</hi> die we-<lb/>
der bebauet noch bewohnet &#x017F;ind. Zuforder&#x017F;t<lb/>
flie&#x017F;&#x017F;et er in einen <hi rendition="#aq">Golfo,</hi> den die Ru&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Guba-<lb/>
ta&#x017F;&#x017F;avskoja</hi> nennen</p><lb/>
        <p>§. 15. Die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Guba</hi> i&#x017F;t eine Zu&#x017F;ammen&#x017F;to&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung vieler Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ welches Wort im <hi rendition="#aq">Sclavoni-</hi><lb/>
&#x017F;chen eigentlich die&#x017F;e Bedeutung hat. Und fließt<lb/>
nicht allein darin die <hi rendition="#aq">Obi,</hi> &#x017F;ondern auch die<lb/><hi rendition="#aq">Teu&#x017F;&#x017F;e, Nadim, Pu<supplied>r</supplied></hi> und <hi rendition="#aq">Ta&#x017F;&#x017F;.</hi> Sie i&#x017F;t u&#x0364;ber-<lb/>
aus groß, und wie man davor ha&#x0364;lt/ wol einige<lb/>
100. Meilen lang, und wol 20. Meilen/ wie<lb/>
wol an allen Orten nicht gleich/ breit. Die<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Ka&#x0364;lte la&#x0364;&#x017F;t nicht zu/ daß im Sommer die<lb/>
Eyß&#x017F;chollen &#x017F;chmeltzen/ &#x017F;ondern &#x017F;ie flie&#x017F;&#x017F;en auf<lb/>
dem Wa&#x017F;&#x017F;er. Selbige verur&#x017F;achen auch, daß<lb/>
man mit Fahrzeugen nicht wohl auf der <hi rendition="#aq">Guba</hi><lb/>
fahren ko&#x0364;nne/ zumahlen das Eyß &#x017F;ich an die &#x017F;o<lb/>
genannten Stru&#x017F;&#x017F;en ziehet/ und wenn man be-<lb/>
mu&#x0364;het i&#x017F;t die Schollen mit langen Stangen ab-<lb/>
zu&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o ziehen &#x017F;ich andere an der andern<lb/>
Seite &#x017F;o fe&#x017F;t wieder an, daß es fa&#x017F;t unmu&#x0364;glich<lb/>
&#x017F;cheinet weiter fortzugehen/ zu dem i&#x017F;t der<lb/>
Grund die&#x017F;er See u&#x0364;berall leimicht und mora-<lb/>
&#x017F;tig/ und wenn die Arbeiter mit langen Stan-<lb/>
gen/ wo &#x017F;ie Grund finden/ das Fahrzeug fort-<lb/>
&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o ha&#x0364;lt der za&#x0364;he Leim die Stangen im<lb/>
Ausziehen &#x017F;o fe&#x017F;t/ daß es eben &#x017F;o weit zuru&#x0364;cke<lb/>
gehet/ als es durch das von &#x017F;ich &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t <hi rendition="#aq">avan-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">cirt</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0030] Theil der Einwohner Siberiens. Seine Ufer umgiebt mehrentheils ein dicker Wald/ und fin- det man ſelten eine Flaͤche/ er macht hin und wie- der eine ziemliche Anzahl kleiner Inſuln, die we- der bebauet noch bewohnet ſind. Zuforderſt flieſſet er in einen Golfo, den die Ruſſen Guba- taſſavskoja nennen §. 15. Dieſe Guba iſt eine Zuſammenſtoſ- ſung vieler Fluͤſſe/ welches Wort im Sclavoni- ſchen eigentlich dieſe Bedeutung hat. Und fließt nicht allein darin die Obi, ſondern auch die Teuſſe, Nadim, Pur und Taſſ. Sie iſt uͤber- aus groß, und wie man davor haͤlt/ wol einige 100. Meilen lang, und wol 20. Meilen/ wie wol an allen Orten nicht gleich/ breit. Die groſſe Kaͤlte laͤſt nicht zu/ daß im Sommer die Eyßſchollen ſchmeltzen/ ſondern ſie flieſſen auf dem Waſſer. Selbige verurſachen auch, daß man mit Fahrzeugen nicht wohl auf der Guba fahren koͤnne/ zumahlen das Eyß ſich an die ſo genannten Struſſen ziehet/ und wenn man be- muͤhet iſt die Schollen mit langen Stangen ab- zuſtoſſen/ ſo ziehen ſich andere an der andern Seite ſo feſt wieder an, daß es faſt unmuͤglich ſcheinet weiter fortzugehen/ zu dem iſt der Grund dieſer See uͤberall leimicht und mora- ſtig/ und wenn die Arbeiter mit langen Stan- gen/ wo ſie Grund finden/ das Fahrzeug fort- ſtoſſen/ ſo haͤlt der zaͤhe Leim die Stangen im Ausziehen ſo feſt/ daß es eben ſo weit zuruͤcke gehet/ als es durch das von ſich ſtoſſen iſt avan- cirt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die vorliegende Ausgabe ist die erste eigenständi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/30
Zitationshilfe: Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/30>, abgerufen am 24.11.2024.