Phallen bei den erzeugenden Gottheiten. Hierdurch ent- stand die Herme, welche sehr lange Zeit das Haupt- werk der Sculptur in Stein blieb.
So bildete sich die Erzsäule des Amykläischen Apoll mit be- helmten Kopf und bewaffneten Händen, der Dionusos Phallen auf Lesbos (Paus. x, 19. Euseb. Praep. Ev. v, 36. Lobeck de thriis Delph. i. p. 4.), besonders die tetragonos ergasia der Hermen. Die tetrag. erg. war wohl, wie der Hermes- dienst, in Arkadien zu Hause (Paus. viii, 31, 4. 39, 4. 48, 4. perissos gar de ti to skhemati touto phainontai moi khairein oi Arkades), aber wurde zeitig von den verwandten Athenern cultivirt (Thuk. vi, 27.), von wo Pausan. (i, 24. iv, 33.) die viereckten Hermen ableitet. 'Ermoglupheia in Athen das Quartier der Steinarbeiter (lithoxooi Lukians Traum 7). Der Kopf keilbärtig (sphenopogon, Artemidor ii, 37.); statt der Arme (akoloi, trunci) höchstens Vorsprünge zum Kranzaufhängen (z. V. Antich. di Ercol. T. iii. t. 36, 2), der Phallus darf nicht fehlen (die 'Ermokopidai periekopsan, vgl. besonders Ari- stoph. Lysistr. 1093), öfter ein Mantel umher (Paus. viii, 39, 4. Diogen. L. v, 82.). Sie stehen auf den Straßen, an Kreuzwe- gen (Prokleides 'Ermes trikephalos zu Ankyle von Aristoph. triphales genannt, Philochoros p. 45. Siebelis; der tetrakepha- los von Telesarchides im Kerameikos, Eust. zur Il. xxiv, 333. Hesych s. v. 'Ermes) als Wegweiser, auch mit Stadienbezeich- nung (zum Corp. Inscr. n. 12. vgl. Anthol. Pal. T. ii. p. 702. n. 254). Vgl. Sluiter Lectt. Andocid. c. 2. p. 32 sq. Als Kopfbilder sind noch die Praxidikai theai zu merken (Ger- hards Bildw. Prodromus S. 64. 107).
168. Die Holzschnitzer dagegen wagten zeitig, besonders bei Göttern, deren Attribute eine vollständige Figur zur Grundlage forderten, wie bei der Pallas, ganze Bilder (xoana) zu verfertigen. Solche Bilder galten noch spä- ter als die heiligsten; zahllose Wundersagen erklärten häufig nur ihre Gestalt, z. B. die gezückte Lanze, die knieende 2Stellung, die eingedrückten Augen. Ihr Ansehn war oft, besonders wegen Ueberladung mit Attributen, seltsam und 3lächerlich. Die Füße wurden nach der einfachsten Weise nicht getrennt, die Augen durch einen Strich bezeichnet; dann folgt eine schreitende Stellung mit wenig geöffne-
Hiſtoriſcher Theil.
Phallen bei den erzeugenden Gottheiten. Hierdurch ent- ſtand die Herme, welche ſehr lange Zeit das Haupt- werk der Sculptur in Stein blieb.
So bildete ſich die Erzſäule des Amykläiſchen Apoll mit be- helmten Kopf und bewaffneten Händen, der Διόνυσος Φαλλὴν auf Lesbos (Pauſ. x, 19. Euſeb. Praep. Ev. v, 36. Lobeck de thriis Delph. i. p. 4.), beſonders die τετράγωνος ἐργασία der Hermen. Die τετραγ. ἐργ. war wohl, wie der Hermes- dienſt, in Arkadien zu Hauſe (Pauſ. viii, 31, 4. 39, 4. 48, 4. περισσῶς γάρ δή τι τῷ σχήματι τούτῳ φαίνονταί μοι χαίρειν οἱ Ἀρκάδες), aber wurde zeitig von den verwandten Athenern cultivirt (Thuk. vi, 27.), von wo Pauſan. (i, 24. iv, 33.) die viereckten Hermen ableitet. ‘Ερμογλυφεῖα in Athen das Quartier der Steinarbeiter (λιϑοξόοι Lukians Traum 7). Der Kopf keilbärtig (σφηνοπώγων, Artemidor ii, 37.); ſtatt der Arme (ἄκωλοι, trunci) höchſtens Vorſprünge zum Kranzaufhängen (z. V. Antich. di Ercol. T. iii. t. 36, 2), der Phallus darf nicht fehlen (die ‘Ερμοκοπίδαι περιέκοψαν, vgl. beſonders Ari- ſtoph. Lyſiſtr. 1093), öfter ein Mantel umher (Pauſ. viii, 39, 4. Diogen. L. v, 82.). Sie ſtehen auf den Straßen, an Kreuzwe- gen (Prokleides ‘Ερμῆς τρικέφαλος zu Ankyle von Ariſtoph. τριφάλης genannt, Philochoros p. 45. Siebelis; der τετρακέφα- λος von Teleſarchides im Kerameikos, Euſt. zur Il. xxiv, 333. Heſych s. v. ‘Ερμῆς) als Wegweiſer, auch mit Stadienbezeich- nung (zum Corp. Inscr. n. 12. vgl. Anthol. Pal. T. ii. p. 702. n. 254). Vgl. Sluiter Lectt. Andocid. c. 2. p. 32 sq. Als Kopfbilder ſind noch die Πραξιδίκαι ϑεαὶ zu merken (Ger- hards Bildw. Prodromus S. 64. 107).
168. Die Holzſchnitzer dagegen wagten zeitig, beſonders bei Goͤttern, deren Attribute eine vollſtaͤndige Figur zur Grundlage forderten, wie bei der Pallas, ganze Bilder (ξόανα) zu verfertigen. Solche Bilder galten noch ſpaͤ- ter als die heiligſten; zahlloſe Wunderſagen erklaͤrten haͤufig nur ihre Geſtalt, z. B. die gezuͤckte Lanze, die knieende 2Stellung, die eingedruͤckten Augen. Ihr Anſehn war oft, beſonders wegen Ueberladung mit Attributen, ſeltſam und 3laͤcherlich. Die Fuͤße wurden nach der einfachſten Weiſe nicht getrennt, die Augen durch einen Strich bezeichnet; dann folgt eine ſchreitende Stellung mit wenig geoͤffne-
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Hiſtoriſcher Theil.
Phallen bei den erzeugenden Gottheiten. Hierdurch ent-
ſtand die Herme, welche ſehr lange Zeit das Haupt-
werk der Sculptur in Stein blieb.
So bildete ſich die Erzſäule des Amykläiſchen Apoll mit be-
helmten Kopf und bewaffneten Händen, der Διόνυσος Φαλλὴν
auf Lesbos (Pauſ. x, 19. Euſeb. Praep. Ev. v, 36. Lobeck
de thriis Delph. i. p. 4.), beſonders die τετράγωνος ἐργασία
der Hermen. Die τετραγ. ἐργ. war wohl, wie der Hermes-
dienſt, in Arkadien zu Hauſe (Pauſ. viii, 31, 4. 39, 4. 48,
4. περισσῶς γάρ δή τι τῷ σχήματι τούτῳ φαίνονταί μοι
χαίρειν οἱ Ἀρκάδες), aber wurde zeitig von den verwandten
Athenern cultivirt (Thuk. vi, 27.), von wo Pauſan. (i, 24.
iv, 33.) die viereckten Hermen ableitet. ‘Ερμογλυφεῖα in
Athen das Quartier der Steinarbeiter (λιϑοξόοι Lukians Traum 7).
Der Kopf keilbärtig (σφηνοπώγων, Artemidor ii, 37.); ſtatt der
Arme (ἄκωλοι, trunci) höchſtens Vorſprünge zum Kranzaufhängen
(z. V. Antich. di Ercol. T. iii. t. 36, 2), der Phallus darf
nicht fehlen (die ‘Ερμοκοπίδαι περιέκοψαν, vgl. beſonders Ari-
ſtoph. Lyſiſtr. 1093), öfter ein Mantel umher (Pauſ. viii, 39, 4.
Diogen. L. v, 82.). Sie ſtehen auf den Straßen, an Kreuzwe-
gen (Prokleides ‘Ερμῆς τρικέφαλος zu Ankyle von Ariſtoph.
τριφάλης genannt, Philochoros p. 45. Siebelis; der τετρακέφα-
λος von Teleſarchides im Kerameikos, Euſt. zur Il. xxiv, 333.
Heſych s. v. ‘Ερμῆς) als Wegweiſer, auch mit Stadienbezeich-
nung (zum Corp. Inscr. n. 12. vgl. Anthol. Pal. T. ii. p. 702.
n. 254). Vgl. Sluiter Lectt. Andocid. c. 2. p. 32 sq. Als
Kopfbilder ſind noch die Πραξιδίκαι ϑεαὶ zu merken (Ger-
hards Bildw. Prodromus S. 64. 107).
68. Die Holzſchnitzer dagegen wagten zeitig,
beſonders bei Goͤttern, deren Attribute eine vollſtaͤndige
Figur zur Grundlage forderten, wie bei der Pallas, ganze
Bilder (ξόανα) zu verfertigen. Solche Bilder galten noch ſpaͤ-
ter als die heiligſten; zahlloſe Wunderſagen erklaͤrten haͤufig
nur ihre Geſtalt, z. B. die gezuͤckte Lanze, die knieende
Stellung, die eingedruͤckten Augen. Ihr Anſehn war oft,
beſonders wegen Ueberladung mit Attributen, ſeltſam und
laͤcherlich. Die Fuͤße wurden nach der einfachſten Weiſe
nicht getrennt, die Augen durch einen Strich bezeichnet;
dann folgt eine ſchreitende Stellung mit wenig geoͤffne-
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/66>, abgerufen am 25.11.2024.
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