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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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II. Bildende Kunst. Gegenstände.
für Kunstdarstellung eignete; es fehlt dabei nicht an mu-
sikalischen und orchestischen Ergötzlichkeiten (akroamata).
Wie aber die einfachen Familienmahle auf Griechischen2
Leichensteinen deutlich als Mahle der Todten, die dabei
selbst als Unterweltsgottheiten erscheinen, gefaßt werden:
so sollen auch jene Festgelage auf den Aschenkisten und
Vasen Italiens wohl zum großen Theile das seelige Loos
der Gestorbenen ausdrücken, welches Griechische Hymnen-
dichter durch ein unausgesetztes Schmausen an vollbe-
setzten Tafeln und eine ewige Trunkenheit bezeichneten.
Bei so sinnlicher Ausmahlung des Looses der Seeligen3
würden selbst die Freiheiten, welche die Gäste dieser
Mahle sich mit buhlerischen Flötenspielerinnen, (Griechi-
schen Huri's) nehmen, nicht unziemlich erscheinen dürfen.

1. Solche Gelage auf Etr. Urnen, Micali t. 38. Vasen-
gem. Hancarv. iii, 62. Tischb. i. ex. (wo ein Hoplomach u. ein
weiblicher Kybisteter dabei sind) ii, 55 (mit einem Kymbalisten
und einer Flötenspielerin) iii, 10 (die halbnackten Frauen sind
Hetären) Millg. Cogh. 8 (die Flötenspielerin ist, wie die Atti-
schen, zugleich Hetäre) Laborde i, 62 (die Flötenspielerin erscheint im
durchsichtigen Gewande) Maisonn. 45. Ein schönes Vasengem.
mit einem solchen Hetären-Mahl wird in Neapels Ant. S. 341.
sehr lebendig beschrieben.

2. Familienmahle der Art bei Winck. M. I. 19. 20. Hob-
house Travels pl. 1. M. Worsl. i, 12. Besonders M. Oxon.
i. t.
51. Der Mann liegt, die Frau sitzt auf der kline u.
hat ein upopodion unter den Füßen, ein ministrirender Knabe
steht häufig dabei. Durch ein Fenster sieht man einen Pferdekopf
(der Tod als Reise); eine Schlange trinkt hie und da aus der dar-
gehaltenen Schale (Oxon. I n. 135. ii, 67.); und wenn, wie öfter,
der Mann einen modius auf dem Kopfe hat, so sieht man deut-
lich, daß das Mahl des Hades u. der Persephone nachgebildet
wird. Auch nahet öfter ein Zug von Betenden, bisweilen mit
einem Opferschwein. Bei Caylus ii. pl. 74., wo die Namen
darüber stehn, werden die Speisenden bekränzt.

3. So ist z. B. das Vasengem. Tischb. ii, 52 wohl ein
Todtenmahl; die Essenden genießen die Eier der gewöhnlichen coe-
nae ferales;
u. doch ist auch hier eine nackte Flötenspielerin dabei.

II. Bildende Kunſt. Gegenſtaͤnde.
fuͤr Kunſtdarſtellung eignete; es fehlt dabei nicht an mu-
ſikaliſchen und orcheſtiſchen Ergoͤtzlichkeiten (ἀκροάματα).
Wie aber die einfachen Familienmahle auf Griechiſchen2
Leichenſteinen deutlich als Mahle der Todten, die dabei
ſelbſt als Unterweltsgottheiten erſcheinen, gefaßt werden:
ſo ſollen auch jene Feſtgelage auf den Aſchenkiſten und
Vaſen Italiens wohl zum großen Theile das ſeelige Loos
der Geſtorbenen ausdruͤcken, welches Griechiſche Hymnen-
dichter durch ein unausgeſetztes Schmauſen an vollbe-
ſetzten Tafeln und eine ewige Trunkenheit bezeichneten.
Bei ſo ſinnlicher Ausmahlung des Looſes der Seeligen3
wuͤrden ſelbſt die Freiheiten, welche die Gaͤſte dieſer
Mahle ſich mit buhleriſchen Floͤtenſpielerinnen, (Griechi-
ſchen Huri’s) nehmen, nicht unziemlich erſcheinen duͤrfen.

1. Solche Gelage auf Etr. Urnen, Micali t. 38. Vaſen-
gem. Hancarv. iii, 62. Tiſchb. i. ex. (wo ein Hoplomach u. ein
weiblicher Kybiſteter dabei ſind) ii, 55 (mit einem Kymbaliſten
und einer Flötenſpielerin) iii, 10 (die halbnackten Frauen ſind
Hetären) Millg. Cogh. 8 (die Flötenſpielerin iſt, wie die Atti-
ſchen, zugleich Hetäre) Laborde i, 62 (die Flötenſpielerin erſcheint im
durchſichtigen Gewande) Maiſonn. 45. Ein ſchönes Vaſengem.
mit einem ſolchen Hetären-Mahl wird in Neapels Ant. S. 341.
ſehr lebendig beſchrieben.

2. Familienmahle der Art bei Winck. M. I. 19. 20. Hob-
houſe Travels pl. 1. M. Worsl. i, 12. Beſonders M. Oxon.
i. t.
51. Der Mann liegt, die Frau ſitzt auf der κλίνη u.
hat ein ὑποπόδιον unter den Füßen, ein miniſtrirender Knabe
ſteht häufig dabei. Durch ein Fenſter ſieht man einen Pferdekopf
(der Tod als Reiſe); eine Schlange trinkt hie und da aus der dar-
gehaltenen Schale (Oxon. I n. 135. ii, 67.); und wenn, wie öfter,
der Mann einen modius auf dem Kopfe hat, ſo ſieht man deut-
lich, daß das Mahl des Hades u. der Perſephone nachgebildet
wird. Auch nahet öfter ein Zug von Betenden, bisweilen mit
einem Opferſchwein. Bei Caylus ii. pl. 74., wo die Namen
darüber ſtehn, werden die Speiſenden bekränzt.

3. So iſt z. B. das Vaſengem. Tiſchb. ii, 52 wohl ein
Todtenmahl; die Eſſenden genießen die Eier der gewöhnlichen coe-
nae ferales;
u. doch iſt auch hier eine nackte Flötenſpielerin dabei.

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[601/0623] II. Bildende Kunſt. Gegenſtaͤnde. fuͤr Kunſtdarſtellung eignete; es fehlt dabei nicht an mu- ſikaliſchen und orcheſtiſchen Ergoͤtzlichkeiten (ἀκροάματα). Wie aber die einfachen Familienmahle auf Griechiſchen Leichenſteinen deutlich als Mahle der Todten, die dabei ſelbſt als Unterweltsgottheiten erſcheinen, gefaßt werden: ſo ſollen auch jene Feſtgelage auf den Aſchenkiſten und Vaſen Italiens wohl zum großen Theile das ſeelige Loos der Geſtorbenen ausdruͤcken, welches Griechiſche Hymnen- dichter durch ein unausgeſetztes Schmauſen an vollbe- ſetzten Tafeln und eine ewige Trunkenheit bezeichneten. Bei ſo ſinnlicher Ausmahlung des Looſes der Seeligen wuͤrden ſelbſt die Freiheiten, welche die Gaͤſte dieſer Mahle ſich mit buhleriſchen Floͤtenſpielerinnen, (Griechi- ſchen Huri’s) nehmen, nicht unziemlich erſcheinen duͤrfen. 2 3 1. Solche Gelage auf Etr. Urnen, Micali t. 38. Vaſen- gem. Hancarv. iii, 62. Tiſchb. i. ex. (wo ein Hoplomach u. ein weiblicher Kybiſteter dabei ſind) ii, 55 (mit einem Kymbaliſten und einer Flötenſpielerin) iii, 10 (die halbnackten Frauen ſind Hetären) Millg. Cogh. 8 (die Flötenſpielerin iſt, wie die Atti- ſchen, zugleich Hetäre) Laborde i, 62 (die Flötenſpielerin erſcheint im durchſichtigen Gewande) Maiſonn. 45. Ein ſchönes Vaſengem. mit einem ſolchen Hetären-Mahl wird in Neapels Ant. S. 341. ſehr lebendig beſchrieben. 2. Familienmahle der Art bei Winck. M. I. 19. 20. Hob- houſe Travels pl. 1. M. Worsl. i, 12. Beſonders M. Oxon. i. t. 51. Der Mann liegt, die Frau ſitzt auf der κλίνη u. hat ein ὑποπόδιον unter den Füßen, ein miniſtrirender Knabe ſteht häufig dabei. Durch ein Fenſter ſieht man einen Pferdekopf (der Tod als Reiſe); eine Schlange trinkt hie und da aus der dar- gehaltenen Schale (Oxon. I n. 135. ii, 67.); und wenn, wie öfter, der Mann einen modius auf dem Kopfe hat, ſo ſieht man deut- lich, daß das Mahl des Hades u. der Perſephone nachgebildet wird. Auch nahet öfter ein Zug von Betenden, bisweilen mit einem Opferſchwein. Bei Caylus ii. pl. 74., wo die Namen darüber ſtehn, werden die Speiſenden bekränzt. 3. So iſt z. B. das Vaſengem. Tiſchb. ii, 52 wohl ein Todtenmahl; die Eſſenden genießen die Eier der gewöhnlichen coe- nae ferales; u. doch iſt auch hier eine nackte Flötenſpielerin dabei.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/623>, abgerufen am 24.11.2024.