rem bekannten Charakter, ihren Sprüchen, Poesieen her- aus, Porträtbilder erschaffen, wie der im höchsten Sinn gedachte Homeroskopf, die Statuen der Sieben Weisen, der aus dem Silen in Alkibiades Beschreibung geschaffne 4heitre Sokrateskopf. Hernach bildeten, neben den Statuen der Herrscher, die Bilder der Schriftsteller, be- sonders der Philosophen, einen sehr bedeutenden Zweig der Kunst, auf den manche Bildner sich fast ausschließlich legten; man suchte in Alexandria, Pergamon, der Palatinischen Bi- bliothek und sonst möglichst vollständige Reihen davon zu bilden; die Büstenform, aus den alten Hermen hervor- 5gegangen, wurde dabei die gewöhnliche. Die Künst- ler zeigten dabei ein bewundernswürdiges Talent, das eigenthümliche Studium und den litterarischen Charakter dieser Männer bis in die Fingerspitzen hinein auszu- drücken.
Zur Litteratur der Ikonographieen. Die ältesten waren die Varronische, §. 322, 8. (sie bestand aus 100 Hebdomaden, jedem Bilde scheint ein Epigramm beigegeben gewesen zu sein), und die ähnlich eingerichtete des Attikus. Pl. Nepos Att. 18. Illustrium imagines ex ant. marmoribus e biblio- theca Fulvii Ursini. 1569. 70. Illustrium virorum ut exstant in urbe expressi vultus caelo Angustini Veneti. Rom. 1569. Illustr. imag. del. Th. Gallaeus 1598. (Vermehrung des ersten Werks). Commentar von Jo. Faber dazu 1606. Iconografia -- da G. A. Canini, ed. M. A. Ca- nini. R. 1669. (sehr unkritisch). Illustr. vet. philoso- phorum, poetarum etcc. imagines cum exp. I. P. Bel- lori. R. 1685. Gronovii Thes. Ant. Gr. T. i. ii. iii. (wenig brauchbar). E. Q. Visconti Iconographie Grecque. Paris 1811. 3. T. 4. Iconogr. Romaine. Par. 1817. T. i. fortgesetzt von Mongez T. ii. 1821. iii. 1826. Gurlitts Ver- such über die Büstenkunde. 1800. Hirt über das Bildniß der Alten, Schr. der Berl. Akad. 1814. 15. S. 1.
1. Merkwürdig ist, daß auch nach Hygin f. 104 Leodamia, um ein Bild des Protesilaos bei sich zu haben, einen Gottesdienst simu- lirt, vgl. Ovid Her. 13, 152. Bilder als Ersatz entfernter Geliebten setzen die Tragiker in die heroische Zeit, Aesch. Ag. 405. Eur. Alk. 349. vgl. Visconti i. p. 2. Lobeck Aglaoph. 1002.
Syſtematiſcher Theil.
rem bekannten Charakter, ihren Spruͤchen, Poeſieen her- aus, Portraͤtbilder erſchaffen, wie der im hoͤchſten Sinn gedachte Homeroskopf, die Statuen der Sieben Weiſen, der aus dem Silen in Alkibiades Beſchreibung geſchaffne 4heitre Sokrateskopf. Hernach bildeten, neben den Statuen der Herrſcher, die Bilder der Schriftſteller, be- ſonders der Philoſophen, einen ſehr bedeutenden Zweig der Kunſt, auf den manche Bildner ſich faſt ausſchließlich legten; man ſuchte in Alexandria, Pergamon, der Palatiniſchen Bi- bliothek und ſonſt moͤglichſt vollſtaͤndige Reihen davon zu bilden; die Buͤſtenform, aus den alten Hermen hervor- 5gegangen, wurde dabei die gewoͤhnliche. Die Kuͤnſt- ler zeigten dabei ein bewundernswuͤrdiges Talent, das eigenthuͤmliche Studium und den litterariſchen Charakter dieſer Maͤnner bis in die Fingerſpitzen hinein auszu- druͤcken.
Zur Litteratur der Ikonographieen. Die älteſten waren die Varroniſche, §. 322, 8. (ſie beſtand aus 100 Hebdomaden, jedem Bilde ſcheint ein Epigramm beigegeben geweſen zu ſein), und die ähnlich eingerichtete des Attikus. Pl. Nepos Att. 18. Illustrium imagines ex ant. marmoribus e biblio- theca Fulvii Ursini. 1569. 70. Illustrium virorum ut exstant in urbe expressi vultus caelo Angustini Veneti. Rom. 1569. Illustr. imag. del. Th. Gallaeus 1598. (Vermehrung des erſten Werks). Commentar von Jo. Faber dazu 1606. Iconografia — da G. A. Canini, ed. M. A. Ca- nini. R. 1669. (ſehr unkritiſch). Illustr. vet. philoso- phorum, poetarum etcc. imagines cum exp. I. P. Bel- lori. R. 1685. Gronovii Thes. Ant. Gr. T. i. ii. iii. (wenig brauchbar). E. Q. Viſconti Iconographie Grecque. Paris 1811. 3. T. 4. Iconogr. Romaine. Par. 1817. T. i. fortgeſetzt von Mongez T. ii. 1821. iii. 1826. Gurlitts Ver- ſuch über die Büſtenkunde. 1800. Hirt über das Bildniß der Alten, Schr. der Berl. Akad. 1814. 15. S. 1.
1. Merkwürdig iſt, daß auch nach Hygin f. 104 Leodamia, um ein Bild des Proteſilaos bei ſich zu haben, einen Gottesdienſt ſimu- lirt, vgl. Ovid Her. 13, 152. Bilder als Erſatz entfernter Geliebten ſetzen die Tragiker in die heroiſche Zeit, Aeſch. Ag. 405. Eur. Alk. 349. vgl. Viſconti i. p. 2. Lobeck Aglaoph. 1002.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0606"n="584"/><fwplace="top"type="header">Syſtematiſcher Theil.</fw><lb/>
rem bekannten Charakter, ihren Spruͤchen, Poeſieen her-<lb/>
aus, Portraͤtbilder erſchaffen, wie der im hoͤchſten Sinn<lb/>
gedachte Homeroskopf, die Statuen der Sieben Weiſen,<lb/>
der aus dem Silen in Alkibiades Beſchreibung geſchaffne<lb/><noteplace="left">4</note>heitre Sokrateskopf. Hernach bildeten, neben den<lb/>
Statuen der Herrſcher, die Bilder der Schriftſteller, be-<lb/>ſonders der Philoſophen, einen ſehr bedeutenden Zweig der<lb/>
Kunſt, auf den manche Bildner ſich faſt ausſchließlich legten;<lb/>
man ſuchte in Alexandria, Pergamon, der Palatiniſchen Bi-<lb/>
bliothek und ſonſt moͤglichſt vollſtaͤndige Reihen davon zu<lb/>
bilden; die Buͤſtenform, aus den alten Hermen hervor-<lb/><noteplace="left">5</note>gegangen, wurde dabei die gewoͤhnliche. Die Kuͤnſt-<lb/>
ler zeigten dabei ein bewundernswuͤrdiges Talent, das<lb/>
eigenthuͤmliche Studium und den litterariſchen Charakter<lb/>
dieſer Maͤnner bis in die Fingerſpitzen hinein auszu-<lb/>
druͤcken.</p><lb/><p>Zur Litteratur der Ikonographieen. Die älteſten waren<lb/>
die Varroniſche, §. 322, 8. (ſie beſtand aus 100 Hebdomaden,<lb/>
jedem Bilde ſcheint ein Epigramm beigegeben geweſen zu<lb/>ſein), und die ähnlich eingerichtete des Attikus. Pl. Nepos Att.<lb/>
18. <hirendition="#aq">Illustrium imagines ex ant. marmoribus e biblio-<lb/>
theca Fulvii Ursini. 1569. 70. Illustrium virorum ut<lb/>
exstant in urbe expressi vultus caelo Angustini Veneti.<lb/>
Rom. 1569. Illustr. imag. del. Th. Gallaeus</hi> 1598.<lb/>
(Vermehrung des erſten Werks). Commentar von Jo. Faber dazu<lb/>
1606. <hirendition="#aq">Iconografia — da G. A. Canini, ed. M. A. Ca-<lb/>
nini. R.</hi> 1669. (ſehr unkritiſch). <hirendition="#aq">Illustr. vet. philoso-<lb/>
phorum, poetarum etcc. imagines cum exp. I. P. Bel-<lb/>
lori. R. 1685. Gronovii Thes. Ant. Gr. T. <hirendition="#k">i. ii. iii.</hi></hi><lb/>
(wenig brauchbar). E. Q. Viſconti <hirendition="#aq">Iconographie Grecque.<lb/>
Paris 1811. 3. T. 4. Iconogr. Romaine. Par. 1817. T. <hirendition="#k">i.</hi></hi><lb/>
fortgeſetzt von Mongez <hirendition="#aq">T. <hirendition="#k">ii.</hi> 1821. <hirendition="#k">iii.</hi></hi> 1826. Gurlitts Ver-<lb/>ſuch über die Büſtenkunde. 1800. Hirt über das Bildniß der<lb/>
Alten, Schr. der Berl. Akad. 1814. 15. S. 1.</p><lb/><p>1. Merkwürdig iſt, daß auch nach Hygin <hirendition="#aq">f.</hi> 104 Leodamia, um<lb/>
ein Bild des Proteſilaos bei ſich zu haben, einen Gottesdienſt ſimu-<lb/>
lirt, vgl. Ovid Her. 13, 152. Bilder als Erſatz entfernter<lb/>
Geliebten ſetzen die Tragiker in die heroiſche Zeit, Aeſch. Ag. 405.<lb/>
Eur. Alk. 349. vgl. Viſconti <hirendition="#aq"><hirendition="#k">i.</hi> p.</hi> 2. Lobeck <hirendition="#aq">Aglaoph.</hi> 1002.<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[584/0606]
Syſtematiſcher Theil.
rem bekannten Charakter, ihren Spruͤchen, Poeſieen her-
aus, Portraͤtbilder erſchaffen, wie der im hoͤchſten Sinn
gedachte Homeroskopf, die Statuen der Sieben Weiſen,
der aus dem Silen in Alkibiades Beſchreibung geſchaffne
heitre Sokrateskopf. Hernach bildeten, neben den
Statuen der Herrſcher, die Bilder der Schriftſteller, be-
ſonders der Philoſophen, einen ſehr bedeutenden Zweig der
Kunſt, auf den manche Bildner ſich faſt ausſchließlich legten;
man ſuchte in Alexandria, Pergamon, der Palatiniſchen Bi-
bliothek und ſonſt moͤglichſt vollſtaͤndige Reihen davon zu
bilden; die Buͤſtenform, aus den alten Hermen hervor-
gegangen, wurde dabei die gewoͤhnliche. Die Kuͤnſt-
ler zeigten dabei ein bewundernswuͤrdiges Talent, das
eigenthuͤmliche Studium und den litterariſchen Charakter
dieſer Maͤnner bis in die Fingerſpitzen hinein auszu-
druͤcken.
4
5
Zur Litteratur der Ikonographieen. Die älteſten waren
die Varroniſche, §. 322, 8. (ſie beſtand aus 100 Hebdomaden,
jedem Bilde ſcheint ein Epigramm beigegeben geweſen zu
ſein), und die ähnlich eingerichtete des Attikus. Pl. Nepos Att.
18. Illustrium imagines ex ant. marmoribus e biblio-
theca Fulvii Ursini. 1569. 70. Illustrium virorum ut
exstant in urbe expressi vultus caelo Angustini Veneti.
Rom. 1569. Illustr. imag. del. Th. Gallaeus 1598.
(Vermehrung des erſten Werks). Commentar von Jo. Faber dazu
1606. Iconografia — da G. A. Canini, ed. M. A. Ca-
nini. R. 1669. (ſehr unkritiſch). Illustr. vet. philoso-
phorum, poetarum etcc. imagines cum exp. I. P. Bel-
lori. R. 1685. Gronovii Thes. Ant. Gr. T. i. ii. iii.
(wenig brauchbar). E. Q. Viſconti Iconographie Grecque.
Paris 1811. 3. T. 4. Iconogr. Romaine. Par. 1817. T. i.
fortgeſetzt von Mongez T. ii. 1821. iii. 1826. Gurlitts Ver-
ſuch über die Büſtenkunde. 1800. Hirt über das Bildniß der
Alten, Schr. der Berl. Akad. 1814. 15. S. 1.
1. Merkwürdig iſt, daß auch nach Hygin f. 104 Leodamia, um
ein Bild des Proteſilaos bei ſich zu haben, einen Gottesdienſt ſimu-
lirt, vgl. Ovid Her. 13, 152. Bilder als Erſatz entfernter
Geliebten ſetzen die Tragiker in die heroiſche Zeit, Aeſch. Ag. 405.
Eur. Alk. 349. vgl. Viſconti i. p. 2. Lobeck Aglaoph. 1002.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/606>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.