ein halbes Knieen. Selbst die oft unanständigen und9 obscönen Hohngeberden (sannae), an denen der Süden im Alterthum eben so reich war wie in neuerer Zeit, sind oft für das Verständniß von Kunstwerken wichtig.
2. Von den Augenbraunen Quintil. xi, 3. Ira con- tractis, tristitia deductis, hilaritas remissis ostenditur. Auf mürrischen Stolz deutet der Sprachgebrauch von supercilium selbst, so wie von ophruousthai. Stolz bezeichnet besonders das anaspan, anagein; das sunagein den phrontistes. Poll. ii, 49. Winck. W. iv. S. 404. Von der Nase Arist. Phys. p. 124.: ois oi mukteres anapeptamenoi (wie ein wenig bei Apoll von Belvedere) thumodeis. Aehnlich Polemon p. 299. Wird die Nase emporgerichtet und gerümpft, so erscheint sie als sime und bekommt dadurch den Ausdruck von Muthwillen (§. 329, 5); daher das diasimoun, sillainein, der nasus aduncus, ex- cussus, nares uneae bei Horaz und Persius (Heindorf ad Sat. i, 6, 5.). Das Hindurchpressen des Athems durch die zusam- mengezogne Nase, mukhthizein, mukterizein, bezeichnet den ärg- sten Hohn, mit Wuth verbunden; es ist die sanna qua aer sorbetur, bei Juven. vi, 306 (vgl. Ruperti), die rugosa sanna Pers. v. 91. (vgl. Plum. Ich bemerke sehr beiläufig, daß Per- sius als Nachahmer von Sophron reich an solchen Zügen ist; er will mit aretalogischer mimicry vorgetragen werden). Pans Ziegennase ist der Sitz des kholos, s. besonders Theokr. i, 18. oi aei drimeia khola poti Rini kathetai, und Philostr. ii, 11. Der nasus ist überhaupt das kritische Glied.
4. S. den sog. Germanicus §. 158, 3. u. die Darstellungen der allocutio auf Münzen u. in Statuen §. 199, 3. Vgl. Po- lyhymnia unter den Musen. Manus leviter pandata voven- tium Quintil. a. O. Aiparein gunaikomimois uptia- smasin kheron Aeschyl.
5. Raoul-Rochette Mon. ined. i. p. 59. sucht diese Geberde überall als skhema aniomenou (Paus. x, 31, 2.) zu erklären: was aber schwerlich angeht.
6. Aristoph. Ekkles. 782. von der erstern Geberde bei den Göt- terbildern. Kheira uperekhein Homer. Hera Hypercheiria Paus. iii, 13, 6. Apollon erscheint gegen Orest auf einer Vase uper- kheirios.
27
II. Bildende Kunſt. Formen.
ein halbes Knieen. Selbſt die oft unanſtaͤndigen und9 obſcoͤnen Hohngeberden (sannae), an denen der Suͤden im Alterthum eben ſo reich war wie in neuerer Zeit, ſind oft fuͤr das Verſtaͤndniß von Kunſtwerken wichtig.
2. Von den Augenbraunen Quintil. xi, 3. Ira con- tractis, tristitia deductis, hilaritas remissis ostenditur. Auf mürriſchen Stolz deutet der Sprachgebrauch von supercilium ſelbſt, ſo wie von ὀφρυοῦσϑαι. Stolz bezeichnet beſonders das ἀνασπᾶν, ἀνάγειν; das συνάγειν den φροντιστής. Poll. ii, 49. Winck. W. iv. S. 404. Von der Naſe Ariſt. Phyſ. p. 124.: οἶς οἱ μυκτῆρες ἁναπεπταμένοι (wie ein wenig bei Apoll von Belvedere) ϑυμώδεις. Aehnlich Polemon p. 299. Wird die Naſe emporgerichtet und gerümpft, ſo erſcheint ſie als σιμὴ und bekommt dadurch den Ausdruck von Muthwillen (§. 329, 5); daher das διασιμοῦν, σιλλαίνειν, der nasus aduncus, ex- cussus, nares uneae bei Horaz und Perſius (Heindorf ad Sat. i, 6, 5.). Das Hindurchpreſſen des Athems durch die zuſam- mengezogne Naſe, μυχϑίζειν, μυκτηρίζειν, bezeichnet den ärg- ſten Hohn, mit Wuth verbunden; es iſt die sanna qua aer sorbetur, bei Juven. vi, 306 (vgl. Ruperti), die rugosa sanna Perſ. v. 91. (vgl. Plum. Ich bemerke ſehr beiläufig, daß Per- ſius als Nachahmer von Sophron reich an ſolchen Zügen iſt; er will mit aretalogiſcher mimicry vorgetragen werden). Pans Ziegennaſe iſt der Sitz des χόλος, ſ. beſonders Theokr. i, 18. οἱ ἀεὶ δριμεῖα χολὰ ποτὶ ῥινὶ κάϑηται, und Philoſtr. ii, 11. Der nasus iſt überhaupt das kritiſche Glied.
4. S. den ſog. Germanicus §. 158, 3. u. die Darſtellungen der allocutio auf Münzen u. in Statuen §. 199, 3. Vgl. Po- lyhymnia unter den Muſen. Manus leviter pandata voven- tium Quintil. a. O. Αιπαρεῖν γυναικομίμοις ὑπτιά- σμασιν χερῶν Aeſchyl.
5. Raoul-Rochette Mon. inéd. i. p. 59. ſucht dieſe Geberde überall als σχῆμα ἀνιωμένου (Pauſ. x, 31, 2.) zu erklären: was aber ſchwerlich angeht.
6. Ariſtoph. Ekkleſ. 782. von der erſtern Geberde bei den Göt- terbildern. Χεῖρα ὑπερέχειν Homer. Hera Hypercheiria Pauſ. iii, 13, 6. Apollon erſcheint gegen Oreſt auf einer Vaſe ὑπερ- χείριος.
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II. Bildende Kunſt. Formen.
ein halbes Knieen. Selbſt die oft unanſtaͤndigen und
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im Alterthum eben ſo reich war wie in neuerer Zeit,
ſind oft fuͤr das Verſtaͤndniß von Kunſtwerken wichtig.
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2. Von den Augenbraunen Quintil. xi, 3. Ira con-
tractis, tristitia deductis, hilaritas remissis ostenditur.
Auf mürriſchen Stolz deutet der Sprachgebrauch von supercilium
ſelbſt, ſo wie von ὀφρυοῦσϑαι. Stolz bezeichnet beſonders das
ἀνασπᾶν, ἀνάγειν; das συνάγειν den φροντιστής. Poll. ii,
49. Winck. W. iv. S. 404. Von der Naſe Ariſt. Phyſ.
p. 124.: οἶς οἱ μυκτῆρες ἁναπεπταμένοι (wie ein wenig bei
Apoll von Belvedere) ϑυμώδεις. Aehnlich Polemon p. 299.
Wird die Naſe emporgerichtet und gerümpft, ſo erſcheint ſie als
σιμὴ und bekommt dadurch den Ausdruck von Muthwillen (§. 329, 5);
daher das διασιμοῦν, σιλλαίνειν, der nasus aduncus, ex-
cussus, nares uneae bei Horaz und Perſius (Heindorf ad Sat.
i, 6, 5.). Das Hindurchpreſſen des Athems durch die zuſam-
mengezogne Naſe, μυχϑίζειν, μυκτηρίζειν, bezeichnet den ärg-
ſten Hohn, mit Wuth verbunden; es iſt die sanna qua aer
sorbetur, bei Juven. vi, 306 (vgl. Ruperti), die rugosa sanna
Perſ. v. 91. (vgl. Plum. Ich bemerke ſehr beiläufig, daß Per-
ſius als Nachahmer von Sophron reich an ſolchen Zügen iſt; er
will mit aretalogiſcher mimicry vorgetragen werden). Pans
Ziegennaſe iſt der Sitz des χόλος, ſ. beſonders Theokr. i, 18.
οἱ ἀεὶ δριμεῖα χολὰ ποτὶ ῥινὶ κάϑηται, und Philoſtr. ii,
11. Der nasus iſt überhaupt das kritiſche Glied.
3. Beiſpiele unter: Apollon, Dionyſos, Ariadne, Hypnos,
Herakles.
4. S. den ſog. Germanicus §. 158, 3. u. die Darſtellungen
der allocutio auf Münzen u. in Statuen §. 199, 3. Vgl. Po-
lyhymnia unter den Muſen. Manus leviter pandata voven-
tium Quintil. a. O. Αιπαρεῖν γυναικομίμοις ὑπτιά-
σμασιν χερῶν Aeſchyl.
5. Raoul-Rochette Mon. inéd. i. p. 59. ſucht dieſe Geberde
überall als σχῆμα ἀνιωμένου (Pauſ. x, 31, 2.) zu erklären:
was aber ſchwerlich angeht.
6. Ariſtoph. Ekkleſ. 782. von der erſtern Geberde bei den Göt-
terbildern. Χεῖρα ὑπερέχειν Homer. Hera Hypercheiria Pauſ.
iii, 13, 6. Apollon erſcheint gegen Oreſt auf einer Vaſe ὑπερ-
χείριος.
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/439>, abgerufen am 16.02.2025.
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