Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Tektonik. Geräthe.
wohl Gefäße, welche an wichtige Momente des Lebens
(Siege in Agonen, Auszeichnung in den Gymnasien,
Theilname am Bacchischen Thiasos, Empfang des männ-
lichen Himations) erinnerten, und dabei als Angebinde
gegeben worden waren (anders kann man wohl das häu-
fige kalos, o pais kalos, kale pai, kalos ei,
kale dokeis u. dgl. nicht erklären) hinzugestellt werden:
da es unleugbar, daß solche Gefäße auch im Leben ge-
braucht und als eine Auszierung der Zimmer aufgestellt
wurden. -- Während bei den Hydrien der Gebrauch,5
die Asche des Todten zu bergen, nur hinzutritt: stammt
der Sarkophag (soros, theke, lanax, solium) aus
der, auch in Griechenland älteren, Sitte des vollständi-
gen Begrabens, erhält sich indeß (in Etrurien zur Aschen-
kiste verkleinert, §. 174, 3.) durch alle Zeiten, und
wird im späteren Rom, zugleich mit dem Begraben, wie-
der gewöhnlicher. Aus Holz, gebrannter Erde oder Stein6
(lithos sarkophagos, sarcophagus) gearbeitet, ent-
lehnt er oft die verzierenden Formen vom Hause (mit
Thüren und Thürgriffen), und schmückt sich mit Bild-
werken, die gern freundliche und trostvolle Vorstellungen
vom andern Leben anregen mögen.

1. Ueber die Vasenformen Dubois Maisonneuve Introduction
a l'etude des Vases ant., accompagnee d'une collection
des plus belles formes. 1817. 13 Livr.
[Gargiulo Collez.
delle diverse forme de' vasi Italo-Greci. Nap.
1822.].
Die ersten Blätter bei Tischbein u. Millin, Millingen Div. A. B.
C. Cogh. 32 sq.,
Inghirami v. pl. 47 -- 54., viele bei Han-
carville u. Laborde. Vgl. Gerhard Neapels Bildw. S. xxviii.
Berl. Kunstbl. 1828 Dec. Besonders mannigfaltig u. zierlich
geformt sind die Henkel (vasi a volute, colonnette etc.) Böt-
tiger Amalth. iii. S. 273. Die Größe der Vasen steigt, bei
den Kollerschen in Berlin, bis 3 F. 6 Zoll Höhe.

2. Sehr wichtig ist die Vorstellung auf den Lampen, bei Bellori
t. 16. u. bes. Passeri Luc. fict. iii, 51, wo ein Repositorium
mit der Urna, umher gutti, amphorae, Prochoen, auf dem
obern Fache simpulum, acerra, secespitae und ein sog. asper-

I. Tektonik. Geraͤthe.
wohl Gefaͤße, welche an wichtige Momente des Lebens
(Siege in Agonen, Auszeichnung in den Gymnaſien,
Theilname am Bacchiſchen Thiaſos, Empfang des maͤnn-
lichen Himations) erinnerten, und dabei als Angebinde
gegeben worden waren (anders kann man wohl das haͤu-
fige καλὸς, ὁ παῖς καλὸς, καλὲ παῖ, καλὸς εἶ,
καλὴ δοκεῖς u. dgl. nicht erklaͤren) hinzugeſtellt werden:
da es unleugbar, daß ſolche Gefaͤße auch im Leben ge-
braucht und als eine Auszierung der Zimmer aufgeſtellt
wurden. — Waͤhrend bei den Hydrien der Gebrauch,5
die Aſche des Todten zu bergen, nur hinzutritt: ſtammt
der Sarkophag (σορὸς, ϑήκη, λάναξ, solium) aus
der, auch in Griechenland aͤlteren, Sitte des vollſtaͤndi-
gen Begrabens, erhaͤlt ſich indeß (in Etrurien zur Aſchen-
kiſte verkleinert, §. 174, 3.) durch alle Zeiten, und
wird im ſpaͤteren Rom, zugleich mit dem Begraben, wie-
der gewoͤhnlicher. Aus Holz, gebrannter Erde oder Stein6
(λίϑος σαρκοφάγος, sarcophagus) gearbeitet, ent-
lehnt er oft die verzierenden Formen vom Hauſe (mit
Thuͤren und Thuͤrgriffen), und ſchmuͤckt ſich mit Bild-
werken, die gern freundliche und troſtvolle Vorſtellungen
vom andern Leben anregen moͤgen.

1. Ueber die Vaſenformen Dubois Maiſonneuve Introduction
à l’étude des Vases ant., accompagnée d’une collection
des plus belles formes. 1817. 13 Livr.
[Gargiulo Collez.
delle diverse forme de’ vasi Italo-Greci. Nap.
1822.].
Die erſten Blätter bei Tiſchbein u. Millin, Millingen Div. A. B.
C. Cogh. 32 sq.,
Inghirami v. pl. 47 — 54., viele bei Han-
carville u. Laborde. Vgl. Gerhard Neapels Bildw. S. xxviii.
Berl. Kunſtbl. 1828 Dec. Beſonders mannigfaltig u. zierlich
geformt ſind die Henkel (vasi a volute, colonnette etc.) Böt-
tiger Amalth. iii. S. 273. Die Größe der Vaſen ſteigt, bei
den Kollerſchen in Berlin, bis 3 F. 6 Zoll Höhe.

2. Sehr wichtig iſt die Vorſtellung auf den Lampen, bei Bellori
t. 16. u. beſ. Paſſeri Luc. fict. iii, 51, wo ein Repoſitorium
mit der Urna, umher gutti, amphorae, Prochoen, auf dem
obern Fache simpulum, acerra, secespitae und ein ſog. asper-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0383" n="361"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Tektonik. Gera&#x0364;the.</fw><lb/>
wohl Gefa&#x0364;ße, welche an wichtige Momente des Lebens<lb/>
(Siege in Agonen, Auszeichnung in den Gymna&#x017F;ien,<lb/>
Theilname am Bacchi&#x017F;chen Thia&#x017F;os, Empfang des ma&#x0364;nn-<lb/>
lichen Himations) erinnerten, und dabei als Angebinde<lb/>
gegeben worden waren (anders kann man wohl das ha&#x0364;u-<lb/>
fige &#x03BA;&#x03B1;&#x03BB;&#x1F78;&#x03C2;, &#x1F41; &#x03C0;&#x03B1;&#x1FD6;&#x03C2; &#x03BA;&#x03B1;&#x03BB;&#x1F78;&#x03C2;, &#x03BA;&#x03B1;&#x03BB;&#x1F72; &#x03C0;&#x03B1;&#x1FD6;, &#x03BA;&#x03B1;&#x03BB;&#x1F78;&#x03C2; &#x03B5;&#x1F36;,<lb/>
&#x03BA;&#x03B1;&#x03BB;&#x1F74; &#x03B4;&#x03BF;&#x03BA;&#x03B5;&#x1FD6;&#x03C2; u. dgl. nicht erkla&#x0364;ren) hinzuge&#x017F;tellt werden:<lb/>
da es unleugbar, daß &#x017F;olche Gefa&#x0364;ße auch im Leben ge-<lb/>
braucht und als eine Auszierung der Zimmer aufge&#x017F;tellt<lb/>
wurden. &#x2014; Wa&#x0364;hrend bei den Hydrien der Gebrauch,<note place="right">5</note><lb/>
die A&#x017F;che des Todten zu bergen, nur hinzutritt: &#x017F;tammt<lb/>
der <hi rendition="#g">Sarkophag</hi> (&#x03C3;&#x03BF;&#x03C1;&#x1F78;&#x03C2;, &#x03D1;&#x03AE;&#x03BA;&#x03B7;, &#x03BB;&#x03AC;&#x03BD;&#x03B1;&#x03BE;, <hi rendition="#aq">solium</hi>) aus<lb/>
der, auch in Griechenland a&#x0364;lteren, Sitte des voll&#x017F;ta&#x0364;ndi-<lb/>
gen Begrabens, erha&#x0364;lt &#x017F;ich indeß (in Etrurien zur A&#x017F;chen-<lb/>
ki&#x017F;te verkleinert, §. 174, 3.) durch alle Zeiten, und<lb/>
wird im &#x017F;pa&#x0364;teren Rom, zugleich mit dem Begraben, wie-<lb/>
der gewo&#x0364;hnlicher. Aus Holz, gebrannter Erde oder Stein<note place="right">6</note><lb/>
(&#x03BB;&#x03AF;&#x03D1;&#x03BF;&#x03C2; &#x03C3;&#x03B1;&#x03C1;&#x03BA;&#x03BF;&#x03C6;&#x03AC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C2;, <hi rendition="#aq">sarcophagus</hi>) gearbeitet, ent-<lb/>
lehnt er oft die verzierenden Formen vom Hau&#x017F;e (mit<lb/>
Thu&#x0364;ren und Thu&#x0364;rgriffen), und &#x017F;chmu&#x0364;ckt &#x017F;ich mit Bild-<lb/>
werken, die gern freundliche und tro&#x017F;tvolle Vor&#x017F;tellungen<lb/>
vom andern Leben anregen mo&#x0364;gen.</p><lb/>
              <p>1. Ueber die Va&#x017F;enformen Dubois Mai&#x017F;onneuve <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Introduction</hi><lb/>
à l&#x2019;étude des Vases ant., accompagnée d&#x2019;une collection<lb/>
des plus belles formes. 1817. 13 Livr.</hi> [Gargiulo <hi rendition="#aq">Collez.<lb/>
delle diverse forme de&#x2019; vasi Italo-Greci. Nap.</hi> 1822.].<lb/>
Die er&#x017F;ten Blätter bei Ti&#x017F;chbein u. Millin, Millingen <hi rendition="#aq">Div. A. B.<lb/>
C. Cogh. 32 sq.,</hi> Inghirami <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">v</hi>. pl.</hi> 47 &#x2014; 54., viele bei Han-<lb/>
carville u. Laborde. Vgl. Gerhard Neapels Bildw. S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">xxviii</hi>.</hi><lb/>
Berl. Kun&#x017F;tbl. 1828 Dec. Be&#x017F;onders mannigfaltig u. zierlich<lb/>
geformt &#x017F;ind die Henkel (<hi rendition="#aq">vasi a <hi rendition="#g">volute</hi>, colonnette etc.</hi>) Böt-<lb/>
tiger Amalth. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">iii</hi>.</hi> S. 273. Die Größe der Va&#x017F;en &#x017F;teigt, bei<lb/>
den Koller&#x017F;chen in Berlin, bis 3 F. 6 Zoll Höhe.</p><lb/>
              <p>2. Sehr wichtig i&#x017F;t die Vor&#x017F;tellung auf den Lampen, bei Bellori<lb/><hi rendition="#aq">t.</hi> 16. u. be&#x017F;. Pa&#x017F;&#x017F;eri <hi rendition="#aq">Luc. fict. <hi rendition="#k">iii</hi>,</hi> 51, wo ein Repo&#x017F;itorium<lb/>
mit der <hi rendition="#aq">Urna,</hi> umher <hi rendition="#aq">gutti, amphorae,</hi> Prochoen, auf dem<lb/>
obern Fache <hi rendition="#aq">simpulum, acerra, secespitae</hi> und ein &#x017F;og. <hi rendition="#aq">asper-</hi><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361/0383] I. Tektonik. Geraͤthe. wohl Gefaͤße, welche an wichtige Momente des Lebens (Siege in Agonen, Auszeichnung in den Gymnaſien, Theilname am Bacchiſchen Thiaſos, Empfang des maͤnn- lichen Himations) erinnerten, und dabei als Angebinde gegeben worden waren (anders kann man wohl das haͤu- fige καλὸς, ὁ παῖς καλὸς, καλὲ παῖ, καλὸς εἶ, καλὴ δοκεῖς u. dgl. nicht erklaͤren) hinzugeſtellt werden: da es unleugbar, daß ſolche Gefaͤße auch im Leben ge- braucht und als eine Auszierung der Zimmer aufgeſtellt wurden. — Waͤhrend bei den Hydrien der Gebrauch, die Aſche des Todten zu bergen, nur hinzutritt: ſtammt der Sarkophag (σορὸς, ϑήκη, λάναξ, solium) aus der, auch in Griechenland aͤlteren, Sitte des vollſtaͤndi- gen Begrabens, erhaͤlt ſich indeß (in Etrurien zur Aſchen- kiſte verkleinert, §. 174, 3.) durch alle Zeiten, und wird im ſpaͤteren Rom, zugleich mit dem Begraben, wie- der gewoͤhnlicher. Aus Holz, gebrannter Erde oder Stein (λίϑος σαρκοφάγος, sarcophagus) gearbeitet, ent- lehnt er oft die verzierenden Formen vom Hauſe (mit Thuͤren und Thuͤrgriffen), und ſchmuͤckt ſich mit Bild- werken, die gern freundliche und troſtvolle Vorſtellungen vom andern Leben anregen moͤgen. 5 6 1. Ueber die Vaſenformen Dubois Maiſonneuve Introduction à l’étude des Vases ant., accompagnée d’une collection des plus belles formes. 1817. 13 Livr. [Gargiulo Collez. delle diverse forme de’ vasi Italo-Greci. Nap. 1822.]. Die erſten Blätter bei Tiſchbein u. Millin, Millingen Div. A. B. C. Cogh. 32 sq., Inghirami v. pl. 47 — 54., viele bei Han- carville u. Laborde. Vgl. Gerhard Neapels Bildw. S. xxviii. Berl. Kunſtbl. 1828 Dec. Beſonders mannigfaltig u. zierlich geformt ſind die Henkel (vasi a volute, colonnette etc.) Böt- tiger Amalth. iii. S. 273. Die Größe der Vaſen ſteigt, bei den Kollerſchen in Berlin, bis 3 F. 6 Zoll Höhe. 2. Sehr wichtig iſt die Vorſtellung auf den Lampen, bei Bellori t. 16. u. beſ. Paſſeri Luc. fict. iii, 51, wo ein Repoſitorium mit der Urna, umher gutti, amphorae, Prochoen, auf dem obern Fache simpulum, acerra, secespitae und ein ſog. asper-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/383
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/383>, abgerufen am 25.11.2024.