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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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II. Geräthe.

1297. So getrennt der bewegliche Hausrath von den
Gebäuden durch das Verhältniß zum Boden der Erde
ist: so verwandt ist er hinsichtlich der Vereinigung von
Zweckmäßigkeit und Schönheit, welche der Griechische
Sinn überall auf gleiche Weise und auf dem kürzesten
Wege zu erreichen wußte, und der geometrischen Formen,
2welche er dabei als die Hauptformen anwendet. Nur
lassen Geräthe und Gefäße, eben weil sie bewegliches Gut
sind, in den Formen der Stützen, Füße, Henkel und
decorirenden Theile nicht blos das vegetabilische sondern
auch das animalische Leben in viel größerem Umfange
zu, als es die starre Architektur verträgt: wie man gleich
3an Thronen und andern Arten von Sesseln sieht. Diese
viel erwähnten Arten (§. 56, 2. 115, 2. 239, 5.)
von Geräthen, so wie die ebenfalls aus Holz gearbeiteten
Laden, (kheloi, larnakes §. 56. 57), Kasten und Käst-
chen (kibotoi, kibotia), Tische und Speisesofa's der
Alten sind wegen der Vergänglichkeit ihres Materials
uns im Ganzen nur mittelbar bekannt.

1. Winck. W. ii. S. 93. Mit Recht wendet Weinbrenner,
Architekt. Lehrbuch Th. iii. S. 29., die antiken Gefäßformen zur
Uebung des architektonischen Sinns an. Eine große Verirrung ist
der Versuch, die Vasenformen aus der Nachahmung von Lotoskel-
chen zu erklären, Christie Disquisitions on painted Vases
p.
119.

3. Die kibotoi sieht man als Kleiderbehälter (Pollux x,
137.) oft deutlich auf Vasengemählden, Millingen Un. mon. 35.
V. de Cogh. 30. Div. coll.
18. Inghir. S. v, 41. Aehnliche
Kasten kommen aber auch mit Oelfläschchen gefüllt vor, Div. coll.
58., so wie bei Opfern, 51. Auf Vasen sieht man oft sehr
zierliche Opfertische, trapezai (Polyb. iv, 35., Osann. Syll.
i, 74. C. I. p.
751.), z. B. Millingen Div. coll. 58. Tra-

II. Geraͤthe.

1297. So getrennt der bewegliche Hausrath von den
Gebaͤuden durch das Verhaͤltniß zum Boden der Erde
iſt: ſo verwandt iſt er hinſichtlich der Vereinigung von
Zweckmaͤßigkeit und Schoͤnheit, welche der Griechiſche
Sinn uͤberall auf gleiche Weiſe und auf dem kuͤrzeſten
Wege zu erreichen wußte, und der geometriſchen Formen,
2welche er dabei als die Hauptformen anwendet. Nur
laſſen Geraͤthe und Gefaͤße, eben weil ſie bewegliches Gut
ſind, in den Formen der Stuͤtzen, Fuͤße, Henkel und
decorirenden Theile nicht blos das vegetabiliſche ſondern
auch das animaliſche Leben in viel groͤßerem Umfange
zu, als es die ſtarre Architektur vertraͤgt: wie man gleich
3an Thronen und andern Arten von Seſſeln ſieht. Dieſe
viel erwaͤhnten Arten (§. 56, 2. 115, 2. 239, 5.)
von Geraͤthen, ſo wie die ebenfalls aus Holz gearbeiteten
Laden, (χηλοὶ, λάρνακες §. 56. 57), Kaſten und Kaͤſt-
chen (κιβωτοὶ, κιβώτια), Tiſche und Speiſeſofa’s der
Alten ſind wegen der Vergaͤnglichkeit ihres Materials
uns im Ganzen nur mittelbar bekannt.

1. Winck. W. ii. S. 93. Mit Recht wendet Weinbrenner,
Architekt. Lehrbuch Th. iii. S. 29., die antiken Gefäßformen zur
Uebung des architektoniſchen Sinns an. Eine große Verirrung iſt
der Verſuch, die Vaſenformen aus der Nachahmung von Lotoskel-
chen zu erklären, Chriſtie Disquisitions on painted Vases
p.
119.

3. Die κιβωτοὶ ſieht man als Kleiderbehälter (Pollux x,
137.) oft deutlich auf Vaſengemählden, Millingen Un. mon. 35.
V. de Cogh. 30. Div. coll.
18. Inghir. S. v, 41. Aehnliche
Kaſten kommen aber auch mit Oelfläſchchen gefüllt vor, Div. coll.
58., ſo wie bei Opfern, 51. Auf Vaſen ſieht man oft ſehr
zierliche Opfertiſche, τρὰπεζαι (Polyb. iv, 35., Oſann. Syll.
i, 74. C. I. p.
751.), z. B. Millingen Div. coll. 58. Τρά-

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[354/0376] II. Geraͤthe. 297. So getrennt der bewegliche Hausrath von den Gebaͤuden durch das Verhaͤltniß zum Boden der Erde iſt: ſo verwandt iſt er hinſichtlich der Vereinigung von Zweckmaͤßigkeit und Schoͤnheit, welche der Griechiſche Sinn uͤberall auf gleiche Weiſe und auf dem kuͤrzeſten Wege zu erreichen wußte, und der geometriſchen Formen, welche er dabei als die Hauptformen anwendet. Nur laſſen Geraͤthe und Gefaͤße, eben weil ſie bewegliches Gut ſind, in den Formen der Stuͤtzen, Fuͤße, Henkel und decorirenden Theile nicht blos das vegetabiliſche ſondern auch das animaliſche Leben in viel groͤßerem Umfange zu, als es die ſtarre Architektur vertraͤgt: wie man gleich an Thronen und andern Arten von Seſſeln ſieht. Dieſe viel erwaͤhnten Arten (§. 56, 2. 115, 2. 239, 5.) von Geraͤthen, ſo wie die ebenfalls aus Holz gearbeiteten Laden, (χηλοὶ, λάρνακες §. 56. 57), Kaſten und Kaͤſt- chen (κιβωτοὶ, κιβώτια), Tiſche und Speiſeſofa’s der Alten ſind wegen der Vergaͤnglichkeit ihres Materials uns im Ganzen nur mittelbar bekannt. 1 2 3 1. Winck. W. ii. S. 93. Mit Recht wendet Weinbrenner, Architekt. Lehrbuch Th. iii. S. 29., die antiken Gefäßformen zur Uebung des architektoniſchen Sinns an. Eine große Verirrung iſt der Verſuch, die Vaſenformen aus der Nachahmung von Lotoskel- chen zu erklären, Chriſtie Disquisitions on painted Vases p. 119. 3. Die κιβωτοὶ ſieht man als Kleiderbehälter (Pollux x, 137.) oft deutlich auf Vaſengemählden, Millingen Un. mon. 35. V. de Cogh. 30. Div. coll. 18. Inghir. S. v, 41. Aehnliche Kaſten kommen aber auch mit Oelfläſchchen gefüllt vor, Div. coll. 58., ſo wie bei Opfern, 51. Auf Vaſen ſieht man oft ſehr zierliche Opfertiſche, τρὰπεζαι (Polyb. iv, 35., Oſann. Syll. i, 74. C. I. p. 751.), z. B. Millingen Div. coll. 58. Τρά-

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/376>, abgerufen am 18.11.2024.