Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Tektonik. Gebäude.
nem prostylum. Was aber die Theile des Tem-6
pels anlangt, so unterscheidet man in größeren Tempel-
gebäuden folgende: 1. den Grundbau mit den Stufen,
suggestus, krepis oder krepidoma. 2. das eigentliche
Tempelhaus, naos, sekos, cella, bisweilen in demsel-
ben Gebäude doppelt; dazu gehören: a. to edos, der7
mit einer Brustwehr oder Gittern eingefaßte Platz der
Bildsäule, b. upaithron, locus sub divo, c. stoai,
porticus, auch uperooi, höhere Gallerien (§. 109, 7.),
d. bisweilen ein aduton, oder ein thalamos (§. 239,
2). 3. das Vorhaus, pronaos. 4. die Nachzelle, opi-
sthodomos. 5. den Säulenumgang, pteroma, alae, die
prostyla inbegreifend. 6. angebaute Säulenhallen, pro-
staseis, nur in besondern Fällen. Wie sehr die alte8
Architektonik sich bei den Tempelgebäuden, ungeachtet der
allgemeinen Regelmäßigkeit, dem jedesmaligen Bedürfniß
des besondern Cultus anzuschließen wußte, wird man um
so mehr bewundern müssen, je genauer man die vorhan-
denen Reste studirt.

2. Ueber die Beleuchtung der T. stellt Quatr. de Quincy (Mem.
de l'Inst. Roy. T. iii
) einige unhaltbare Behauptungen auf. --
Ueber die Lage der Tempelthür (die nach W. herrscht vor) Visconti
Memoires p. 18. u. die in des Vf. Min. Pol. p. 27. emendirte
Stelle des Vitruv iv, 5, 1.

5. Rundtempel besonders zusammengestellt in Piranesi's Rac-
colta dei Tempi antichi.

6. Tempel mit doppelten Cellen (naos diplous) hatten ge-
wöhnlich die Hauptthüren nach den entgegengesetzten schmalen Sei-
ten; doch kömmt auch vor, daß man durch einen in den andern
geht. Paus. vi, 20, 2. Hirt Gesch. iii. S. 35. Der Länge
nach getheilte Doppeltempel kann man nicht mit Sicherheit nachwei-
sen. Zwei Tempel in einem Gebäude übereinander Paus. iii, 15.
Den Hadrians-T. zu Kyzikos §. 191. theilt Aristeides Paneg.
Cyzic.
in den katageion, meson und uperoon; überall liefen
Gallerieen, dromoi, durch denselben. -- Ueber basilikenartige T.,
wie das T. Pacis, Hirt iii. S. 36.

22

I. Tektonik. Gebaͤude.
nem prostylum. Was aber die Theile des Tem-6
pels anlangt, ſo unterſcheidet man in groͤßeren Tempel-
gebaͤuden folgende: 1. den Grundbau mit den Stufen,
suggestus, κρηπὶς oder κρηπίδωμα. 2. das eigentliche
Tempelhaus, ναὸς, σηκὸς, cella, bisweilen in demſel-
ben Gebaͤude doppelt; dazu gehoͤren: a. τὸ ἕδος, der7
mit einer Bruſtwehr oder Gittern eingefaßte Platz der
Bildſaͤule, b. ὕπαιϑρον, locus sub divo, c. στοαὶ,
porticus, auch ὑπερῷοι, hoͤhere Gallerien (§. 109, 7.),
d. bisweilen ein ἄδυτον, oder ein ϑάλαμος (§. 239,
2). 3. das Vorhaus, πρόναος. 4. die Nachzelle, ὀπι-
σϑόδομος. 5. den Saͤulenumgang, πτέρωμα, alae, die
prostyla inbegreifend. 6. angebaute Saͤulenhallen, προ-
στάσεις, nur in beſondern Faͤllen. Wie ſehr die alte8
Architektonik ſich bei den Tempelgebaͤuden, ungeachtet der
allgemeinen Regelmaͤßigkeit, dem jedesmaligen Beduͤrfniß
des beſondern Cultus anzuſchließen wußte, wird man um
ſo mehr bewundern muͤſſen, je genauer man die vorhan-
denen Reſte ſtudirt.

2. Ueber die Beleuchtung der T. ſtellt Quatr. de Quincy (Mém.
de l’Inst. Roy. T. iii
) einige unhaltbare Behauptungen auf. —
Ueber die Lage der Tempelthür (die nach W. herrſcht vor) Viſconti
Mémoires p. 18. u. die in des Vf. Min. Pol. p. 27. emendirte
Stelle des Vitruv iv, 5, 1.

5. Rundtempel beſonders zuſammengeſtellt in Piraneſi’s Rac-
colta dei Tempi antichi.

6. Tempel mit doppelten Cellen (ναὸς διπλοῦς) hatten ge-
wöhnlich die Hauptthüren nach den entgegengeſetzten ſchmalen Sei-
ten; doch kömmt auch vor, daß man durch einen in den andern
geht. Pauſ. vi, 20, 2. Hirt Geſch. iii. S. 35. Der Länge
nach getheilte Doppeltempel kann man nicht mit Sicherheit nachwei-
ſen. Zwei Tempel in einem Gebäude übereinander Pauſ. iii, 15.
Den Hadrians-T. zu Kyzikos §. 191. theilt Ariſteides Paneg.
Cyzic.
in den καταγεῖον, μέσον und ὑπερῷον; überall liefen
Gallerieen, δρόμοι, durch denſelben. — Ueber baſilikenartige T.,
wie das T. Pacis, Hirt iii. S. 36.

22
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0359" n="337"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Tektonik. Geba&#x0364;ude.</fw><lb/>
nem <hi rendition="#aq">prostylum.</hi> Was aber die <hi rendition="#g">Theile</hi> des Tem-<note place="right">6</note><lb/>
pels anlangt, &#x017F;o unter&#x017F;cheidet man in gro&#x0364;ßeren Tempel-<lb/>
geba&#x0364;uden folgende: 1. den Grundbau mit den Stufen,<lb/><hi rendition="#aq">suggestus,</hi> &#x03BA;&#x03C1;&#x03B7;&#x03C0;&#x1F76;&#x03C2; oder &#x03BA;&#x03C1;&#x03B7;&#x03C0;&#x03AF;&#x03B4;&#x03C9;&#x03BC;&#x03B1;. 2. das eigentliche<lb/>
Tempelhaus, &#x03BD;&#x03B1;&#x1F78;&#x03C2;, &#x03C3;&#x03B7;&#x03BA;&#x1F78;&#x03C2;, <hi rendition="#aq">cella,</hi> bisweilen in dem&#x017F;el-<lb/>
ben Geba&#x0364;ude doppelt; dazu geho&#x0364;ren: <hi rendition="#aq">a.</hi> &#x03C4;&#x1F78; &#x1F15;&#x03B4;&#x03BF;&#x03C2;, der<note place="right">7</note><lb/>
mit einer Bru&#x017F;twehr oder Gittern eingefaßte Platz der<lb/>
Bild&#x017F;a&#x0364;ule, <hi rendition="#aq">b.</hi> &#x1F55;&#x03C0;&#x03B1;&#x03B9;&#x03D1;&#x03C1;&#x03BF;&#x03BD;, <hi rendition="#aq">locus sub divo, c.</hi> &#x03C3;&#x03C4;&#x03BF;&#x03B1;&#x1F76;,<lb/><hi rendition="#aq">porticus,</hi> auch &#x1F51;&#x03C0;&#x03B5;&#x03C1;&#x1FF7;&#x03BF;&#x03B9;, ho&#x0364;here Gallerien (§. 109, 7.),<lb/><hi rendition="#aq">d.</hi> bisweilen ein &#x1F04;&#x03B4;&#x03C5;&#x03C4;&#x03BF;&#x03BD;, oder ein &#x03D1;&#x03AC;&#x03BB;&#x03B1;&#x03BC;&#x03BF;&#x03C2; (§. 239,<lb/>
2). 3. das Vorhaus, &#x03C0;&#x03C1;&#x03CC;&#x03BD;&#x03B1;&#x03BF;&#x03C2;. 4. die Nachzelle, &#x1F40;&#x03C0;&#x03B9;-<lb/>
&#x03C3;&#x03D1;&#x03CC;&#x03B4;&#x03BF;&#x03BC;&#x03BF;&#x03C2;. 5. den Sa&#x0364;ulenumgang, &#x03C0;&#x03C4;&#x03AD;&#x03C1;&#x03C9;&#x03BC;&#x03B1;, <hi rendition="#aq">alae,</hi> die<lb/><hi rendition="#aq">prostyla</hi> inbegreifend. 6. angebaute Sa&#x0364;ulenhallen, &#x03C0;&#x03C1;&#x03BF;-<lb/>
&#x03C3;&#x03C4;&#x03AC;&#x03C3;&#x03B5;&#x03B9;&#x03C2;, nur in be&#x017F;ondern Fa&#x0364;llen. Wie &#x017F;ehr die alte<note place="right">8</note><lb/>
Architektonik &#x017F;ich bei den Tempelgeba&#x0364;uden, ungeachtet der<lb/>
allgemeinen Regelma&#x0364;ßigkeit, dem jedesmaligen Bedu&#x0364;rfniß<lb/>
des be&#x017F;ondern Cultus anzu&#x017F;chließen wußte, wird man um<lb/>
&#x017F;o mehr bewundern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, je genauer man die vorhan-<lb/>
denen Re&#x017F;te &#x017F;tudirt.</p><lb/>
                <p>2. Ueber die Beleuchtung der T. &#x017F;tellt Quatr. de Quincy (<hi rendition="#aq">Mém.<lb/>
de l&#x2019;Inst. Roy. T. <hi rendition="#k">iii</hi></hi>) einige unhaltbare Behauptungen auf. &#x2014;<lb/>
Ueber die Lage der Tempelthür (die nach W. herr&#x017F;cht vor) Vi&#x017F;conti<lb/><hi rendition="#aq">Mémoires p.</hi> 18. u. die in des Vf. <hi rendition="#aq">Min. Pol. p.</hi> 27. emendirte<lb/>
Stelle des Vitruv <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">iv,</hi></hi> 5, 1.</p><lb/>
                <p>5. Rundtempel be&#x017F;onders zu&#x017F;ammenge&#x017F;tellt in Pirane&#x017F;i&#x2019;s <hi rendition="#aq">Rac-<lb/>
colta dei Tempi antichi.</hi></p><lb/>
                <p>6. Tempel mit <hi rendition="#g">doppelten</hi> Cellen (&#x03BD;&#x03B1;&#x1F78;&#x03C2; &#x03B4;&#x03B9;&#x03C0;&#x03BB;&#x03BF;&#x1FE6;&#x03C2;) hatten ge-<lb/>
wöhnlich die Hauptthüren nach den entgegenge&#x017F;etzten &#x017F;chmalen Sei-<lb/>
ten; doch kömmt auch vor, daß man durch einen in den andern<lb/>
geht. Pau&#x017F;. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">vi</hi></hi>, 20, 2. Hirt Ge&#x017F;ch. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">iii</hi></hi>. S. 35. Der Länge<lb/>
nach getheilte Doppeltempel kann man nicht mit Sicherheit nachwei-<lb/>
&#x017F;en. Zwei Tempel in einem Gebäude übereinander Pau&#x017F;. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">iii</hi></hi>, 15.<lb/>
Den Hadrians-T. zu Kyzikos §. 191. theilt Ari&#x017F;teides <hi rendition="#aq">Paneg.<lb/>
Cyzic.</hi> in den &#x03BA;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B1;&#x03B3;&#x03B5;&#x1FD6;&#x03BF;&#x03BD;, &#x03BC;&#x03AD;&#x03C3;&#x03BF;&#x03BD; und &#x1F51;&#x03C0;&#x03B5;&#x03C1;&#x1FF7;&#x03BF;&#x03BD;; überall liefen<lb/>
Gallerieen, &#x03B4;&#x03C1;&#x03CC;&#x03BC;&#x03BF;&#x03B9;, durch den&#x017F;elben. &#x2014; Ueber ba&#x017F;ilikenartige T.,<lb/>
wie das <hi rendition="#aq">T. Pacis,</hi> Hirt <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">iii</hi></hi>. S. 36.</p><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">22</fw><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[337/0359] I. Tektonik. Gebaͤude. nem prostylum. Was aber die Theile des Tem- pels anlangt, ſo unterſcheidet man in groͤßeren Tempel- gebaͤuden folgende: 1. den Grundbau mit den Stufen, suggestus, κρηπὶς oder κρηπίδωμα. 2. das eigentliche Tempelhaus, ναὸς, σηκὸς, cella, bisweilen in demſel- ben Gebaͤude doppelt; dazu gehoͤren: a. τὸ ἕδος, der mit einer Bruſtwehr oder Gittern eingefaßte Platz der Bildſaͤule, b. ὕπαιϑρον, locus sub divo, c. στοαὶ, porticus, auch ὑπερῷοι, hoͤhere Gallerien (§. 109, 7.), d. bisweilen ein ἄδυτον, oder ein ϑάλαμος (§. 239, 2). 3. das Vorhaus, πρόναος. 4. die Nachzelle, ὀπι- σϑόδομος. 5. den Saͤulenumgang, πτέρωμα, alae, die prostyla inbegreifend. 6. angebaute Saͤulenhallen, προ- στάσεις, nur in beſondern Faͤllen. Wie ſehr die alte Architektonik ſich bei den Tempelgebaͤuden, ungeachtet der allgemeinen Regelmaͤßigkeit, dem jedesmaligen Beduͤrfniß des beſondern Cultus anzuſchließen wußte, wird man um ſo mehr bewundern muͤſſen, je genauer man die vorhan- denen Reſte ſtudirt. 6 7 8 2. Ueber die Beleuchtung der T. ſtellt Quatr. de Quincy (Mém. de l’Inst. Roy. T. iii) einige unhaltbare Behauptungen auf. — Ueber die Lage der Tempelthür (die nach W. herrſcht vor) Viſconti Mémoires p. 18. u. die in des Vf. Min. Pol. p. 27. emendirte Stelle des Vitruv iv, 5, 1. 5. Rundtempel beſonders zuſammengeſtellt in Piraneſi’s Rac- colta dei Tempi antichi. 6. Tempel mit doppelten Cellen (ναὸς διπλοῦς) hatten ge- wöhnlich die Hauptthüren nach den entgegengeſetzten ſchmalen Sei- ten; doch kömmt auch vor, daß man durch einen in den andern geht. Pauſ. vi, 20, 2. Hirt Geſch. iii. S. 35. Der Länge nach getheilte Doppeltempel kann man nicht mit Sicherheit nachwei- ſen. Zwei Tempel in einem Gebäude übereinander Pauſ. iii, 15. Den Hadrians-T. zu Kyzikos §. 191. theilt Ariſteides Paneg. Cyzic. in den καταγεῖον, μέσον und ὑπερῷον; überall liefen Gallerieen, δρόμοι, durch denſelben. — Ueber baſilikenartige T., wie das T. Pacis, Hirt iii. S. 36. 22

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/359
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/359>, abgerufen am 22.11.2024.