zu Hülfe, daß nach Aelian H. A. xii, 21. Achämenes wirklich eine wunderbare Fabelperson war, ein Zögling eines Adlers, wie bei Firdusi der Vogel Simurg die jungen Helden erzieht.
5. Diese doppelte Tracht ist durchgängig leicht zu unterscheiden. Die vornehmere, die der König selbst trägt, ist die Medike esthes; ihr war auch die Magike stole ähnlich. (S. Lukian Nekyom. 8). Zu der andern Tracht gehört der Ueberrock mit den leeren Aermeln oder korais (Kolchische, Amazonische, Ungarische Tracht, s. Amal- thea i. S. 169. ii. S. xii.), die Persische kandus, khiton on emporpountai (fibulis annectunt) oi stratiotai. Hesych. Pollux vii, 58. Ueber die Persischen Gewänder vgl. Voß My- thol. Briefe iii. S. 367. Mongez sur les costumes des Per- ses, Mem. de l'Inst. nat. Lett. iv. p. 22 sq. Die Tiara, Kidaris und Kyrbasia (vgl. Demetr. de eloc. 161.) sind schwer von einan- der zu unterscheiden. Die Peitsche oder Geißel, welche an man- chen Figuren von Kriegern deutlich hinter dem Köcher auf dem Rücken hängend angebracht ist, bezeichnet die Persischen mastigo- phoroi. -- Für die statistische Erklärung der Provinzen verweise ich ganz auf Heeren, Ideen ii, 1. S. 213 ff.
1247. Nirgends erscheint die bildende Kunst in ihren Gegenständen auf einen so bestimmten Kreis beschränkt wie hier. Die Gottheit, der reine Ormuzd, ursprüng- lich undarstellbar, wird als Gegenstand der Anbetung des Königs durch eine in der Höhe schwebende, nach un- ten in Flügel endende Halbfigur nur angedeutet; sonst gehören nur die symbolischen Thiere der Mythologie, 2alles Andre der geschichtlichen Gegenwart an. Der strenge Anstand, das steife Cäremoniel gebietet überall sorgfältige Bekleidung und feierliche Bewegung, selbst der Kampf mit Ungeheuern stört keins von Beiden; die völlige Ent- fernung der Frauen hat denselben Grund. In dem sehr minutiös ausgeführten Haarputz (komai pros- thetoi), den regelmäßigen Falten, den Spuren der Anfügung goldner Ketten und Zierden an den Hand- gelenken, dem Halse, der Tiara des Herrschers, er- kennt man überall die Einwirkung des Hofprunks und den 3Zwang eines äußern Gesetzes. Doch zeigt sich die Kunst nirgends als ein roher Versuch; vielmehr hat die Zeich- nung einen festen sichern Styl; die Gesichtsformen tra-
Hiſtoriſcher Theil.
zu Hülfe, daß nach Aelian H. A. xii, 21. Achämenes wirklich eine wunderbare Fabelperſon war, ein Zögling eines Adlers, wie bei Firduſi der Vogel Simurg die jungen Helden erzieht.
5. Dieſe doppelte Tracht iſt durchgängig leicht zu unterſcheiden. Die vornehmere, die der König ſelbſt trägt, iſt die Μηδικὴ ἐσϑὴς; ihr war auch die Μαγικὴ στολὴ ähnlich. (S. Lukian Nekyom. 8). Zu der andern Tracht gehört der Ueberrock mit den leeren Aermeln oder κόραις (Kolchiſche, Amazoniſche, Ungariſche Tracht, ſ. Amal- thea i. S. 169. ii. S. xii.), die Perſiſche κάνδυς, χιτὼν ὃν ἐμπορποῦνται (fibulis annectunt) οἱ στρατιῶται. Heſych. Pollux vii, 58. Ueber die Perſiſchen Gewänder vgl. Voß My- thol. Briefe iii. S. 367. Mongez sur les costumes des Per- ses, Mém. de l’Inst. nat. Lett. iv. p. 22 sq. Die Tiara, Kidaris und Kyrbaſia (vgl. Demetr. de eloc. 161.) ſind ſchwer von einan- der zu unterſcheiden. Die Peitſche oder Geißel, welche an man- chen Figuren von Kriegern deutlich hinter dem Köcher auf dem Rücken hängend angebracht iſt, bezeichnet die Perſiſchen μαστιγο- φόροι. — Für die ſtatiſtiſche Erklärung der Provinzen verweiſe ich ganz auf Heeren, Ideen ii, 1. S. 213 ff.
1247. Nirgends erſcheint die bildende Kunſt in ihren Gegenſtaͤnden auf einen ſo beſtimmten Kreis beſchraͤnkt wie hier. Die Gottheit, der reine Ormuzd, urſpruͤng- lich undarſtellbar, wird als Gegenſtand der Anbetung des Koͤnigs durch eine in der Hoͤhe ſchwebende, nach un- ten in Fluͤgel endende Halbfigur nur angedeutet; ſonſt gehoͤren nur die ſymboliſchen Thiere der Mythologie, 2alles Andre der geſchichtlichen Gegenwart an. Der ſtrenge Anſtand, das ſteife Caͤremoniel gebietet uͤberall ſorgfaͤltige Bekleidung und feierliche Bewegung, ſelbſt der Kampf mit Ungeheuern ſtoͤrt keins von Beiden; die voͤllige Ent- fernung der Frauen hat denſelben Grund. In dem ſehr minutioͤs ausgefuͤhrten Haarputz (κόμαι πρόσ- ϑετοι), den regelmaͤßigen Falten, den Spuren der Anfuͤgung goldner Ketten und Zierden an den Hand- gelenken, dem Halſe, der Tiara des Herrſchers, er- kennt man uͤberall die Einwirkung des Hofprunks und den 3Zwang eines aͤußern Geſetzes. Doch zeigt ſich die Kunſt nirgends als ein roher Verſuch; vielmehr hat die Zeich- nung einen feſten ſichern Styl; die Geſichtsformen tra-
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Hiſtoriſcher Theil.
zu Hülfe, daß nach Aelian H. A. xii, 21. Achämenes wirklich
eine wunderbare Fabelperſon war, ein Zögling eines Adlers, wie
bei Firduſi der Vogel Simurg die jungen Helden erzieht.
5. Dieſe doppelte Tracht iſt durchgängig leicht zu unterſcheiden.
Die vornehmere, die der König ſelbſt trägt, iſt die Μηδικὴ ἐσϑὴς;
ihr war auch die Μαγικὴ στολὴ ähnlich. (S. Lukian Nekyom. 8).
Zu der andern Tracht gehört der Ueberrock mit den leeren Aermeln
oder κόραις (Kolchiſche, Amazoniſche, Ungariſche Tracht, ſ. Amal-
thea i. S. 169. ii. S. xii.), die Perſiſche κάνδυς, χιτὼν ὃν
ἐμπορποῦνται (fibulis annectunt) οἱ στρατιῶται. Heſych.
Pollux vii, 58. Ueber die Perſiſchen Gewänder vgl. Voß My-
thol. Briefe iii. S. 367. Mongez sur les costumes des Per-
ses, Mém. de l’Inst. nat. Lett. iv. p. 22 sq. Die Tiara, Kidaris
und Kyrbaſia (vgl. Demetr. de eloc. 161.) ſind ſchwer von einan-
der zu unterſcheiden. Die Peitſche oder Geißel, welche an man-
chen Figuren von Kriegern deutlich hinter dem Köcher auf dem
Rücken hängend angebracht iſt, bezeichnet die Perſiſchen μαστιγο-
φόροι. — Für die ſtatiſtiſche Erklärung der Provinzen verweiſe
ich ganz auf Heeren, Ideen ii, 1. S. 213 ff.
247. Nirgends erſcheint die bildende Kunſt in ihren
Gegenſtaͤnden auf einen ſo beſtimmten Kreis beſchraͤnkt
wie hier. Die Gottheit, der reine Ormuzd, urſpruͤng-
lich undarſtellbar, wird als Gegenſtand der Anbetung
des Koͤnigs durch eine in der Hoͤhe ſchwebende, nach un-
ten in Fluͤgel endende Halbfigur nur angedeutet; ſonſt
gehoͤren nur die ſymboliſchen Thiere der Mythologie,
alles Andre der geſchichtlichen Gegenwart an. Der ſtrenge
Anſtand, das ſteife Caͤremoniel gebietet uͤberall ſorgfaͤltige
Bekleidung und feierliche Bewegung, ſelbſt der Kampf
mit Ungeheuern ſtoͤrt keins von Beiden; die voͤllige Ent-
fernung der Frauen hat denſelben Grund. In dem
ſehr minutioͤs ausgefuͤhrten Haarputz (κόμαι πρόσ-
ϑετοι), den regelmaͤßigen Falten, den Spuren der
Anfuͤgung goldner Ketten und Zierden an den Hand-
gelenken, dem Halſe, der Tiara des Herrſchers, er-
kennt man uͤberall die Einwirkung des Hofprunks und den
Zwang eines aͤußern Geſetzes. Doch zeigt ſich die Kunſt
nirgends als ein roher Verſuch; vielmehr hat die Zeich-
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/294>, abgerufen am 24.11.2024.
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