sonders des Nabuchodonosor, welcher der alten Stadt im Westen des Euphrat eine neue, östlich vom Strome, zum 4Schutz dieser Seite hinzufügte, beide mit mehrern Be- festigungslinien umgab, und besonders die Neustadt mit 5herrlichen Werken schmückte; unter denen eine Nachah- mung eines Persischen Berg-Paradeisos uns am genaue- sten bekannt ist.
2. Birs Nimrod, 11/2 deutsche Meilen vom Euphrat, und doch nach Herodot und Diodor mitten in der Stadt. Unten ein ungeheures ieron, welches aber nicht als zusammenhängendes Ge- bäude zu denken ist, 1200 Fuß im Quadrat, worin der T. des Baal mit der goldnen Bildsäule. Diesen schloß ein runder Thurm ein, der sich in 8 Terrassen erhob, unten 600 F. dick. Im obersten Stockwerke der heiligste T. ohne Bild; nur mit einem goldnen Tisch und Ruhebett für den Gott. Nach Herodot. 600 Fuß hoch nach Strabon.
3. Wir ziehen entschieden Berosos Archivnachrichten über den Ursprung dieser Anlagen (bei Josephus; Berosi quae supersunt, ed. Richter p. 65), mit denen sich auch Herodot wohl vereini- gen läßt, den Fabeln bei Ktesias und Diodor vor, welche zum Theil auf der volksmäßigen Benennung Semirameia erga für alle großen Werke im Orient beruhen. Wie vortrefflich Berosos Angaben mit den vorhandnen Trümmern stimmen, hat Heeren gezeigt, Ideen i, 2. S. 172 ff.
4. Ueber die Mauern Babylons, Erbauer, Größe u. s. w. die Commentatoren zu Diodor ii, 7.
5. Nabuch. baut nach Berosos diesen künstlichen paradei- sos für seine Medische Gemahlin Amuhia (Ritokris? vgl. Nie- buhr kleine Schriften S. 208 f.). Nach Diodor ii, 10 läßt sich ein völlig genauer Plan davon machen; Strab. xvi. p. 738. welcher von Gewölben spricht, ist ungenauer. Der ganze Bau 400 F. im #. Parallele Backsteinmauern 22 Fuß stark, durch Gänge (surigges) von 10 Fuß getrennt. (Bei Curtius v, 5 schreibe: quippe xxpedes lati parietes sustinent, xi pedum intervallo distantes; denn der Mauern konnten nur 13 sein, Syringen 12.). Steinbalken 16 Fuß lang (weil 22 + 10 = 2 x 16) liegen darüber; alsdann 4 Lagen: Rohr in Asphalt; Backsteine in Gyps; Blei; Gartenerde. Die untern Lagen verhüten auf eine sehr zweckmäßige Weise das Durchdringen der Nässe und Zersprengen des Gemäuers durch die schwer zu be- zwingende Kraft der Vegetation. Die höchste Terrasse, 50 Fuß
Hiſtoriſcher Theil.
ſonders des Nabuchodonoſor, welcher der alten Stadt im Weſten des Euphrat eine neue, oͤſtlich vom Strome, zum 4Schutz dieſer Seite hinzufuͤgte, beide mit mehrern Be- feſtigungslinien umgab, und beſonders die Neuſtadt mit 5herrlichen Werken ſchmuͤckte; unter denen eine Nachah- mung eines Perſiſchen Berg-Paradeiſos uns am genaue- ſten bekannt iſt.
2. Birs Nimrod, 1½ deutſche Meilen vom Euphrat, und doch nach Herodot und Diodor mitten in der Stadt. Unten ein ungeheures ἱερὸν, welches aber nicht als zuſammenhängendes Ge- bäude zu denken iſt, 1200 Fuß im Quadrat, worin der T. des Baal mit der goldnen Bildſäule. Dieſen ſchloß ein runder Thurm ein, der ſich in 8 Terraſſen erhob, unten 600 F. dick. Im oberſten Stockwerke der heiligſte T. ohne Bild; nur mit einem goldnen Tiſch und Ruhebett für den Gott. Nach Herodot. 600 Fuß hoch nach Strabon.
3. Wir ziehen entſchieden Beroſos Archivnachrichten über den Urſprung dieſer Anlagen (bei Joſephus; Berosi quae supersunt, ed. Richter p. 65), mit denen ſich auch Herodot wohl vereini- gen läßt, den Fabeln bei Kteſias und Diodor vor, welche zum Theil auf der volksmäßigen Benennung Σεμιράμεια ἔργα für alle großen Werke im Orient beruhen. Wie vortrefflich Beroſos Angaben mit den vorhandnen Trümmern ſtimmen, hat Heeren gezeigt, Ideen i, 2. S. 172 ff.
4. Ueber die Mauern Babylons, Erbauer, Größe u. ſ. w. die Commentatoren zu Diodor ii, 7.
5. Nabuch. baut nach Beroſos dieſen künſtlichen παράδει- σος für ſeine Mediſche Gemahlin Amuhia (Ritokris? vgl. Nie- buhr kleine Schriften S. 208 f.). Nach Diodor ii, 10 läßt ſich ein völlig genauer Plan davon machen; Strab. xvi. p. 738. welcher von Gewölben ſpricht, iſt ungenauer. Der ganze Bau 400 F. im □. Parallele Backſteinmauern 22 Fuß ſtark, durch Gänge (σύριγγες) von 10 Fuß getrennt. (Bei Curtius v, 5 ſchreibe: quippe xxpedes lati parietes sustinent, xi pedum intervallo distantes; denn der Mauern konnten nur 13 ſein, Syringen 12.). Steinbalken 16 Fuß lang (weil 22 † 10 = 2 × 16) liegen darüber; alsdann 4 Lagen: Rohr in Asphalt; Backſteine in Gyps; Blei; Gartenerde. Die untern Lagen verhüten auf eine ſehr zweckmäßige Weiſe das Durchdringen der Näſſe und Zerſprengen des Gemäuers durch die ſchwer zu be- zwingende Kraft der Vegetation. Die höchſte Terraſſe, 50 Fuß
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Hiſtoriſcher Theil.
ſonders des Nabuchodonoſor, welcher der alten Stadt im
Weſten des Euphrat eine neue, oͤſtlich vom Strome, zum
Schutz dieſer Seite hinzufuͤgte, beide mit mehrern Be-
feſtigungslinien umgab, und beſonders die Neuſtadt mit
herrlichen Werken ſchmuͤckte; unter denen eine Nachah-
mung eines Perſiſchen Berg-Paradeiſos uns am genaue-
ſten bekannt iſt.
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doch nach Herodot und Diodor mitten in der Stadt. Unten ein
ungeheures ἱερὸν, welches aber nicht als zuſammenhängendes Ge-
bäude zu denken iſt, 1200 Fuß im Quadrat, worin der T. des
Baal mit der goldnen Bildſäule. Dieſen ſchloß ein runder Thurm
ein, der ſich in 8 Terraſſen erhob, unten 600 F. dick. Im oberſten
Stockwerke der heiligſte T. ohne Bild; nur mit einem goldnen
Tiſch und Ruhebett für den Gott. Nach Herodot. 600 Fuß
hoch nach Strabon.
3. Wir ziehen entſchieden Beroſos Archivnachrichten über den
Urſprung dieſer Anlagen (bei Joſephus; Berosi quae supersunt,
ed. Richter p. 65), mit denen ſich auch Herodot wohl vereini-
gen läßt, den Fabeln bei Kteſias und Diodor vor, welche zum
Theil auf der volksmäßigen Benennung Σεμιράμεια ἔργα
für alle großen Werke im Orient beruhen. Wie vortrefflich
Beroſos Angaben mit den vorhandnen Trümmern ſtimmen, hat
Heeren gezeigt, Ideen i, 2. S. 172 ff.
4. Ueber die Mauern Babylons, Erbauer, Größe u. ſ. w.
die Commentatoren zu Diodor ii, 7.
5. Nabuch. baut nach Beroſos dieſen künſtlichen παράδει-
σος für ſeine Mediſche Gemahlin Amuhia (Ritokris? vgl. Nie-
buhr kleine Schriften S. 208 f.). Nach Diodor ii, 10 läßt
ſich ein völlig genauer Plan davon machen; Strab. xvi. p. 738.
welcher von Gewölben ſpricht, iſt ungenauer. Der ganze Bau
400 F. im □. Parallele Backſteinmauern 22 Fuß ſtark, durch
Gänge (σύριγγες) von 10 Fuß getrennt. (Bei Curtius v, 5
ſchreibe: quippe xx pedes lati parietes sustinent, xi
pedum intervallo distantes; denn der Mauern konnten nur
13 ſein, Syringen 12.). Steinbalken 16 Fuß lang (weil
22 † 10 = 2 × 16) liegen darüber; alsdann 4 Lagen: Rohr
in Asphalt; Backſteine in Gyps; Blei; Gartenerde. Die untern
Lagen verhüten auf eine ſehr zweckmäßige Weiſe das Durchdringen
der Näſſe und Zerſprengen des Gemäuers durch die ſchwer zu be-
zwingende Kraft der Vegetation. Die höchſte Terraſſe, 50 Fuß
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/278>, abgerufen am 28.11.2024.
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