Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.Griechen. Fünfte Periode. Belagerungen und Eroberungen, indem namentlich denehrlichen und für Bildung empfänglichen Gothen kaum irgendwo ein freventliches Zerstören von Kunstwerken nach historischen Zeugnissen vorgeworfen werden kann. Gewiß5 ist die unübersehbare Masse von Kriegs- und Hungers- noth, Pest und aller Art von Leiden, welche Rom im sechsten und siebenten Jahrhundert traf, bei der Geschichte des Untergangs der alten Kunst wohl in Rechnung zu bringen; dazwischen liegende Zeiten von Prosperität wa- ren den alten Bauwerken, die nun zu neuen benutzt wur- den, nur um so gefährlicher. Und doch waren es nicht6 diese äußern Ereignisse, welche hauptsächlich das Verge- hen der antiken Kunst, das stufenweise schon lange vor ihrem Beginn eingetreten war, herbeiführten und verschul- deten; es war die innre Erschöpfung und Schwächung des menschlichen Geistes, der Verfall alles antiken Sin- nes, kurz der in innern Lebensgesetzen begründete Unter- gang der gesammten geistigen Welt, aus welcher die Kunst selbst hervorgegangen war. Das Gebäude der an- tiken Kunst mußte, auch ohne diese äußern Anstöße, in sich selbst zusammensinken. 1. S. Heyne: Priscae artis opera quae Cpoli exstitisse Constantin führt Bilder von Rom, Griechenland, besonders Griechen. Fuͤnfte Periode. Belagerungen und Eroberungen, indem namentlich denehrlichen und fuͤr Bildung empfaͤnglichen Gothen kaum irgendwo ein freventliches Zerſtoͤren von Kunſtwerken nach hiſtoriſchen Zeugniſſen vorgeworfen werden kann. Gewiß5 iſt die unuͤberſehbare Maſſe von Kriegs- und Hungers- noth, Peſt und aller Art von Leiden, welche Rom im ſechſten und ſiebenten Jahrhundert traf, bei der Geſchichte des Untergangs der alten Kunſt wohl in Rechnung zu bringen; dazwiſchen liegende Zeiten von Proſperitaͤt wa- ren den alten Bauwerken, die nun zu neuen benutzt wur- den, nur um ſo gefaͤhrlicher. Und doch waren es nicht6 dieſe aͤußern Ereigniſſe, welche hauptſaͤchlich das Verge- hen der antiken Kunſt, das ſtufenweiſe ſchon lange vor ihrem Beginn eingetreten war, herbeifuͤhrten und verſchul- deten; es war die innre Erſchoͤpfung und Schwaͤchung des menſchlichen Geiſtes, der Verfall alles antiken Sin- nes, kurz der in innern Lebensgeſetzen begruͤndete Unter- gang der geſammten geiſtigen Welt, aus welcher die Kunſt ſelbſt hervorgegangen war. Das Gebaͤude der an- tiken Kunſt mußte, auch ohne dieſe aͤußern Anſtoͤße, in ſich ſelbſt zuſammenſinken. 1. S. Heyne: Priscae artis opera quae Cpoli exstitisse Conſtantin führt Bilder von Rom, Griechenland, beſonders <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0237" n="215"/><fw place="top" type="header">Griechen. Fuͤnfte Periode.</fw><lb/> Belagerungen und Eroberungen, indem namentlich den<lb/> ehrlichen und fuͤr Bildung empfaͤnglichen Gothen kaum<lb/> irgendwo ein freventliches Zerſtoͤren von Kunſtwerken nach<lb/> hiſtoriſchen Zeugniſſen vorgeworfen werden kann. Gewiß<note place="right">5</note><lb/> iſt die unuͤberſehbare Maſſe von Kriegs- und Hungers-<lb/> noth, Peſt und aller Art von Leiden, welche Rom im<lb/> ſechſten und ſiebenten Jahrhundert traf, bei der Geſchichte<lb/> des Untergangs der alten Kunſt wohl in Rechnung zu<lb/> bringen; dazwiſchen liegende Zeiten von Proſperitaͤt wa-<lb/> ren den alten Bauwerken, die nun zu neuen benutzt wur-<lb/> den, nur um ſo gefaͤhrlicher. 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Griechen. Fuͤnfte Periode.
Belagerungen und Eroberungen, indem namentlich den
ehrlichen und fuͤr Bildung empfaͤnglichen Gothen kaum
irgendwo ein freventliches Zerſtoͤren von Kunſtwerken nach
hiſtoriſchen Zeugniſſen vorgeworfen werden kann. Gewiß
iſt die unuͤberſehbare Maſſe von Kriegs- und Hungers-
noth, Peſt und aller Art von Leiden, welche Rom im
ſechſten und ſiebenten Jahrhundert traf, bei der Geſchichte
des Untergangs der alten Kunſt wohl in Rechnung zu
bringen; dazwiſchen liegende Zeiten von Proſperitaͤt wa-
ren den alten Bauwerken, die nun zu neuen benutzt wur-
den, nur um ſo gefaͤhrlicher. Und doch waren es nicht
dieſe aͤußern Ereigniſſe, welche hauptſaͤchlich das Verge-
hen der antiken Kunſt, das ſtufenweiſe ſchon lange vor
ihrem Beginn eingetreten war, herbeifuͤhrten und verſchul-
deten; es war die innre Erſchoͤpfung und Schwaͤchung
des menſchlichen Geiſtes, der Verfall alles antiken Sin-
nes, kurz der in innern Lebensgeſetzen begruͤndete Unter-
gang der geſammten geiſtigen Welt, aus welcher die
Kunſt ſelbſt hervorgegangen war. Das Gebaͤude der an-
tiken Kunſt mußte, auch ohne dieſe aͤußern Anſtoͤße, in
ſich ſelbſt zuſammenſinken.
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1. S. Heyne: Priscae artis opera quae Cpoli exstitisse
memorantur, Commentat. Gott. xi. p. 3. De interitu
operum tum antiquae tum serioris artis quae Cpoli fuisse
memorantur. Ebd. xii. p. 273. Peterſen Einleitung S. 120.
Conſtantin führt Bilder von Rom, Griechenland, beſonders
aus Kleinaſien nach Byzanz. Ueber Byzanz Pracht im Allgemeinen
Himerios Or. vii. Ueber die Statuen von Göttern, Heroen,
hiſtoriſchen Perſonen im Bade des Zeuxippos, welches Severus
angelegt, Conſtantin verſchönert hatten, Chriſtodor Ἔκφρασις, An-
thologia Palat. ii. Auf dem Platze der Sophienkirche ſtanden
vor Juſtinian 427 Statuen ältrer Künſtler. Auch von ungeheu-
ren Coloſſen der Hera, des Herakles hört man bei der Geſchichte
der Fränkiſchen Verwüſtung (Niketas). Im Einzelnen läßt ſich
aber wenig ſichres ſagen; die Byzantiner nennen gern jedes Götter-
bild nach dem Hauptort des Cultus (Samiſche Hera, Knidiſche
Aphrodite, Olympiſcher Zeus). — Rom wurde auch durch das
Exarchat noch beraubt, beſonders 663 unter Conſtans II, ſogar
der Erzziegel des Pantheon.
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