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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Historischer Theil.
weil man keine Geister mehr darzustellen hat, vernach-
2lässigt man auch die Körper. Indessen gab es geist-
reiche und treffliche Bildhauer, welche die Palläste der
Cäsaren mit ausgezeichnet schönen Gruppen anfüllten;
3und in Nero's Zeit erhebt sich Zenodoros, zuerst in Gal-
lien, dann Rom, als ein großer Erzgießer. Sein Haupt-
werk war ein Helios-Nero von 110 Fuß Höhe. So
nahe er in der Geschicklichkeit des Modellirens und Cise-
lirens den Alten gekommen sein soll (er bildete auch Be-
cher des Kalamis täuschend nach): so wenig konnte er,
bei den größten äußern Vortheilen, die verloren gegan-
gene feinere Technik des Erzgusses wieder erneuern.

1. Luxuriae ministri, Seneca Epist. 88. -- Plin.
xxxv, 2.

2. Similiter Palatinas domos Caesarum replevere pro-
batissimis signis Craterus cum Pythodoro, Polydectes
cum Hermolao, Pythodorus alius cum Artemone; et sin-
gularis Aphrodisius Trallianus,
Plin. xxxvi, 4, 11. Ueber
den Laokoon oben §. 156. Ob der Arbeiter des Torso, LPOL-
LoNIOS NESTOROS AThENAIOS EPOIEI, auch
dieser Zeit angehört? Thiersch Epochen S. 332. Sonst sind
keine Bildhauer der Zeit bekannt als ein Julius Chimarus, wel-
cher dem Germanicus Statuen gearbeitet, nach einer Inschr.; und
Menodoros (unter Caligula?) bei Pausan. Nero selbst legte sich
auf Toreutik und Mahlerei. Die Künstlernamen bei Virgil schei-
nen sich auf keine wirklichen Personen zu beziehn.

3. Er sollte ein Nero werden, aber wurde, 75 n. Chr., als
Sol dedicirt. Er hatte 7 Strahlen um das Haupt. So hat Nero
auch in der Büste im Louvre (n. 334.) u. sonst Strahlen ums
Haupt. Der Coloss stand auf dem Platze des nachmaligen T. Ur-
bis
und wurde von Decrianus (§. 191.) mit der Hülfe von
24 Elephanten translocirt. Spartian Hadr. 19. Die Angaben
über die Größe schwanken zwischen 100 u. 127, 110 hat Pli-
nius. S. die Stellen bei Eckhel D. N. vi. p. 335.

1198. Die sichersten Quellen der Kunstgeschichte der
Zeit sind erstens die Bildwerke an den
öffentlichen Denkmälern
, deren sich aber
erst, bei dem Untergang der frühern, unter den Flaviern
2finden. Die Reliefs am Triumphbogen des Titus, die

Hiſtoriſcher Theil.
weil man keine Geiſter mehr darzuſtellen hat, vernach-
2laͤſſigt man auch die Koͤrper. Indeſſen gab es geiſt-
reiche und treffliche Bildhauer, welche die Pallaͤſte der
Caͤſaren mit ausgezeichnet ſchoͤnen Gruppen anfuͤllten;
3und in Nero’s Zeit erhebt ſich Zenodoros, zuerſt in Gal-
lien, dann Rom, als ein großer Erzgießer. Sein Haupt-
werk war ein Helios-Nero von 110 Fuß Hoͤhe. So
nahe er in der Geſchicklichkeit des Modellirens und Ciſe-
lirens den Alten gekommen ſein ſoll (er bildete auch Be-
cher des Kalamis taͤuſchend nach): ſo wenig konnte er,
bei den groͤßten aͤußern Vortheilen, die verloren gegan-
gene feinere Technik des Erzguſſes wieder erneuern.

1. Luxuriae ministri, Seneca Epist. 88. — Plin.
xxxv, 2.

2. Similiter Palatinas domos Caesarum replevere pro-
batissimis signis Craterus cum Pythodoro, Polydectes
cum Hermolao, Pythodorus alius cum Artemone; et sin-
gularis Aphrodisius Trallianus,
Plin. xxxvi, 4, 11. Ueber
den Laokoon oben §. 156. Ob der Arbeiter des Torſo, ΛΠΟΛ-
ΛωΝΙΟΣ ΝΕΣΤΟΡΟΣ ΑΘΗΝΑΙΟΣ ΕΠΟΙΕΙ, auch
dieſer Zeit angehört? Thierſch Epochen S. 332. Sonſt ſind
keine Bildhauer der Zeit bekannt als ein Julius Chimarus, wel-
cher dem Germanicus Statuen gearbeitet, nach einer Inſchr.; und
Menodoros (unter Caligula?) bei Pauſan. Nero ſelbſt legte ſich
auf Toreutik und Mahlerei. Die Künſtlernamen bei Virgil ſchei-
nen ſich auf keine wirklichen Perſonen zu beziehn.

3. Er ſollte ein Nero werden, aber wurde, 75 n. Chr., als
Sol dedicirt. Er hatte 7 Strahlen um das Haupt. So hat Nero
auch in der Büſte im Louvre (n. 334.) u. ſonſt Strahlen ums
Haupt. Der Coloſſ ſtand auf dem Platze des nachmaligen T. Ur-
bis
und wurde von Decrianus (§. 191.) mit der Hülfe von
24 Elephanten translocirt. Spartian Hadr. 19. Die Angaben
über die Größe ſchwanken zwiſchen 100 u. 127, 110 hat Pli-
nius. S. die Stellen bei Eckhel D. N. vi. p. 335.

1198. Die ſicherſten Quellen der Kunſtgeſchichte der
Zeit ſind erſtens die Bildwerke an den
oͤffentlichen Denkmaͤlern
, deren ſich aber
erſt, bei dem Untergang der fruͤhern, unter den Flaviern
2finden. Die Reliefs am Triumphbogen des Titus, die

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[190/0212] Hiſtoriſcher Theil. weil man keine Geiſter mehr darzuſtellen hat, vernach- laͤſſigt man auch die Koͤrper. Indeſſen gab es geiſt- reiche und treffliche Bildhauer, welche die Pallaͤſte der Caͤſaren mit ausgezeichnet ſchoͤnen Gruppen anfuͤllten; und in Nero’s Zeit erhebt ſich Zenodoros, zuerſt in Gal- lien, dann Rom, als ein großer Erzgießer. Sein Haupt- werk war ein Helios-Nero von 110 Fuß Hoͤhe. So nahe er in der Geſchicklichkeit des Modellirens und Ciſe- lirens den Alten gekommen ſein ſoll (er bildete auch Be- cher des Kalamis taͤuſchend nach): ſo wenig konnte er, bei den groͤßten aͤußern Vortheilen, die verloren gegan- gene feinere Technik des Erzguſſes wieder erneuern. 2 3 1. Luxuriae ministri, Seneca Epist. 88. — Plin. xxxv, 2. 2. Similiter Palatinas domos Caesarum replevere pro- batissimis signis Craterus cum Pythodoro, Polydectes cum Hermolao, Pythodorus alius cum Artemone; et sin- gularis Aphrodisius Trallianus, Plin. xxxvi, 4, 11. Ueber den Laokoon oben §. 156. Ob der Arbeiter des Torſo, ΛΠΟΛ- ΛωΝΙΟΣ ΝΕΣΤΟΡΟΣ ΑΘΗΝΑΙΟΣ ΕΠΟΙΕΙ, auch dieſer Zeit angehört? Thierſch Epochen S. 332. Sonſt ſind keine Bildhauer der Zeit bekannt als ein Julius Chimarus, wel- cher dem Germanicus Statuen gearbeitet, nach einer Inſchr.; und Menodoros (unter Caligula?) bei Pauſan. Nero ſelbſt legte ſich auf Toreutik und Mahlerei. Die Künſtlernamen bei Virgil ſchei- nen ſich auf keine wirklichen Perſonen zu beziehn. 3. Er ſollte ein Nero werden, aber wurde, 75 n. Chr., als Sol dedicirt. Er hatte 7 Strahlen um das Haupt. So hat Nero auch in der Büſte im Louvre (n. 334.) u. ſonſt Strahlen ums Haupt. Der Coloſſ ſtand auf dem Platze des nachmaligen T. Ur- bis und wurde von Decrianus (§. 191.) mit der Hülfe von 24 Elephanten translocirt. Spartian Hadr. 19. Die Angaben über die Größe ſchwanken zwiſchen 100 u. 127, 110 hat Pli- nius. S. die Stellen bei Eckhel D. N. vi. p. 335. 198. Die ſicherſten Quellen der Kunſtgeſchichte der Zeit ſind erſtens die Bildwerke an den oͤffentlichen Denkmaͤlern, deren ſich aber erſt, bei dem Untergang der fruͤhern, unter den Flaviern finden. Die Reliefs am Triumphbogen des Titus, die 1 2

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/212>, abgerufen am 28.11.2024.