anomias to nosema -- oti de ede te edu kai pantakho- then to es auto kerdaleon, touto kai kalon kai khresimon kateste. Thukyd. ii, 53.
4. Im öffentlichen Leben tritt an die Stelle des durch die durch- dringende Kraft des Geistes herrschenden Olympios Perikles das Geschlecht der kolakes tou demou, Kleon u. s. w.; auf das häus- liche Leben erhalten die Hetären immer mehr Einwirkung; in der Tragödie gewinnt den Geschmack des großen Publicums der pa- thetikotatos und deinotatos Euripides; die Lyrik geht in den neuen zügellosen und prunkvollen Dithyrambos über, dessen Meister (Melanippides, Kinesias, Philoxenos, Telestes, Phrynis und Ti- motheos von Milet) von den Strengern als die Verderber der Mu- sik, besonders ihres ethischen Charakters, der auf epode und ka- tharsis der Leidenschaften beruht, angesehn wurden: wodurch zu- gleich die Rhythmik, um Ol. 90, regelloser und schlaffer wird. Die alte Redekunst ist auf einen symmetrischen Satzbau gegründet, und fordert die ruhigste Declamation; neben dieser tritt allmälig eine affektvolle, pathetische Redekunst hervor.
Besonders zu beachten ist hier die immer zunehmende Frei- heit und Heftigkeit im körperlichen Ausdrucke der Gemüthsbewegungen. Der Spartanische Jüngling bewegt nach Xenophon die Augen nicht mehr als ein Erzbild (Dorier ii, S. 268). In Athen bewahrt noch Perikles die prosopou su- stasis athruptos eis gelota kai praotes poreias kai ka- tastole periboles pros ouden ektarattomene pathos en to legein kai plasma phones athorubon. Plut. Perikl. 5. Vgl. Siebelis zu Winck. W. B. viii, S. 94. Durch Kleon kamen heftige und freie Bewegungen (to ten kheira exo ekhein) auf der Rednerbühne auf, und die alte eukosmia ton Retoron verschwand. Plut. Nikias 8. Tib. Gracchus 2. Aeschines g. Timarch §. 25 ff. Bekk. Demosth. p. parapr. p. 420. R. (Aeschines, o kalos andrias, ist ein Affe der Alten; in Demosthenes erreicht die Redekunst des heftig bewegten Gemüths, doch nicht ganz ohne panourgia und eutrapelia, ihren Gipfel, auf dem sie noch den späteren Leser korubantian macht, Dionys. über Demosth. p. 1022.). Auf der Bühne beginnt eine lebhafte, pathetische Gesticulation mit Kallippides, Alkibiades Zeitgenoß, den Myniskos, Aeschylos Schauspieler, deswegen pithekos nannte. Aristot. Poet. 26. cum Intpp. Xenoph. Sympos. 3, 11.
104. Mit diesem Zeitgeist hängt die Richtung der1 Künstler eng zusammen, durch welche die bildende Kunst
4. Im öffentlichen Leben tritt an die Stelle des durch die durch- dringende Kraft des Geiſtes herrſchenden Olympios Perikles das Geſchlecht der κόλακες τοῦ δήμου, Kleon u. ſ. w.; auf das häus- liche Leben erhalten die Hetären immer mehr Einwirkung; in der Tragödie gewinnt den Geſchmack des großen Publicums der πα- ϑητικώτατος und δεινότατος Euripides; die Lyrik geht in den neuen zügelloſen und prunkvollen Dithyrambos über, deſſen Meiſter (Melanippides, Kineſias, Philoxenos, Teleſtes, Phrynis und Ti- motheos von Milet) von den Strengern als die Verderber der Mu- ſik, beſonders ihres ethiſchen Charakters, der auf ἐπῳδὴ und κά- ϑαρσις der Leidenſchaften beruht, angeſehn wurden: wodurch zu- gleich die Rhythmik, um Ol. 90, regelloſer und ſchlaffer wird. Die alte Redekunſt iſt auf einen ſymmetriſchen Satzbau gegründet, und fordert die ruhigſte Declamation; neben dieſer tritt allmälig eine affektvolle, pathetiſche Redekunſt hervor.
Beſonders zu beachten iſt hier die immer zunehmende Frei- heit und Heftigkeit im körperlichen Ausdrucke der Gemüthsbewegungen. Der Spartaniſche Jüngling bewegt nach Xenophon die Augen nicht mehr als ein Erzbild (Dorier ii, S. 268). In Athen bewahrt noch Perikles die προςώπου σύ- στασις ἄϑρυπτος εἰς γέλωτα καὶ πρᾳότης πορείας καὶ κα- ταστολὴ περιβολῆς πρὸς οὐδὲν ἐκταραττομένη πάϑος ἐν τῷ λέγειν καὶ πλάσμα φωνῆς ἀϑόρυβον. Plut. Perikl. 5. Vgl. Siebelis zu Winck. W. B. viii, S. 94. Durch Kleon kamen heftige und freie Bewegungen (τὸ τὴν χεῖρα ἔξω ἔχειν) auf der Rednerbühne auf, und die alte εὐκοσμία τῶν ῥητόρων verſchwand. Plut. Nikias 8. Tib. Gracchus 2. Aeſchines g. Timarch §. 25 ff. Bekk. Demoſth. π. παραπρ. p. 420. R. (Aeſchines, ὁ καλὸς ἀνδριὰς, iſt ein Affe der Alten; in Demoſthenes erreicht die Redekunſt des heftig bewegten Gemüths, doch nicht ganz ohne πανουργία und εὐτραπελία, ihren Gipfel, auf dem ſie noch den ſpäteren Leſer κορυβαντιᾷν macht, Dionyſ. über Demoſth. p. 1022.). Auf der Bühne beginnt eine lebhafte, pathetiſche Geſticulation mit Kallippides, Alkibiades Zeitgenoß, den Myniskos, Aeſchylos Schauſpieler, deswegen πίϑηκος nannte. Ariſtot. Poet. 26. cum Intpp. Xenoph. Sympoſ. 3, 11.
104. Mit dieſem Zeitgeiſt haͤngt die Richtung der1 Kuͤnſtler eng zuſammen, durch welche die bildende Kunſt
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[79/0101]
Griechen. Dritte Periode.
ἀνομίας τὸ νόσημα — ὅτι δὲ ἤδη τε ἡδὺ καὶ πανταχό-
ϑεν τὸ ἐς αὐτὸ κερδαλέον, τοῦτο καὶ καλὸν καὶ χρήσιμον
κατέστη. Thukyd. ii, 53.
4. Im öffentlichen Leben tritt an die Stelle des durch die durch-
dringende Kraft des Geiſtes herrſchenden Olympios Perikles das
Geſchlecht der κόλακες τοῦ δήμου, Kleon u. ſ. w.; auf das häus-
liche Leben erhalten die Hetären immer mehr Einwirkung; in der
Tragödie gewinnt den Geſchmack des großen Publicums der πα-
ϑητικώτατος und δεινότατος Euripides; die Lyrik geht in den
neuen zügelloſen und prunkvollen Dithyrambos über, deſſen Meiſter
(Melanippides, Kineſias, Philoxenos, Teleſtes, Phrynis und Ti-
motheos von Milet) von den Strengern als die Verderber der Mu-
ſik, beſonders ihres ethiſchen Charakters, der auf ἐπῳδὴ und κά-
ϑαρσις der Leidenſchaften beruht, angeſehn wurden: wodurch zu-
gleich die Rhythmik, um Ol. 90, regelloſer und ſchlaffer wird.
Die alte Redekunſt iſt auf einen ſymmetriſchen Satzbau gegründet,
und fordert die ruhigſte Declamation; neben dieſer tritt allmälig
eine affektvolle, pathetiſche Redekunſt hervor.
Beſonders zu beachten iſt hier die immer zunehmende Frei-
heit und Heftigkeit im körperlichen Ausdrucke der
Gemüthsbewegungen. Der Spartaniſche Jüngling bewegt
nach Xenophon die Augen nicht mehr als ein Erzbild (Dorier ii,
S. 268). In Athen bewahrt noch Perikles die προςώπου σύ-
στασις ἄϑρυπτος εἰς γέλωτα καὶ πρᾳότης πορείας καὶ κα-
ταστολὴ περιβολῆς πρὸς οὐδὲν ἐκταραττομένη πάϑος ἐν
τῷ λέγειν καὶ πλάσμα φωνῆς ἀϑόρυβον. Plut. Perikl. 5.
Vgl. Siebelis zu Winck. W. B. viii, S. 94. Durch Kleon
kamen heftige und freie Bewegungen (τὸ τὴν χεῖρα ἔξω ἔχειν)
auf der Rednerbühne auf, und die alte εὐκοσμία τῶν ῥητόρων
verſchwand. Plut. Nikias 8. Tib. Gracchus 2. Aeſchines g. Timarch
§. 25 ff. Bekk. Demoſth. π. παραπρ. p. 420. R. (Aeſchines, ὁ
καλὸς ἀνδριὰς, iſt ein Affe der Alten; in Demoſthenes erreicht
die Redekunſt des heftig bewegten Gemüths, doch nicht ganz ohne
πανουργία und εὐτραπελία, ihren Gipfel, auf dem ſie noch
den ſpäteren Leſer κορυβαντιᾷν macht, Dionyſ. über Demoſth.
p. 1022.). Auf der Bühne beginnt eine lebhafte, pathetiſche
Geſticulation mit Kallippides, Alkibiades Zeitgenoß, den Myniskos,
Aeſchylos Schauſpieler, deswegen πίϑηκος nannte. Ariſtot. Poet.
26. cum Intpp. Xenoph. Sympoſ. 3, 11.
104. Mit dieſem Zeitgeiſt haͤngt die Richtung der
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/101>, abgerufen am 16.07.2024.
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