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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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der Brachylogie eine Art von Witz liegt, ist an einzel-
nen Beispielen leicht nachzuweisen, aber gewöhnlich
geht dieser noch aus andern Momenten hervor. Bald
ist es eine gewisse Naivetät der Sitte im Gegensatz
der verfeinerten Cultur, welche den Spruch zum Witze
macht, wie in der Antwort des Spartiaten, der sich
einen Fisch gekauft, und nun zum Bereiten desselben
dem Garkoche noch Käse und Oel und Essig geben soll-
te: ja wenn ich das hätte, hätte ich keinen Fisch ge-
kauft 1; oder es ist eine sittliche Erhebung, von deren
Standpunkt die äußern Umstände einen entgegengesetz-
ten Anblick gewähren als in der gewöhnlichen Betrach-
tungsweise, wie in dem Apophthegma des Dienekes:
wenn die Perser die Luft mit der Zahl ihrer Pfeile
verdeckten, würden sie im Schatten fechten; oder es
ist eine gewisse Schärfe und Bitterkeit, die sich ver-
hüllt nur desto stärker ausdrückt, wie in dem Urtheil
des Lakonen über Athen, wo jegliches Gewerbe und
Treiben geduldet wird: Alles ist schön dort 2; oder es
sind mancherlei Empfindungen komischer Art in einen
Ausdruck zusammengezogen, wie in dem überaus witzi-
gen Apophthegm eines Manns, der bei seinem häß-
lichen Weibe einen Ehebrecher trifft 3: Du Aermster,
wer zwingt dich denn? Es muß aber in Sparta eine
kräftige, schlagende und durch Lebendigkeit der Bilder
ansprechende Redeweise sehr gewöhnlich gewesen sein,
wie man fast an allen bei Herodot auftretenden Spar-
tiaten wahrnimmt 4; ich glaube daß sie zu den ältesten

1 Plut. Lak. Ap. p. 242. Aehnlich das: autas akouka te-
nas Plut. Lyk. 20. vgl. reg. ap. p. 129.
2 Lak. Apophth. p.
245.
3 p. 244. vgl. das Ap. bei Plut. de frat. am. 8. p.
44.
4 Das Bildliche und zugleich Intensive zeigt sich beson-
ders in Kleomenes Anrede des Krios, in Bulis und Sperthis Re-

der Brachylogie eine Art von Witz liegt, iſt an einzel-
nen Beiſpielen leicht nachzuweiſen, aber gewoͤhnlich
geht dieſer noch aus andern Momenten hervor. Bald
iſt es eine gewiſſe Naivetaͤt der Sitte im Gegenſatz
der verfeinerten Cultur, welche den Spruch zum Witze
macht, wie in der Antwort des Spartiaten, der ſich
einen Fiſch gekauft, und nun zum Bereiten deſſelben
dem Garkoche noch Kaͤſe und Oel und Eſſig geben ſoll-
te: ja wenn ich das haͤtte, haͤtte ich keinen Fiſch ge-
kauft 1; oder es iſt eine ſittliche Erhebung, von deren
Standpunkt die aͤußern Umſtaͤnde einen entgegengeſetz-
ten Anblick gewaͤhren als in der gewoͤhnlichen Betrach-
tungsweiſe, wie in dem Apophthegma des Dienekes:
wenn die Perſer die Luft mit der Zahl ihrer Pfeile
verdeckten, wuͤrden ſie im Schatten fechten; oder es
iſt eine gewiſſe Schaͤrfe und Bitterkeit, die ſich ver-
huͤllt nur deſto ſtaͤrker ausdruͤckt, wie in dem Urtheil
des Lakonen uͤber Athen, wo jegliches Gewerbe und
Treiben geduldet wird: Alles iſt ſchoͤn dort 2; oder es
ſind mancherlei Empfindungen komiſcher Art in einen
Ausdruck zuſammengezogen, wie in dem uͤberaus witzi-
gen Apophthegm eines Manns, der bei ſeinem haͤß-
lichen Weibe einen Ehebrecher trifft 3: Du Aermſter,
wer zwingt dich denn? Es muß aber in Sparta eine
kraͤftige, ſchlagende und durch Lebendigkeit der Bilder
anſprechende Redeweiſe ſehr gewoͤhnlich geweſen ſein,
wie man faſt an allen bei Herodot auftretenden Spar-
tiaten wahrnimmt 4; ich glaube daß ſie zu den aͤlteſten

1 Plut. Lak. Ap. p. 242. Aehnlich das: αὐτᾶς ἄκουκα τή-
νας Plut. Lyk. 20. vgl. reg. ap. p. 129.
2 Lak. Apophth. p.
245.
3 p. 244. vgl. das Ap. bei Plut. de frat. am. 8. p.
44.
4 Das Bildliche und zugleich Intenſive zeigt ſich beſon-
ders in Kleomenes Anrede des Krios, in Bulis und Sperthis Re-
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[388/0394] der Brachylogie eine Art von Witz liegt, iſt an einzel- nen Beiſpielen leicht nachzuweiſen, aber gewoͤhnlich geht dieſer noch aus andern Momenten hervor. Bald iſt es eine gewiſſe Naivetaͤt der Sitte im Gegenſatz der verfeinerten Cultur, welche den Spruch zum Witze macht, wie in der Antwort des Spartiaten, der ſich einen Fiſch gekauft, und nun zum Bereiten deſſelben dem Garkoche noch Kaͤſe und Oel und Eſſig geben ſoll- te: ja wenn ich das haͤtte, haͤtte ich keinen Fiſch ge- kauft 1; oder es iſt eine ſittliche Erhebung, von deren Standpunkt die aͤußern Umſtaͤnde einen entgegengeſetz- ten Anblick gewaͤhren als in der gewoͤhnlichen Betrach- tungsweiſe, wie in dem Apophthegma des Dienekes: wenn die Perſer die Luft mit der Zahl ihrer Pfeile verdeckten, wuͤrden ſie im Schatten fechten; oder es iſt eine gewiſſe Schaͤrfe und Bitterkeit, die ſich ver- huͤllt nur deſto ſtaͤrker ausdruͤckt, wie in dem Urtheil des Lakonen uͤber Athen, wo jegliches Gewerbe und Treiben geduldet wird: Alles iſt ſchoͤn dort 2; oder es ſind mancherlei Empfindungen komiſcher Art in einen Ausdruck zuſammengezogen, wie in dem uͤberaus witzi- gen Apophthegm eines Manns, der bei ſeinem haͤß- lichen Weibe einen Ehebrecher trifft 3: Du Aermſter, wer zwingt dich denn? Es muß aber in Sparta eine kraͤftige, ſchlagende und durch Lebendigkeit der Bilder anſprechende Redeweiſe ſehr gewoͤhnlich geweſen ſein, wie man faſt an allen bei Herodot auftretenden Spar- tiaten wahrnimmt 4; ich glaube daß ſie zu den aͤlteſten 1 Plut. Lak. Ap. p. 242. Aehnlich das: αὐτᾶς ἄκουκα τή- νας Plut. Lyk. 20. vgl. reg. ap. p. 129. 2 Lak. Apophth. p. 245. 3 p. 244. vgl. das Ap. bei Plut. de frat. am. 8. p. 44. 4 Das Bildliche und zugleich Intenſive zeigt ſich beſon- ders in Kleomenes Anrede des Krios, in Bulis und Sperthis Re-

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/394>, abgerufen am 25.11.2024.