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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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unter dieser mit Winckelmann Alkmene, so könnte man
auch den Plautinischen Amphitryon für Nachbildung
eines Sicilischen Originals halten, da Plautus auch
sonst sicilissat; doch führt diese Ansicht in Schwierig-
keiten, die sie aufzugeben nöthigen können. Noch sehe
ich in dem auf einem Fische sitzenden und sich sehr ko-
misch geberdenden Skurren einer Vase 1 eine Travestie
des Tarentinischen Mythus von Taras auf dem Del-
phin, den wir durch die Münzen dieser Stadt kennen.
Das an Pulcinell und Harlekin erinnernde 2 Costüm
beweist auch hier scenische Darstellung, die indeß
noch mehr in dem bekannten Vasengemälde des Asteas 3
in die Augen springt, wo man einen Skurren von
mehrern derselben Art auf ein Lager, offenbar das
Bett des Skiron-Prokrustes, ausgespannt sieht. Hier
ist aber noch besonders merkwürdig, daß die Agirenden
nicht die Namen der Heroen, die sie travestiren, son-
dern ihrer Masken tragen; der Ausgestreckte heißt
KhARINOS, Gracioso, (welchen Namen komischer Tän-
zer wir auch in Sparta fanden 4 die Andren DIA-
SUROS, der Spötter, KAGKhAS, cachinnator, und
GUMNASOS, wenn man so richtig liest: offenbar Na-
men stehender Personen eines der Campanischen Atel-
lana verwandten Drama's. Auch ist das Gefäß in
Kampanien gefunden 5.


1 Bei Tischb. 4, 57. Es sieht dem Kagkhas der zunächst
folgenden Darstellung ähnlich.
2 Vgl. A. W. Schlegel über
dramat. Kunst 2. S. 8.
3 Millingen Peint. de coll. div.
46. vgl. die Erklärung p. 69.
4 S. 343.
5 Daß
die Darstellung aus Epicharins Skiron entlehnt sei, möchte ich
aus oben angedeuteten Gründen nicht behaupten, obgleich darin
das Bett des Prokrustes wohl eben so vorkam, wie in Euripides
Skiron. Von diesem Hemsterhuis zu Poll. 10, 7, 35. Böttiger
Vaseng. 1, 2. S. 147.

unter dieſer mit Winckelmann Alkmene, ſo koͤnnte man
auch den Plautiniſchen Amphitryon fuͤr Nachbildung
eines Siciliſchen Originals halten, da Plautus auch
ſonſt sicilissat; doch fuͤhrt dieſe Anſicht in Schwierig-
keiten, die ſie aufzugeben noͤthigen koͤnnen. Noch ſehe
ich in dem auf einem Fiſche ſitzenden und ſich ſehr ko-
miſch geberdenden Skurren einer Vaſe 1 eine Traveſtie
des Tarentiniſchen Mythus von Taras auf dem Del-
phin, den wir durch die Muͤnzen dieſer Stadt kennen.
Das an Pulcinell und Harlekin erinnernde 2 Coſtuͤm
beweist auch hier ſceniſche Darſtellung, die indeß
noch mehr in dem bekannten Vaſengemaͤlde des Aſteas 3
in die Augen ſpringt, wo man einen Skurren von
mehrern derſelben Art auf ein Lager, offenbar das
Bett des Skiron-Prokruſtes, ausgeſpannt ſieht. Hier
iſt aber noch beſonders merkwuͤrdig, daß die Agirenden
nicht die Namen der Heroen, die ſie traveſtiren, ſon-
dern ihrer Maſken tragen; der Ausgeſtreckte heißt
ΧΑΡΙΝΟΣ, Gracioſo, (welchen Namen komiſcher Taͤn-
zer wir auch in Sparta fanden 4 die Andren ΔΙΑ-
ΣϒΡΟΣ, der Spoͤtter, ΚΑΓΧΑΣ, cachinnator, und
ΓϒΜΝΑΣΟΣ, wenn man ſo richtig lieſt: offenbar Na-
men ſtehender Perſonen eines der Campaniſchen Atel-
lana verwandten Drama’s. Auch iſt das Gefaͤß in
Kampanien gefunden 5.


1 Bei Tiſchb. 4, 57. Es ſieht dem Κάγχας der zunaͤchſt
folgenden Darſtellung aͤhnlich.
2 Vgl. A. W. Schlegel uͤber
dramat. Kunſt 2. S. 8.
3 Millingen Peint. de coll. div.
46. vgl. die Erklaͤrung p. 69.
4 S. 343.
5 Daß
die Darſtellung aus Epicharins Σκίϱων entlehnt ſei, moͤchte ich
aus oben angedeuteten Gruͤnden nicht behaupten, obgleich darin
das Bett des Prokruſtes wohl eben ſo vorkam, wie in Euripides
Σκίϱων. Von dieſem Hemſterhuis zu Poll. 10, 7, 35. Boͤttiger
Vaſeng. 1, 2. S. 147.
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[357/0363] unter dieſer mit Winckelmann Alkmene, ſo koͤnnte man auch den Plautiniſchen Amphitryon fuͤr Nachbildung eines Siciliſchen Originals halten, da Plautus auch ſonſt sicilissat; doch fuͤhrt dieſe Anſicht in Schwierig- keiten, die ſie aufzugeben noͤthigen koͤnnen. Noch ſehe ich in dem auf einem Fiſche ſitzenden und ſich ſehr ko- miſch geberdenden Skurren einer Vaſe 1 eine Traveſtie des Tarentiniſchen Mythus von Taras auf dem Del- phin, den wir durch die Muͤnzen dieſer Stadt kennen. Das an Pulcinell und Harlekin erinnernde 2 Coſtuͤm beweist auch hier ſceniſche Darſtellung, die indeß noch mehr in dem bekannten Vaſengemaͤlde des Aſteas 3 in die Augen ſpringt, wo man einen Skurren von mehrern derſelben Art auf ein Lager, offenbar das Bett des Skiron-Prokruſtes, ausgeſpannt ſieht. Hier iſt aber noch beſonders merkwuͤrdig, daß die Agirenden nicht die Namen der Heroen, die ſie traveſtiren, ſon- dern ihrer Maſken tragen; der Ausgeſtreckte heißt ΧΑΡΙΝΟΣ, Gracioſo, (welchen Namen komiſcher Taͤn- zer wir auch in Sparta fanden 4 die Andren ΔΙΑ- ΣϒΡΟΣ, der Spoͤtter, ΚΑΓΧΑΣ, cachinnator, und ΓϒΜΝΑΣΟΣ, wenn man ſo richtig lieſt: offenbar Na- men ſtehender Perſonen eines der Campaniſchen Atel- lana verwandten Drama’s. Auch iſt das Gefaͤß in Kampanien gefunden 5. 1 Bei Tiſchb. 4, 57. Es ſieht dem Κάγχας der zunaͤchſt folgenden Darſtellung aͤhnlich. 2 Vgl. A. W. Schlegel uͤber dramat. Kunſt 2. S. 8. 3 Millingen Peint. de coll. div. 46. vgl. die Erklaͤrung p. 69. 4 S. 343. 5 Daß die Darſtellung aus Epicharins Σκίϱων entlehnt ſei, moͤchte ich aus oben angedeuteten Gruͤnden nicht behaupten, obgleich darin das Bett des Prokruſtes wohl eben ſo vorkam, wie in Euripides Σκίϱων. Von dieſem Hemſterhuis zu Poll. 10, 7, 35. Boͤttiger Vaſeng. 1, 2. S. 147.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/363>, abgerufen am 25.11.2024.