Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

sängen statt: in welchem Falle die Megarische Komö-
die sich von dem Sikyonischem Phallophorenspiel gar
nicht wesentlich unterschieden, und nicht solche Aufmerk-
samkeit erregt haben würde.

2.

Dagegen ist es sehr wahrscheinlich, daß die
Megarische Komödie die Keime und Anfänge der von
Epicharmos vollkommen ausgebildeten Sicilischen ent-
hielt. Denn nach Aristoteles 1 eigneten sich die Me-
garer Siciliens eben so wie die Nachbarn Attika's die
Erfindung der Komödie zu, und daß zwischen beiden
ein Connex der Mittheilung bestand, kann keinem Zwei-
fel unterworfen sein. Von Megara aber kann die Ko-
mödie auf Syrakus übergegangen sein, als Gelon Ol.
74, 1 oder 2 2 die Bevölkerung der ersten Stadt nach
der zweiten versetzte, so daß die hier in den Jambi-
sten-Chören damals wohl schon vorhandnen Anfänge
durch die Vereinigung mit der ausgebildetern Gattung
zur Reife gediehen; doch ist diese Ansicht bloße Ver-
muthung. Bei jener Versetzung muß auch Epicharm,
Helothales Sohn 3, nach Syrakus gekommen sein, der
früher in Megara gelebt hatte, aber er kann nicht als
der eigentliche Verpflanzer der Komödie angesehn wer-
den, da er selbst nur kurze Zeit in Megara gelebt hat-
te. Denn er war nach sehr glaubwürdigen Nachrich-
ten 4 von Geburt ein Koer, und erst mit Kadmos,
also gegen Olymp. 73 oder 74. 5, nach Sicilien ge-

1 Poet. 3, 5.
2 Bd. 2. S. 122.
3 Daß die
Namen "Chimaros und Tityros" nach dem Geschäft des Mannes
erdichtet sind, bemerkt Welcker zu Schwenks Etym. myth. And.
S. 331. Vgl. denselben über die angebliche Vaterstadt Krastos.
4 Diog. Laert. und tines bei Suid. vgl. Diomed 3. p. 486.
Putsch. -- Ein Samier heißt er aus Verwechslung mit Kadmos.
5 Bd. 2. S. 170. womit zu vgl. Bd. 3. S. 147. und die chro-
nologische Beilage unten.

ſaͤngen ſtatt: in welchem Falle die Megariſche Komoͤ-
die ſich von dem Sikyoniſchem Phallophorenſpiel gar
nicht weſentlich unterſchieden, und nicht ſolche Aufmerk-
ſamkeit erregt haben wuͤrde.

2.

Dagegen iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß die
Megariſche Komoͤdie die Keime und Anfaͤnge der von
Epicharmos vollkommen ausgebildeten Siciliſchen ent-
hielt. Denn nach Ariſtoteles 1 eigneten ſich die Me-
garer Siciliens eben ſo wie die Nachbarn Attika’s die
Erfindung der Komoͤdie zu, und daß zwiſchen beiden
ein Connex der Mittheilung beſtand, kann keinem Zwei-
fel unterworfen ſein. Von Megara aber kann die Ko-
moͤdie auf Syrakus uͤbergegangen ſein, als Gelon Ol.
74, 1 oder 2 2 die Bevoͤlkerung der erſten Stadt nach
der zweiten verſetzte, ſo daß die hier in den Jambi-
ſten-Choͤren damals wohl ſchon vorhandnen Anfaͤnge
durch die Vereinigung mit der ausgebildetern Gattung
zur Reife gediehen; doch iſt dieſe Anſicht bloße Ver-
muthung. Bei jener Verſetzung muß auch Epicharm,
Helothales Sohn 3, nach Syrakus gekommen ſein, der
fruͤher in Megara gelebt hatte, aber er kann nicht als
der eigentliche Verpflanzer der Komoͤdie angeſehn wer-
den, da er ſelbſt nur kurze Zeit in Megara gelebt hat-
te. Denn er war nach ſehr glaubwuͤrdigen Nachrich-
ten 4 von Geburt ein Koër, und erſt mit Kadmos,
alſo gegen Olymp. 73 oder 74. 5, nach Sicilien ge-

1 Poet. 3, 5.
2 Bd. 2. S. 122.
3 Daß die
Namen „Chimaros und Tityros“ nach dem Geſchaͤft des Mannes
erdichtet ſind, bemerkt Welcker zu Schwenks Etym. myth. And.
S. 331. Vgl. denſelben uͤber die angebliche Vaterſtadt Kraſtos.
4 Diog. Laert. und τινὲς bei Suid. vgl. Diomed 3. p. 486.
Putſch. — Ein Samier heißt er aus Verwechſlung mit Kadmos.
5 Bd. 2. S. 170. womit zu vgl. Bd. 3. S. 147. und die chro-
nologiſche Beilage unten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0358" n="352"/>
&#x017F;a&#x0364;ngen &#x017F;tatt: in welchem Falle die Megari&#x017F;che Komo&#x0364;-<lb/>
die &#x017F;ich von dem Sikyoni&#x017F;chem Phallophoren&#x017F;piel gar<lb/>
nicht we&#x017F;entlich unter&#x017F;chieden, und nicht &#x017F;olche Aufmerk-<lb/>
&#x017F;amkeit erregt haben wu&#x0364;rde.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>2.</head><lb/>
            <p>Dagegen i&#x017F;t es &#x017F;ehr wahr&#x017F;cheinlich, daß die<lb/>
Megari&#x017F;che Komo&#x0364;die die Keime und Anfa&#x0364;nge der von<lb/>
Epicharmos vollkommen ausgebildeten <hi rendition="#g">Sicili&#x017F;chen</hi> ent-<lb/>
hielt. Denn nach Ari&#x017F;toteles <note place="foot" n="1">Poet. 3, 5.</note> eigneten &#x017F;ich die Me-<lb/>
garer Siciliens eben &#x017F;o wie die Nachbarn Attika&#x2019;s die<lb/>
Erfindung der Komo&#x0364;die zu, und daß zwi&#x017F;chen beiden<lb/>
ein Connex der Mittheilung be&#x017F;tand, kann keinem Zwei-<lb/>
fel unterworfen &#x017F;ein. Von Megara aber kann die Ko-<lb/>
mo&#x0364;die auf Syrakus u&#x0364;bergegangen &#x017F;ein, als Gelon Ol.<lb/>
74, 1 oder 2 <note place="foot" n="2">Bd. 2. S. 122.</note> die Bevo&#x0364;lkerung der er&#x017F;ten Stadt nach<lb/>
der zweiten ver&#x017F;etzte, &#x017F;o daß die hier in den Jambi-<lb/>
&#x017F;ten-Cho&#x0364;ren damals wohl &#x017F;chon vorhandnen Anfa&#x0364;nge<lb/>
durch die Vereinigung mit der ausgebildetern Gattung<lb/>
zur Reife gediehen; doch i&#x017F;t die&#x017F;e An&#x017F;icht bloße Ver-<lb/>
muthung. Bei jener Ver&#x017F;etzung muß auch <hi rendition="#g">Epicharm,</hi><lb/>
Helothales Sohn <note place="foot" n="3">Daß die<lb/>
Namen &#x201E;Chimaros und Tityros&#x201C; nach dem Ge&#x017F;cha&#x0364;ft des Mannes<lb/>
erdichtet &#x017F;ind, bemerkt Welcker zu Schwenks Etym. myth. And.<lb/>
S. 331. Vgl. den&#x017F;elben u&#x0364;ber die angebliche Vater&#x017F;tadt Kra&#x017F;tos.</note>, nach Syrakus gekommen &#x017F;ein, der<lb/>
fru&#x0364;her in Megara gelebt hatte, aber er kann nicht als<lb/>
der eigentliche Verpflanzer der Komo&#x0364;die ange&#x017F;ehn wer-<lb/>
den, da er &#x017F;elb&#x017F;t nur kurze Zeit in Megara gelebt hat-<lb/>
te. Denn er war nach &#x017F;ehr glaubwu&#x0364;rdigen Nachrich-<lb/>
ten <note place="foot" n="4">Diog. Laert. und &#x03C4;&#x03B9;&#x03BD;&#x1F72;&#x03C2; bei Suid. vgl. Diomed 3. <hi rendition="#aq">p.</hi> 486.<lb/>
Put&#x017F;ch. &#x2014; Ein Samier heißt er aus Verwech&#x017F;lung mit Kadmos.</note> von Geburt ein Koër, und er&#x017F;t mit Kadmos,<lb/>
al&#x017F;o gegen Olymp. 73 oder 74. <note place="foot" n="5">Bd. 2. S. 170. womit zu vgl. Bd. 3. S. 147. und die chro-<lb/>
nologi&#x017F;che Beilage unten.</note>, nach Sicilien ge-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0358] ſaͤngen ſtatt: in welchem Falle die Megariſche Komoͤ- die ſich von dem Sikyoniſchem Phallophorenſpiel gar nicht weſentlich unterſchieden, und nicht ſolche Aufmerk- ſamkeit erregt haben wuͤrde. 2. Dagegen iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß die Megariſche Komoͤdie die Keime und Anfaͤnge der von Epicharmos vollkommen ausgebildeten Siciliſchen ent- hielt. Denn nach Ariſtoteles 1 eigneten ſich die Me- garer Siciliens eben ſo wie die Nachbarn Attika’s die Erfindung der Komoͤdie zu, und daß zwiſchen beiden ein Connex der Mittheilung beſtand, kann keinem Zwei- fel unterworfen ſein. Von Megara aber kann die Ko- moͤdie auf Syrakus uͤbergegangen ſein, als Gelon Ol. 74, 1 oder 2 2 die Bevoͤlkerung der erſten Stadt nach der zweiten verſetzte, ſo daß die hier in den Jambi- ſten-Choͤren damals wohl ſchon vorhandnen Anfaͤnge durch die Vereinigung mit der ausgebildetern Gattung zur Reife gediehen; doch iſt dieſe Anſicht bloße Ver- muthung. Bei jener Verſetzung muß auch Epicharm, Helothales Sohn 3, nach Syrakus gekommen ſein, der fruͤher in Megara gelebt hatte, aber er kann nicht als der eigentliche Verpflanzer der Komoͤdie angeſehn wer- den, da er ſelbſt nur kurze Zeit in Megara gelebt hat- te. Denn er war nach ſehr glaubwuͤrdigen Nachrich- ten 4 von Geburt ein Koër, und erſt mit Kadmos, alſo gegen Olymp. 73 oder 74. 5, nach Sicilien ge- 1 Poet. 3, 5. 2 Bd. 2. S. 122. 3 Daß die Namen „Chimaros und Tityros“ nach dem Geſchaͤft des Mannes erdichtet ſind, bemerkt Welcker zu Schwenks Etym. myth. And. S. 331. Vgl. denſelben uͤber die angebliche Vaterſtadt Kraſtos. 4 Diog. Laert. und τινὲς bei Suid. vgl. Diomed 3. p. 486. Putſch. — Ein Samier heißt er aus Verwechſlung mit Kadmos. 5 Bd. 2. S. 170. womit zu vgl. Bd. 3. S. 147. und die chro- nologiſche Beilage unten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/358
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/358>, abgerufen am 25.11.2024.