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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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Knaben eines Syssitions gegen das andre, die Jüng-
linge einer Agele gegen die andre, häufige Lustkämpfe,
die dem Anschein nach wirklichen Schlachten noch mehr
glichen. Flöte und Lyra leiteten den Schritt, und au-
ßer den Fäusten wurden auch hölzerne und eiserne
Waffen gebraucht 1. So wurde hier allerdings die
Gymnastik in eine nähere Beziehung mit dem Kriege
gebracht, als im übrigen Hellas; indeß würde man
sehr irren, wenn man deshalb nun, im Kriege die
Oberhand zu behalten, als den Zweck aller körperli-
chen Erziehung bei den alten Doriern fassen wollte.
Denn ist nicht der Sieg im Kriege selbst nur wieder
ein Mittel zur Darstellung eines in freier Kraft und
gesunder Schönheit vollendeten Lebens? Ein solches
Ideal, nicht allgemein und unbestimmt, sondern in
deutlichen und unverwischten Zügen aufgefaßt, wird
jeder Unbefangne aus dem bisher Zusammengestellten
entnehmen; wie es erreicht wurde, mögen wir wenig-
stens in Hinsicht auf das Aeußerliche daran erkennen,
daß die Spartiaten, wie die Krotoniaten um Olymp.
60., die gesündesten der Hellenen waren 2, und die
schönsten Männer nicht minder als Frauen unter ihnen
gefunden wurden 3.


Lukian Anach. 38. Plut. Ap. Lac. p. 239. Lacaen. p. 258.
Was Platon gumnopaidias nennt, sind überhaupt Uebungen der
nackten Knaben in der Hitze, vgl. Schol. und Suid. Lukourgos. --
Auch die ebontes kämpften nach Xen. Staat 4, 4. mit den aus-
erlesnen Dreihundert, wo sie dieselben trafen.
1 Ephor. bei Str. 10, 483. Herakl. Pont. 3.
2 Xen.
Staat 5, 9. -- Lakonische agoge galt später als eine Art Krafter-
ziehung. So ließ Phokion seinen Sohn lakonisch aufziehn, Plut.
Phok. 20. und Alkibiades sog wenigstens die Milch der Amykla.
Plut. Lyk. 16. Schol. Platon Alk. 1. p. 77 R.
3 Herod.

Knaben eines Syſſitions gegen das andre, die Juͤng-
linge einer Agele gegen die andre, haͤufige Luſtkaͤmpfe,
die dem Anſchein nach wirklichen Schlachten noch mehr
glichen. Floͤte und Lyra leiteten den Schritt, und au-
ßer den Faͤuſten wurden auch hoͤlzerne und eiſerne
Waffen gebraucht 1. So wurde hier allerdings die
Gymnaſtik in eine naͤhere Beziehung mit dem Kriege
gebracht, als im uͤbrigen Hellas; indeß wuͤrde man
ſehr irren, wenn man deshalb nun, im Kriege die
Oberhand zu behalten, als den Zweck aller koͤrperli-
chen Erziehung bei den alten Doriern faſſen wollte.
Denn iſt nicht der Sieg im Kriege ſelbſt nur wieder
ein Mittel zur Darſtellung eines in freier Kraft und
geſunder Schoͤnheit vollendeten Lebens? Ein ſolches
Ideal, nicht allgemein und unbeſtimmt, ſondern in
deutlichen und unverwiſchten Zuͤgen aufgefaßt, wird
jeder Unbefangne aus dem bisher Zuſammengeſtellten
entnehmen; wie es erreicht wurde, moͤgen wir wenig-
ſtens in Hinſicht auf das Aeußerliche daran erkennen,
daß die Spartiaten, wie die Krotoniaten um Olymp.
60., die geſuͤndeſten der Hellenen waren 2, und die
ſchoͤnſten Maͤnner nicht minder als Frauen unter ihnen
gefunden wurden 3.


Lukian Anach. 38. Plut. Ap. Lac. p. 239. Lacaen. p. 258.
Was Platon γυμνοπαιδιὰς nennt, ſind uͤberhaupt Uebungen der
nackten Knaben in der Hitze, vgl. Schol. und Suid. Λυκοῦϱγος. —
Auch die ἡβῶντες kaͤmpften nach Xen. Staat 4, 4. mit den aus-
erleſnen Dreihundert, wo ſie dieſelben trafen.
1 Ephor. bei Str. 10, 483. Herakl. Pont. 3.
2 Xen.
Staat 5, 9. — Lakoniſche ἀγωγὴ galt ſpaͤter als eine Art Krafter-
ziehung. So ließ Phokion ſeinen Sohn lakoniſch aufziehn, Plut.
Phok. 20. und Alkibiades ſog wenigſtens die Milch der Amykla.
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[313/0319] Knaben eines Syſſitions gegen das andre, die Juͤng- linge einer Agele gegen die andre, haͤufige Luſtkaͤmpfe, die dem Anſchein nach wirklichen Schlachten noch mehr glichen. Floͤte und Lyra leiteten den Schritt, und au- ßer den Faͤuſten wurden auch hoͤlzerne und eiſerne Waffen gebraucht 1. So wurde hier allerdings die Gymnaſtik in eine naͤhere Beziehung mit dem Kriege gebracht, als im uͤbrigen Hellas; indeß wuͤrde man ſehr irren, wenn man deshalb nun, im Kriege die Oberhand zu behalten, als den Zweck aller koͤrperli- chen Erziehung bei den alten Doriern faſſen wollte. Denn iſt nicht der Sieg im Kriege ſelbſt nur wieder ein Mittel zur Darſtellung eines in freier Kraft und geſunder Schoͤnheit vollendeten Lebens? Ein ſolches Ideal, nicht allgemein und unbeſtimmt, ſondern in deutlichen und unverwiſchten Zuͤgen aufgefaßt, wird jeder Unbefangne aus dem bisher Zuſammengeſtellten entnehmen; wie es erreicht wurde, moͤgen wir wenig- ſtens in Hinſicht auf das Aeußerliche daran erkennen, daß die Spartiaten, wie die Krotoniaten um Olymp. 60., die geſuͤndeſten der Hellenen waren 2, und die ſchoͤnſten Maͤnner nicht minder als Frauen unter ihnen gefunden wurden 3. 2 1 Ephor. bei Str. 10, 483. Herakl. Pont. 3. 2 Xen. Staat 5, 9. — Lakoniſche ἀγωγὴ galt ſpaͤter als eine Art Krafter- ziehung. So ließ Phokion ſeinen Sohn lakoniſch aufziehn, Plut. Phok. 20. und Alkibiades ſog wenigſtens die Milch der Amykla. Plut. Lyk. 16. Schol. Platon Alk. 1. p. 77 R. 3 Herod. 2 Lukian Anach. 38. Plut. Ap. Lac. p. 239. Lacaen. p. 258. Was Platon γυμνοπαιδιὰς nennt, ſind uͤberhaupt Uebungen der nackten Knaben in der Hitze, vgl. Schol. und Suid. Λυκοῦϱγος. — Auch die ἡβῶντες kaͤmpften nach Xen. Staat 4, 4. mit den aus- erleſnen Dreihundert, wo ſie dieſelben trafen.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/319>, abgerufen am 24.11.2024.